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Where the world comes to study the Bible

1. Einführung

Einleitung

Das Buch der Sprüche ist eine Freude zu lesen – doch es ist ausgesprochen schwer zu predigen. Sie werden sich vermutlich wundern, warum ich dann trotzdem die Sprüche als Studienobjekt für mehrere Wochen gewählt habe. Ein Ziel dieser Reihe ist es, genau diese Frage zu beantworten: Ich möchte Ihnen zeigen, welchen Beitrag das Buch der Sprüche für Ihr geistliches Leben vielleicht leisten kann. Neben der Antwort auf die Frage “Warum die Sprüche studieren?” möchte ich die Grundlage für unsere Studien legen, indem ich die einmalige literarische Form des Buches der Sprüche untersuche. Erlauben Sie mir zunächst eine kurze Beschreibung der verschiedenen Aspekte, durch die wir vom Studium der Sprüche profitieren können.

1. DAS BUCH DER SPRüCHE BEFASST SICH MIT DER ENTWICKLUNG EINES GOTTGEFäLLIGEN CHARAKTERS. Kürzlich habe ich eine Studienreihe über den Ersten Korintherbrief fertig gestellt. Beim Studium von Kapitel 13 dieses Briefes hat mich die Wichtigkeit eines gottgefälligen Charakters (insbesondere der Liebe) tief beeindruckt. Wenn ich diese Passage richtig verstehe, ist Charakter wichtiger als Charisma. Die Bibel lehrt auch, dass der Mensch mehr aufgrund seines Charakters als durch sein Glaubensbekenntnis beurteilt wird (vgl. 1.Ti 3). Ein gottergebener Mensch bekennt nicht nur den Glauben an bestimmte Wahrheiten, sondern er praktiziert sie auch (Joh 2:14-26). Kein anderes Buch in der gesamten Bibel ist so sehr der Ausbildung eines gottgefälligen Charakters gewidmet wie die Sprüche. Und die christliche Gemeinschaft unserer Zeit braucht nichts so sehr wie Menschen mit solchen Charakterzügen, wie sie die Sprüche rühmen.

Alexander Solschenizyn hielt im Juni 1978 eine Ansprache vor den Graduierten der Harvard Universität. Dabei wiederholte dieser Mann, ein Exil-Russe, aber nicht die Klage über den bösen Kommunismus, sondern lenkte die Aufmerksamkeit vielmehr auf die Versäumnisse des Westens, auf Fehler, die vielleicht den Verfall der größten Demokratie ankündigen, die die Welt bis jetzt gekannt hat. Ich empfehle Ihnen, die gesamte Rede einmal zu lesen; der Kernpunkt lässt sich jedoch in der folgenden Feststellung zusammenfassen: Amerika zerstört sich allmählich selber durch die Vernachlässigung der göttlichen Weisheit und der christlichen Tugenden. Beides bereiten die Sprüche demjenigen, der gewissenhaft danach sucht (vgl. Spr 1:1-6; 2:1ff.).1

Jeder Christ braucht eine Ausbildung in Charakterkunde. Lassen Sie mich hier nur einige der Gründe erwähnen, warum es wichtig ist, charakterliche Eigenschaften genau zu erkennen: Erstens ist es das höchste Ziel eines Christen, Christus ähnlich zu werden (Röm 8:29, Eph 4:13). Obwohl es noch weitere Aspekte der Christ-Ähnlichkeit gibt, besteht das Essenzielle doch darin, dass wir Ihm im Charakter ähnlich werden. Das Charakterstudium anhand der Sprüche sollte dem Christen dabei Anleitung zur Heiligkeit in Persönlichkeit und praktischem Tun bieten. Zweitens müssen wir in der Lage sein, den Charakter anderer Menschen einzuschätzen. Dies ist besonders wichtig, wenn wir anderen biblischen Rat geben. Die Sprüche sagen uns: “Antworte dem Toren, wie es seine Torheit verdient, damit er sich nicht weise dünke.” (26:5).

Wenn wir anderen Rat geben sollen, müssen wir ihren Charakter erkennen können, denn ein Weiser muss anders beraten werden als ein Narr. Eltern müssen in der Lage sein, die Charakterzüge ihrer Kinder zu erkennen, um sie “gemäß ihrem Weg” erziehen zu können (22:6).2 Ein Kind, das nicht gehorcht, weil es den Anweisungen nicht genau zugehört hat, muss anders zur Rechenschaft gezogen werden als ein Kind, das einer Anweisung absichtlich zuwider handelt, obwohl es sie verstanden hat.

Essenziell ist die Fähigkeit Charaktere einzuschätzen, wenn wir den Empfehlungen der Sprüche über unsere Freunde und Bekannten Beachtung schenken wollen: Den Umgang mit schlechten und gewalttätigen Menschen sollen wir meiden (1:8-19). Unaufrichtige Menschen sollten wir nicht zu Partnern wählen (29:24). Geschwätzige Menschen sind keine guten Freunde (17:9). Wahre Freunde sind treu (17:17), und doch werden sie es nicht versäumen uns zurechtzuweisen, wenn es nötig ist (27:5-6).

Besonders wichtig ist die Wahl unseres Lebensgefährten, denn es gibt keine wichtigere Voraussetzung für eine Heirat als einen gottergebenen Charakter. Dem entsprechend wird auch die tugendhafte Frau in Spr 31:10-31 beschrieben. Eine ungeliebte Frau wird dem, der sie heiratet, nur Kummer bringen (30:23) und eine streitsüchtige Frau ist um Nichts besser (21:9,19). Wenn wir nicht mit einem unbeherrschten Menschen zusammenleben wollen (22:24-25), sollten wir ihn gewiss nicht heiraten. Viele misshandelte Frauen könnten “Amen” zu dieser Weisheit sagen.

2. DAS BUCH DER SPRüCHE MACHT SCHLUSS MIT DER TRENNUNG VON GEISTLICHEN UND WELTLICHEN BEREICHEN.3 Der gefallene Mensch versucht immer, eine Zweiteilung zu errichten zwischen dem Geistlichen und dem Weltlichen, zwischen religiösen Zeremonien einerseits und praktischer Rechtschaffenheit andererseits. Die Propheten des Alten Testaments sprachen solch falsche Vorstellungen häufig an und mahnten Israel, dass religiöse Riten wertlos sind, solange sie nicht in ein rechtschaffenes Leben mit z.B. Fürsorge für die Armen und Unterdrückten eingebunden sind (vgl. Jes 1:10-17, Jer 20-29). In gleicher Weise hat Jesus diesen Widerspruch betrachtet (vgl. Mat 23:23-24), und auch Johannes fand später ähnliche Worte zu diesem Thema (vgl. Joh 1:21-27).

Das Buch der Sprüche erlaubt es dem Christen nicht, im Lande der Theorie zu verweilen. Wir halten unser Christentum ja gerne auf einem abstrakten Niveau, anstatt es auf unser Leben anzuwenden. Unser größtes Versagen als Christen besteht also nicht darin, dass wir zu wenig wissen (obwohl dies leider auch oft zutrifft), sondern dass wir es versäumen, das anzuwenden, was wir wissen. Die Sprüche betonen die Notwendigkeit sowohl der Aneignung als auch der Anwendung von Weisheit. Selten sind wir in diesem Buch “in der Kirche”, sondern vielmehr zu Hause, bei der Arbeit und in der Auseinandersetzung mit den weltlichen Dingen des Alltags.

Die Sprüche zwingen den Leser dazu, Prinzipien in die Praxis zu übertragen. Oft waren es die Propheten, die bestimmte Prinzipien vertraten – und die Sprüche beziehen diese dann konkret auf das Leben. Beispielsweise schrieb Amos: “Es ströme aber die Gerechtigkeit wie Wasser und Rechtschaffenheit wie ein nie versiegender Fluss.” (Am 5:24).

Die Sprüche geben uns konkretere Anweisungen: “Zweierlei Gewicht und zweierlei Maß sind beide dem Herrn ein Gräuel.” (Spr 20:10). Das Buch der Sprüche hält den Metzger zur Rechtschaffenheit an, damit er den Daumen von der Waage nimmt.

3. DIE SPRüCHE BIETEN AN, UNS WEISHEIT ZU LEHREN. Die Weisheit wird wiederholt personifiziert als eine Frau, die als Marktschreierin allen Menschen anbietet, Weisheit zu erwerben (vgl. 1:20:ff.; 8:1ff.). Innerhalb einer Generation hat es für uns eine wahre Explosion an Wissen gegeben, häufig in Form technischen Fortschritts. Während das Wissen also rapide zunimmt, scheint die Weisheit immer seltener zu werden.

Die Konsequenzen aus dieser Entwicklung sind beängstigend. Wir haben die Fähigkeit erworben, auf den Mond zu fliegen und Atome zu spalten, aber ohne Weisheit wird der Mensch sein Wissen viel zu oft zum Bösen statt zum Guten einsetzen. Lassen Sie mich dies an einem Beispiel illustrieren: Durch ein “Amniozentese” genanntes Verfahren kann die medizinische Wissenschaft das Geschlecht eines Fötus bereits im Mutterleib untersuchen. Lediglich eine kleine Menge Fruchtwasser muss aus der Gebärmutter der Schwangeren entnommen werden, um nicht nur das Vorliegen von über 70 Erbkrankheiten, sondern auch das Geschlecht des ungeborenen Kindes festzustellen. Jetzt las ich über ein Ehepaar, das einen solchen Eingriff vornehmen ließ und vom Arzt darüber informiert wurde, dass das Baby gesund sei. Als sie aber erfuhren, dass das Geschlecht dieses gesunden ungeborenen Kindes nicht dasjenige war, was sie sich gewünscht hatten, bestanden sie allein aus diesem Grund auf einem Schwangerschaftsabbruch. Die Technik (das Wissen) an sich war nicht schlecht, aber es wurde durch Mangel an Weisheit und Charakter zum Schlechten missbraucht. Das Buch der Sprüche ist mehr daran interessiert, Menschen weise zu machen als sie schlau zu machen.

Die biblische Weisheit hat viele Facetten. Im weiteren Verlauf unseres Studiums werden wir viel Aufmerksamkeit auf diese Facetten verwenden. Jetzt aber lassen Sie mich zunächst die vornehmlichen Charakteristika der Weisheit zusammenfassen, die uns in den Sprüchen angeboten wird. Weisheit hat eine intellektuelle Seite: Weisheit ist die Schärfe des Geistes, die es uns ermöglicht, Informationen aufzunehmen und einzuschätzen und dann einen Aktionsplan zu formulieren. Scott sagt: “Die direkte Bedeutung des Wortes Hokmah ist ‘höhere mentale Fähigkeit’ oder ‘besondere Fertigkeit’. . . ”4 Man muss aber unbedingt zwischen Weisheit und Intelligenz unterscheiden. Viele brilliante Intellektuelle sind biblische “Toren”. Diejenigen, die nur einen unterdurchschnittlichen I.Q. erreichen, sind andererseits nicht automatisch dadurch von biblischer Weisheit ausgeschlossen. Im ersten Kapitel der Sprüche wird Weisheit beschrieben als die Fähigkeit zu wissen (Vers 2), zu lernen (Vers 2-4) und zu verstehen (Vers 6).

Weisheit wird auch als Erkenntnis- und Unterscheidungsfähigkeit beschrieben (Spr 1: 2; vgl. auch Vers 4). Weisheit hat eine moralische wie auch eine geistige Dimension. Weisheit unterscheidet Wahrheit von Irrtum, Gutes von Bösem, Besseres von Gutem. Weisheit bewirkt Rechtschaffenheit, Recht und Gerechtigkeit (1:3). Da Weisheit mit der “Furcht des Herrn” beginnt (1:7), resultiert das Wissen und Tun des Guten aus der Erkenntnis Gottes (vgl. 22:17-21).

Weisheit ist auch eine praktische Fertigkeit, die Fähigkeit, etwas gut zu machen. Bezalel, dessen Auftrag es war, Stein- und Metallarbeiten für die Stiftshütte durchzuführen, war “erfüllt vom Geist Gottes und von Weisheit” (Ex 35:31) und dadurch in der Lage, seine Aufgabe zu vollenden. In gleicher Weise war Oholiab mit Fertigkeiten für Gravur und Stickerei-Entwürfe begabt (Ex 35:34-35). Im 107. Psalm (Vers 27) wird anscheinend auf die besonderen Fähigkeiten der Seeleute mit dem gleichen Wort (Hokmah) Bezug genommen. Weisheit besteht also nicht nur in geistigen Fähigkeiten und moralischer Sensibilität, sondern auch in praktischen Fertigkeiten zur Vollendung der unterschiedlichsten Aufgaben.

Im Buch der Sprüche wird die Weisheit auch personifiziert. In Kapitel 7 wird sie mit einer Frau verglichen, die zu den Menschen ruft und sie auffordert, den Herrn zu fürchten, das Böse zu verabscheuen und gewissenhaft nach Weisheit zu suchen. Dies steht, denke ich, in deutlichem Kontrast zu der Ehebrecherin in Kapitel 7, die den Einfältigen durch Schmeichelei und Verführung auf den Weg des Bösen zu bringen versucht. In Kapitel 8 wird die Weisheit dann erneut personifiziert als jemand, der schon bei der Erschaffung der Welt bei Gott war (Verse 22-31). Ich glaube, man kann daraus mit ausreichender Sicherheit folgern, dass die Weisheit letztendlich in der Person unseres Herrn Jesus Christus liegt. Ohne uns zuvor vor Ihm als Herrn und Heiland zu beugen, können wir keine Weisheit besitzen.

4. DIE SPRüCHE LEHREN UNS, DASS DAS, WAS GUT IST, AUCH DAS IST, WAS RICHTIG IST. In seinem Buch Situation Ethics (Situationsethik) zitiert Joseph Fletcher eine Episode aus dem Buch The Rainmaker (Der Regenmacher) von M. Richard Nash: Der Regenmacher kommt und bringt den verzweifelten Farmern Regen, deren Ernte und Viehherden zu verderben drohen. Auf einer bestimmten Ranch lernt er die Tochter des sprichwörtlichen Farmers kennen, eine einsame und mutlose Frau, die an ihrer Weiblichkeit zweifelt. Aus Mitleid schläft der Regenmacher mit ihr, um sie ihrer Weiblichkeit zu vergewissern. Als ihr Bruder entdeckt, was geschehen ist, zieht er seine Pistole und will den Regenmacher erschießen. Aber ihr Vater, den Fletcher als “weisen alten Bauern” beschreibt, reißt ihm die Pistole weg und weist ihn zurecht mit den Worten: “Noah, du bist so eingenommen von dem, was richtig ist, dass du nicht mehr siehst, was gut ist.”5

Situationisten möchten uns gerne einen Unterschied einreden zwischen dem, was richtig ist, und dem, was gut ist. Viele Freud’sche Psychiater würden sogar so weit gehen zu sagen, dass das, was gut ist (z.B. christliche Moral und biblische Wertmaßstäbe), eigentlich schlecht ist und etwas, das man hinter sich lassen sollte, eine Art Viktorianisches Überbleibsel. Die Grundannahme des Buches der Sprüche ist dagegen, dass das, was richtig ist, auch das ist, was gut ist. Es gibt zwar keine Garantie auf ein Happy-End, wenn man das Richtige tut – dennoch ist das Richtige stets die beste aller Möglichkeiten. Es gibt keinen einfachen Pragmatismus im Buch der Sprüche.

Ich kenne einige Christen, die das Buch der Sprüche als eine Art geheiligter Version von “Wie man Freunde gewinnt und Menschen beeinflusst” betrachten. Das ist meiner Meinung nach falsch. Die Sprüche lehren uns zwar, glücklich und erfolgreich zu sein, aber das ist nicht das eigentliche Ziel dieses Buches. Mehr als alles andere wollen uns die Sprüche ermutigen, ein gottgefälliges und rechtschaffenes Leben zu führen. Diejenigen, deren Lebensziel nur Glücklichsein ist, werden das Glück nicht finden, aber diejenigen, die Heiligkeit anstreben, erhalten es als angenehmes Nebenprodukt. Die Sprüche versprechen uns nicht, dass jeder reich wird, der hart arbeitet, oder dass Ehrlichkeit immer einträglicher ist als Verbrechen. In der Regel ist das so, aber es gibt viele Ausnahmen. Wenn ich mein Leben weise lebe, werde ich nicht an den Folgen meiner Dummheit zu leiden haben. Wenn ich die Geschwindigkeitsbeschränkung beachte, werde ich keinen Bußgeldbescheid bekommen. Wenn ich niemanden beraube, brauche ich nicht zu befürchten, wegen Raubes ins Gefängnis zu kommen. Andererseits deuten die Sprüche bereits an, was andere Schriften uns deutlicher sagen: die Rechtschaffenen werden manchmal gerade aufgrund ihrer Rechtschaffenheit leiden (vgl. 2.Tim 3:12).

5. DIE SPRüCHE HELFEN UNS, DAS LEBEN REALISTISCH ZU BETRACHTEN. Nach dem Buch der Sprüche ist Unwissenheit kein Segen und Naivität eher ein Fehler als eine Tugend. Einfältigkeit ist zwar nicht zwangsläufig eine Sünde, kann aber leicht dazu führen. Unser Herr wies Seine Jünger daher an, “klug wie die Schlange und unschuldig wie die Tauben” zu sein (Mat 10:16). Satan lud Eva ein, ein “höheres” Wissen von Gut und Böse zu erwerben, indem sie Gott nicht gehorchte und die Sünde erfuhr (Gen 3:5). Im Gegensatz dazu belehren uns die Sprüche über das Böse, damit wir nicht in Versuchung geraten (vgl. Spr 7:6ff.).

Gott möchte nicht, dass Christen die Welt durch die rosa Brille betrachten. Wir sollen die Menschen so sehen, wie sie sind und die Sünde als das erkennen, was sie ist. Dem entsprechend beschreiben die Sprüche das Leben so, wie es ist, und nicht unbedingt so, wie es sein sollte: Es ist falsch, Gerechtigkeit durch Bestechung in ihr Gegenteil zu verkehren – und doch erreicht man in der Welt oft etwas durch Bestechung (17:8). (Diejenigen mit militärischer Erfahrung kennen das unter der Bezeichnung “Whisky-und-Zigaretten-System”.) Reichtümer können keine wirkliche Sicherheit bieten (11:4;28) – und doch glauben einige daran (18:11). Geld scheint Menschen zu Freunden zu machen (19:4, 6) – aber nur, solange es vorhanden ist (19:7). Wir können nur weise und rechtschaffen leben, wenn wir das Leben so sehen, wie es wirklich ist. Das Buch der Sprüche ist ein Buch über die Wirklichkeit.

6. DIE SPRüCHE BETREFFEN EBENSO DAS RICHTIGE DENKEN SELBER WIE AUCH SEINE AUSWIRKUNGEN. Der christliche Glaube basiert auf einer Offenbarung durch das Wort. Ein Bibelstudium ist wichtig, um zu wissen, was man denken sollte, aber ebenso wichtig ist es für einen Christen zu lernen, wie er denken soll. Der größte Teil der Bibel wurde geschrieben, um das offenbarende Wort weiterzugeben. Auch das Buch der Sprüche enthält viele wichtige Wahrheiten (Leitsätze, Aussagen, vgl. 16:4), aber es möchte daneben auch helfen, ein reifes Denken zu entwickeln. Die Begriffe, die in Sprüche 1:1-6 benutzt werden, setzen den Leser gleich von Anfang an in Kenntnis, dass hier nicht eine Reihe von Wahrheiten vermittelt wird, sondern die Fähigkeit, Wahrheit zu erkennen und anzuwenden.

7. DIE LEHRMETHODE DER SPRüCHE IST DER ART SEHR äHNLICH, IN DER UNSER HERR UNS ANLEITET. Bei einem Großteil ernsthafter Erläuterungen biblischer Texte wird heutzutage Kapitel für Kapitel oder Vers für Vers abgehandelt. Dies entspricht aber weder dem Vorgehen unseres Herrn noch dem der Apostel. Wenn man die typische Lehrmethode unseres Herrn mit einem Wort beschreiben sollte, wäre es, glaube ich, das Wort “Gleichnis”6 (vgl. Mat 13:lff., Mar 4:lff.). Gleichnisse wurden eingesetzt, um die Wahrheit vor Außenstehenden zu verbergen, die Jesus nicht als den Messias anerkannten (vgl. Mar 3:22-30; 4:10ff.), und ebenso, um die Jünger unseres Herrn zum Nachdenken und Nachfragen anzuregen (vgl. Mar 4:10-11). In der Septuaginta, der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, wurde durchgehend das griechische Wort parabole für das hebräische mashal (Spruch) benutzt.7

8. DIE SPRüCHE SIND EIN SCHLüSSELWERK FüR DIE ERFAHRUNG GöTTLICHER FüHRUNG. Man würde wohl nicht unmittelbar erwarten, das Buch der Sprüche zu lesen, um den Willen Gottes zu erfahren, aber dies ist eines der Ziele dieses Buches, wie in Sprüche 1:5 gesagt wird: “Ein Weiser wird zuhören und mehr und mehr lernen. Ein Verständiger wird weisen Rat erwerben.”

Der Ausdruck “weiser Rat” leitet sich her von einer hebräischen Wurzel mit der Bedeutung “Seil”. Dieses Seil war am Steuer eines Schiffes befestigt und damit dasjenige Mittel, mit dem der Kurs des Schiffes bestimmt werden konnte. Wenn wir die Weisheit erlernen, die uns die Sprüche lehren wollen, werden wir in die Lage versetzt, richtige Entscheidungen zu treffen, die unser Leben auf einen gottgefälligen Kurs bringen.

Dies sind nur einige der Vorteile, die der Lernende aus den Sprüchen ziehen kann. Wenn “die ganze Schrift nützlich” ist (2.Tim 3:16), so trifft dies insbesondere auf die Sprüche zu. Lassen Sie uns daher unser Studium dieses Buches mit großer Erwartung beginnen. Johannes ermutigt uns, um Weisheit zu beten (Joh 1:5); die Sprüche aber drängen uns, sie durch sorgfältiges Studium zu suchen. Lassen Sie uns also beten, während wir dieses Buch studieren, um die Weisheit zu suchen, die nur von Gott her kommt.

Die Sprüche als Literatur

Sprüche waren keine Erfindung der Hebräer, sondern der Gebrauch von Aphorismen war in allen alten Kulturen gängig. Durch von Archäologen entdeckte altertümliche Dokumente aus dem Nahen Osten sind uns ägyptische, akkadische und babylonische Sprüche überliefert; und einige davon sind denen im Buch der Sprüche bemerkenswert ähnlich.8 Auch heutzutage sind Aphorismen sehr gebräuchlich. Ich erinnere mich an einen Spruch von Mark Twain, den ich vor Jahren las und seither nicht vergessen konnte. Alle Mitglieder einer Schulbehörde mögen mir verzeihen, aber es ist der einzige seiner Sprüche, den ich mir gemerkt habe:

Zuerst machte Gott Idioten.
Das war zur Übung.
Dann machte Er Schulämter.

Der hebräische Ausdruck mashal, der mit “Spruch” übersetzt wird, bedeutet eigentlich “Ähnlichsein”. Als Verb wird dieses Wort in Psalm 143:7 benutzt und bezieht sich dort auf einen Vergleich. Im Alten Testament wird das hebräische Wort für sehr unterschiedliche literarische Formen gebraucht. Es kann sich auf eine volkstümliche, prägnante Redensart (Hes 18:2f.; vgl. Jer 31:29), auf eine auf persönlicher Erfahrung beruhende, allgemein anwendbare Erkenntnis (1.Sam 24:13), auf ein Mittel zur moralischen Unterweisung (wie in Spr 10:26 und auch in Mat 13:1ff.), auf ein Rätsel oder eine Allegorie (Hes 17:2) oder auf eine didaktische Kurzabhandlung oder –predigt (Spr 1:10-19; 31:10-31) beziehen.9 Wegen des breiten Gebrauchs des Begriffs “Sprüche” sollte man sich Sprüche wahrscheinlich nach dem Vorschlag von Crenshaw am besten allgemein als “Aussprüche” denken.10

Die meisten Sprüche, die wir untersuchen werden, weisen bestimmte Gemeinsamkeiten auf. Die erste ist Kürze; die meisten der Sprüche sind nur zwei Zeilen lang:

Der Rechtschaffene ist seinen Nächsten ein Vorbild,
Aber der Weg der Bösen führt sie in die Irre (Spr 12:26).

Als Prediger fühle ich mich geradezu unbehaglich, wenn ich darauf hinweise, dass das Buch der Sprüche uns die Kunst des Ungesagt-Lassens vorführt. Die meisten von uns sind ja der Meinung, dass großartige Ideen mit vielen Worten verkündet werden müssen; aber wenn ein Bild mehr sagt als tausend Worte, so tut dies auch ein Spruch.

Kürze ist eines der Kennzeichen der Weisheit. Nur der Narr will all seine Gedanken zur Sprache bringen, während der Weise nie alles sagt, was er weiß:

Ein kluger Mann verbirgt sein Wissen, Aber das Herz des Törichten ruft Torheit aus (Spr 12:23).

Das Herz des Gerechten denkt nach, wie es antworten soll, Aber der Mund des Bösen sprudelt Übles heraus (15:28).

Ein Törichter findet keinen Gefallen am Verstehen, Sondern nur an der Enthüllung seiner eigenen Gedanken (18:2).

Weise Menschen zeichnen sich durch einen sparsamen Gebrauch von Worten aus, während der Narr gleich mit allem herausplatzt, was ihm in den Sinn kommt. Die Sprüche demonstrieren uns diese Ökonomie der Worte.

Zweitens sind die wenigen Worte, die gesagt werden, gut überlegt. McKane sagt dazu:

Ein weiser Mensch beherrscht eine prägnante, kultivierte und pointierte Sprechweise; er fasst seine Gedanken in leicht zu merkende Äußerungen. Die Sprüche sind dazu da zu erleuchten, und nicht dazu, eine Barriere gegen unsere Einsicht zu errichten.11

Oft ist auch ein Hauch von Humor enthalten, so wenn der Faule sich sagt, dass er nicht zur Arbeit gehen kann, weil “ein Löwe auf dem Weg steht” (26:13). Dann sind einige Beschreibungen außerdem so bildlich, dass man sie kaum wieder vergessen kann: Die schöne Frau, der es an Zurückhaltung fehlt, wird verglichen mit einem Schwein mit einem goldenen Ring durch seinen Rüssel (11:22). Dieses Geschick zur Darstellung von Wahrheiten steht im Einklang mit der Weisheit der Sprüche. Ein Gedanke, der es überhaupt wert ist, mitgeteilt zu werden, ist es auch wert, klar und entschieden mitgeteilt zu werden:

Wer weisen Herzens ist, wird verständig genannt werden, Und eine süße Sprache hat mehr Überzeugungskraft.
Das Herz des Weisen lehrt seine Zunge Und fügt seinen Lippen Überzeugungskraft hinzu (Spr 16:21,23).

Wenn man Weisheit in einem Sprichwort weitergeben möchte, muss man die Botschaft “kurz und süß” machen.

Auch ein rätselhaftes Element ist in den Sprüchen enthalten. Bibelstudenten lassen sich gelegentlich durch den scheinbaren Widerspruch zwischen den folgenden zwei Sprüchen verwirren:

Antworte dem Törichten nicht nach seiner Torheit, Damit du ihm nicht gleich wirst. Antworte dem Törichten gemäß seiner Torheit, Damit er sich nicht als weise ansieht (Spr 26:4-5).

Diese beiden Sprüche stehen nicht zufällig direkt nebeneinander. Der scheinbare Widerspruch ist beabsichtigt, denn er zwingt den Leser dazu, die Sache viel ernsthafter zu durchdenken, als er es sonst getan hätte. Solch ein Element von Rätselhaftigkeit und Geheimnis stimuliert dazu, auf dem Weg des Studiums noch eine weitere Meile zuzulegen.

Im Vergleich zu anderen Formen von Literatur scheinen mir die Sprüche das zu sein, was Radio im Vergleich zum Fernsehen ist. Das Fernsehen versorgt uns mit visuellen und verbalen Informationen, aber es nimmt uns dadurch die ganze Arbeit ab: Wir werden immer passiver, wenn wir fernsehen. In den Sprüchen zu lesen ist dagegen eher, wie wenn man “Der Schatten” in einem altmodischen Radio hört: Wir bekommen nicht die ganze Information, aber das, was wir bekommen, stimuliert unser Interesse und unsere Vorstellungskraft. Während wir lesen, bleiben wir aktiv in dem Bemühen zu verstehen, was gesagt wird, und das ist ein Teil des Genius von Sprüchen.

Der Spruch ist eine Form hebräischer Poesie, und die unterscheidet sich von dem, was die meisten von uns heutzutage unter Poesie verstehen. Während unsere Poesie häufig auf Lautentsprechungen aufgebaut ist, basiert die hebräische Poesie auf der inhaltlichen Entsprechung von Gedanken, die dann als parallele Äußerungen angeordnet werden. Mehrere Arten von Parallelismus begegnen uns in den Sprüchen, und es wird unser Studium der Sprüche wesentlich vertiefen, wenn wir die Hauptarten hebräischer Parallelismen kennen.

Der Antithetische Parallelismus stellt zwei Gedanken einander gegenüber. Die zweite Zeile wird dann oft mit dem Wort “aber” eingeleitet und dadurch in einen Gegensatz zur ersten gestellt:

Die Furcht des Herrn verlängert das Leben, Aber die Jahre der Bösen werden verkürzt werden (Spr 10:27).

Eine falsche Wägung ist dem Herrn ein Gräuel, aber ein volles Gewicht ist sein Wohlgefallen (Spr 11:1).

Synonymer Parallelismus wiederholt den Gedanken der ersten Zeile auf eine andere Art. Fortsetzung, nicht Gegensatz ist damit der Zweck der zweiten Zeile:

Höre, mein Sohn, auf die Zucht deines Vaters, Und verlasse nicht das Gebot deiner Mutter (Spr 1:8).

Neige dein Ohr und höre auf die Worte des Weisen, Und richte deinen Sinn auf meine Erkenntnis (Spr 22:17).

Synthetischer Parallelismus erweitert das, was in der ersten Zeile festgestellt worden ist. Während der synonyme Parallelismus das wiederholt, was die erste Zeile gesagt hat, führt der synthetische den Gedanken der ersten Zeile fort – er entwickelt ihn weiter:

Wer seine Ohren vor dem Schreien der Armen verschließt, Der wird selbst auch rufen und keine Antwort erhalten (Spr 21:13).

Numerische Sprüche benutzen Zahlen um zu strukturieren:

Unter drei Dingen erbebt die Erde, Und unter vieren kann sie es nicht aushalten:
Unter einem Sklaven, wenn er König wird, Und einem Narren, wenn er Nahrung zur Genüge hat,
Unter einer ungeliebten Frau, wenn sie geheiratet wird, Und einer Dienerin, wenn sie ihre Herrin aussticht (Spr 30:21-23).

Sprüche sind eine Form der Poesie. Wir werden vom Studium der Sprüche sehr profitieren, wenn wir das Wesen der hebräischen Poesie und die verschiedenen hier angewandten Formen des Parallelismus besser verstehen lernen.

Lehren aus dem Leben Salomos

Salomo hat zwar nicht alle Sprüche geschrieben, (vgl. 30:1; 31:1), aber die Mehrzahl davon wird ihm doch zugeschrieben (vgl. 1.Kö 4:32; Spr 1:1; 10:1; 25:1). Es ist geradezu tragisch zu beobachten, wie trotz allem, was Salomo über Frauen schrieb (vgl. 5:lff.; 6:24ff.; 7:lff.; 8:lff.), gerade diese zum Grund seines Niedergangs wurden.

Nun liebte König Salomo viele fremdländische Frauen, neben der Tochter des Pharao moabitische, ammonitische, edomitische, sidonitische und hethitische Frauen, aus den Völkern, von denen der Herr zu den Söhnen Israels gesagt hatte: “Geht nicht zu ihnen ein, noch lasst sie zu euch eingehen, denn sie werden gewiss eure Herzen zu ihren Göttern neigen.” Salomo hielt in Liebe zu diesen Frauen. Er hatte siebenhundert Ehefrauen, Prinzessinnen und dreihundert Nebenfrauen, und seine Frauen neigten sein Herz. Und als er nun alt war, neigten seine Frauen sein Herz frenden Göttern zu, und sein Herz war nicht ungeteilt bei dem Herrn, seinem Gott, wie es das Herz seines Vaters David gewesen war (1.Kö 11:1-4).

Dies war nicht die einzige Gelegenheit, dass Salomo es versäumte, seinem eigenen Ratschlag zu folgen. Nach all den Sprüchen, die er über Kindererziehung schrieb (vgl. 1:8ff.; 4:1-4; 10:1; 13:24; 22:6,15), gelang es ihm nicht, einen weisen Sohn aufzuziehen. Rehabeam, Salomos Sohn, weigerte sich, auf den Rat der älteren und weiseren Ratgeber seines Vaters zu hören, und als Folge davon wurde das Königreich schließlich geteilt (1.Kö 12:1-15).

Aus dem Versagen Salomos sollten wir meiner Meinung nach zwei Dinge lernen: Erstens sollten wir darauf gefasst sein, gerade auf den Gebieten, auf denen wir uns am stärksten fühlen, auf die Probe gestellt zu werden. Ich, der ich das Leben nun schon einige Jahre lang beobachte, habe festgestellt, dass diejenigen, die am meisten über Kindererziehung zu sagen wissen (vor allem, wenn ihre Kinder noch nicht erwachsen sind), wahrscheinlich genau auf diesem Gebiet auf den Prüfstand geraten. Diejenigen, die Unterwerfung unter eine Autorität fordern, werden vermutlich bezüglich ihrer eigenen Bereitschaft zur Unterwerfung unter die Autorität eines Anderen geprüft werden. Und diejenigen, die die Doktrin der uneingeschränkten Herrschaft Gottes vertreten, werden sich häufig in Umständen wiederfinden, in denen ihr eigener Glaube an Gottes Souveränität auf die Probe gestellt wird.

Gerade unsere Stärke kann zum Untergang führen. Der begabte Bibellehrer kann auf das Lob anderer hören und anfangen, sich als unfehlbare Autorität zu betrachten. Er beginnt dann vielleicht eher seine Ansichten als Gottes Anweisungen zu verbreiten. Oder derjenige, der von Gott die Gabe des Gebenkönnens erhalten hat, beginnt vielleicht so zu geben, dass er selbst den Ruhm davonträgt. David war in all der Zeit, als Saul ihn töten wollte, mit dem Herzen bei Gott – aber sobald er sicher auf dem Thron saß, wurde er selbstgefällig. Derselbe Mann, der es mit einer Hand mit Goliath aufgenommen hatte, war nun so anmaßend geworden, dass er es noch nicht einmal mehr für nötig hielt aufzustehen und zusammen mit seinem Heer zu kämpfen. Als Folge davon verfiel er der Sünde mit der Frau eines anderen Mannes (2.Sa ll:lff.). Hüten wir uns also vor unseren Stärken (vgl. 1.Kor 10:12).

Die zweite Lektion, die wir von Salomo lernen sollten, ist die, dass es nicht genügt zu wissen, was das Richtige ist. Weisheit besteht zuerst und vor Allem in einer Beziehung zu Gott. Weisheit ist nicht einfach das Wissen um bestimmte Wahrheiten, sondern ihre gehorsame Befolgung. Es steht zu befürchten, dass Salomo sich gerade dadurch, dass er so viel über Frauen wusste, zu der falschen Vorstellung hinreißen ließ, er stehe über den Dingen. Sein Wissen verführte ihn möglicherweise zu dem Glauben, dass er sündigen und gleichzeitig die Situation unter Kontrolle behalten könne. Im Endeffekt aber lag das Problem für Salomo nicht im Kopf, sondern im Herzen.

Dann lehrte er mich und sprach zu mir: “Lass dein Herz meine Worte festhalten, Halte meine Gebote und bleibe am Leben.” Behüte dein Herz mit Fleiß, Denn aus ihm fließt der Quell des Lebens (Spr 4:4,23).

Wie steht es um dein Herz, mein Freund? Bist du gekommen, um dein Leben, dein Schicksal für die Ewigkeit, dem Herrn Jesus Christus zu übergeben? Er starb für unsere Sünden, und Er bietet dir Seine Gerechtigkeit an, durch die alleine du in Gottes Himmel eintreten kannst. Weisheit beginnt hier, mit der Furcht des Herrn (vgl. Spr 1:7; 9:10; 15:33). Du wirst nie Weisheit erlangen, bevor du nicht zu Ihm kommst, “in dem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind” (Kol 2:3).


1 Alexander Solschenizyn, A World Split Apart, St. Croix Review, Oktober 1978, S. 9-22.

2 Es gibt unterschiedliche Interpretationen für diesen Vers. Für weitere Details s. Lektion 14 dieser Reihe.

3 Ich schulde Edgar Jones Dank für diese Einsichten über das Verhältnis zwischen den Sprüchen und den Propheten des Alten Testaments. Jones schreibt weiter: Die Sprüche bringen die Leidenschaft und die Visionen der Propheten in die banalen und unmittelbaren Probleme des Alltags. Die Verfasser der Sprüche blasen selten selber die Trompete, sondern sie setzen voraus, dass diese schon gehört wurde. Edgar Jones, Proverbs and Ecclesiastes (New York: The Macmillan Company, 1961), S. 47.

4 R. B. Y. Scott, The Way of Wisdom in the Old Testament (New York: Macmillan Company, 1981), S. 6.

5 Zitiert nach Franz Ridenour, The Other Side of Morality (Glendale, CA: Regal Books), S. 39.

6 “Schätzungsweise etwa ein Drittel der Lehre Jesu besteht aus Gleichnissen und gleichnishaften Äußerungen.” C. H. Peisker, “Parable, Allegory, Proverb.” The New International Dictionary of New Testament Theology (Grand Rapids: Zondervan, 1976), II. S. 743.

7 ibid., S. 744.

8 vgl. Jones, S. 32ff.

9 ibid., S. 23-25.

10 James L. Crenshaw, Old Testament Wisdom (Atlanta: John Knox Press, 1981), S. 67.

11 William McKane, Proverbs (Philadelphia: The Westminster Press, 1970), S. 267.

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2. Die zwei Wege (Sprüche 1:7-33)

Einleitung

Zwei Gefahren werden in den ersten neun Kapiteln des Buches der Sprüche hervorgehoben: die Verstocktheit und Gewalttätigkeit schlechter Männer und die Schlichen verführerischer Frauen. Beide Gefahren erscheinen im zweiten Kapitel:

Um dich vor dem Weg des Bösen zu bewahren, Vor dem Mann, der Falsches spricht;
Vor denen, die den geraden Weg verlassen Und auf den Pfaden der Finsternis wandeln;
Die sich freuen, Böses zu tun, Und fröhlich sind über die Verkehrtheit des Bösen;
Deren Pfade krumm sind und die auf Abwege geraten;
Um dich zu bewahren vor fremden Frauen, Vor der Ehebrecherin, die dir mit Worten schmeichelt;
Die den Gefährten ihrer Jugend verlässt Und den Bund ihres Gottes vergisst;
Denn ihr Haus neigt sich zum Tode, Und ihre Wege führen zu den Toten.
Keiner von denen, die zu ihr eingehen, kehrt zurück noch erreicht er wieder den Weg der Lebenden (Spr 2:12-19).

Wir werden uns in dieser Botschaft mit der ersten der beiden Gefahren befassen – mit der, die von der Verkehrtheit der Männer ausgeht. In unserer nächsten Lektion werden wir dann zwei Frauentypen untersuchen: Frau Torheit und Frau Weisheit.

Auf den ersten Blick erscheint es unglaublich, dass ein Vater es notwendig finden sollte, seinen Sohn vor dem Umgang mit gewalttätigen Männern und der Teilhabe an ihrem kriminellen Leben zu warnen. Es gibt jedoch einige Dinge, die mich veranlassen, diese Gefahr sehr viel ernster zu nehmen, als ich es sonst tun würde. Lassen Sie mich zunächst einige der Gründe dafür beschreiben, dass ein solches Leben einem Jugendlichen attraktiv erscheinen kann.

Die natürliche Veranlagung

Erstens haben Kinder, auch wenn sie lieb und unschuldig sind, eine natürliche Neigung zur Grausamkeit. Nach meinem ersten Jahr am Priesterseminar kam ich zurück in meinen Heimatstaat Washington, um den Sommer dort zu verbringen. Der Direktor der dortigen Grundschule nahm Kontakt zu mir auf und bat mich, für den Rest des Schuljahres eine ältere Frau zu vertreten, die viele Jahre lang eine gute Lehrerin gewesen war. Aus irgendeinem Grund hatte sie die Kontrolle über ihre Klasse verloren, und die Viertklässler, die ihre Schwäche spürten, halfen ihr nicht, sondern taten alles, um sie noch vollständig zu ruinieren. Und sie hatten Erfolg damit. Ihre Aktionen enthielten eine gehörige Portion Grausamkeit. Wie wir alle wissen, können Kinder insbesondere auch zu anderen Kindern grausam sein.

Gewalt ist attraktiv

Zweitens ist Gewalt für junge Menschen selbst dann attraktiv, wenn sie in einem warmen und liebevollen Zuhause aufgewachsen sind. Vor einiger Zeit las ich einen Artikel über die Familie von Ozzie und Harriet Nelson. Er handelte vom Leben der Familie Nelson während der Jahre, in denen ihre Sendung im Fernsehen lief, und von dem Leben, das David und Rickie seither geführt hatten. Was mir sofort ins Auge fiel, war die Tatsache, dass Rick sich einer Gruppe von “Rowdies” angeschlossen hatte. Der Verfasser des Artikels schrieb über Ricks neuen Umgang: “Die meisten seiner Kumpane, so erklärte Rick später, endeten im Gefängnis und drehten schließlich auch größere Dinger wie bewaffnete Überfälle.”12

Gewalttätigkeit ist eine Lebensart

Drittens ist Gewalttätigkeit für Amerikaner auch ein Teil ihres Lebens. Die Medien sind übervoll mit Gewalttaten, und eine kürzlich durchgeführte Studie zeigt, dass die Gewalt im Fernsehen innerhalb des vergangenen Jahres (1981-1982) um 33% zugenommen hat. Die Anzahl der Gewalttaten auf amerikanischen Bildschirmen ist viermal so groß wie die auf zwei kanadischen Kanälen.13 Fernsehhelden sind Männer der Gewalt. Die Spielzeuge unserer Kinder sind oft Werkzeuge für Krieg oder Gewalt. Sogar Computerspiele können in ihrer Art als brutal bezeichnet werden.

Gewalt ist nach dem Buch der Sprüche ein Teil des schlechten Weges, denn wir vermeiden sollen. Wir müssen über diese Gefährdung daher im Laufe unseres Studiums gründlich nachdenken.

Die Lehren eines Vaters
(1:8-19)

Die Verse 8-19 sind an einen Sohn gerichtet, der jung, unerfahren und – noch – verhältnismäßig unschuldig ist. Die Weisheit spricht hier durch die Eltern dieses Burschen, durch seine Mutter und seinen Vater (Vers 8). Ich denke, dass der junge Mann das Teenager-Alter erreicht hat, den Punkt im Leben, an dem er dem Erwachsenwerden gegenübersteht und seine eigenen Entscheidungen zu treffen beginnt. An diesem Punkt neigt er dazu, eher bei seinen Kameraden als bei seinen Eltern Anleitung und Vorbilder zu suchen, und normalerweise wird er jetzt die Werte, die ihn seine Eltern gelehrt haben, in Frage zu stellen beginnen. Der Vater drängt seinen Sohn, nicht zu vergessen, was er gelernt hat, und den Weg des Bösen zu meiden, den zumindest ein Teil seiner Altersgenossen verficht.

Die Absicht der väterlichen Worte, die hier aufgezeichnet sind, liegt in der Vorbereitung und Vorbeugung. Noch hat kein schlechter Mensch sich dem Kind genähert, aber das kann bald geschehen. Mit den Worten eines zeitgenössisches Sprichworts: “Vorbeugen ist besser als heilen.” Ich glaube, es war Mark Twain, der gesagt hat: “Es ist leichter, draußen zu bleiben als heraus zu gelangen.” Dieser Vater versucht, seinem Sohn die Schmerzen eines falschen Weges zu ersparen, die er durch die Wahl falscher Freunde und falschen Umgangs erleiden würde.

Der Appell eines Vaters

In den Versen 8-10 wird der Appell dieses weisen Vaters allgemein ausgedrückt. Sowohl die Mutter als auch der Vater haben den Burschen bisher gewissenhaft erzogen, und ihre Anleitung sollte nicht sorglos beiseite gelegt werden, jetzt, da der Junge allmählich ein größeres Ausmaß an Unabhängigkeit und äußeren Einflüssen erfährt. Positiv formuliert soll das Festhalten an den elterlichen Lehren jedes Kind stärken und schön machen (vorausgesetzt natürlich, dass diese elterlichen Lehren gottgefällig gewesen sind).

Lieb und unschuldig wie Kinder oft sein können, gibt es doch eine angeborene Neigung zur Unvernunft und Rebellion im Herzen eines jeden Kindes (vgl. 22:15). Dem entsprechend ist das, was die Eltern sagen, nicht das, was das Kind selbst zu denken geneigt ist. Eltern von Teenagern stimmen mir wahrscheinlich zu, dass die Erziehung und die Vermittlung von Benimmregeln eher als Mühlstein um den Hals betrachtet werden als als eine kunstvolle und schmückende Kette (Vers 9).

Dem Appell des Vaters in diesem Kapitel liegt die Annahme zugrunde, dass Weisheit einem Kind hauptsächlich durch seine Eltern vermittelt wird. Aber an dem besagten Punkt im Leben wird diese Annahme oft infrage gestellt. Haben Sie nicht auch schon einmal deutlich den Eindruck von ihrem Teenager vermittelt bekommen, dass Sie der Naive sind und Ihr Kind dagegen weltmännisch und gewandt? Eltern sind niemals so rückständig und so schlecht informiert wie während der Teenager-Jahre ihrer Kinder. Unsere Kinder verdrehen die Augen und tolerieren unsere Gedanken und Ideale gerade eben noch als einen vorsintflutlichen Anachronismus. Der Vater drängt seinen Sohn daher, sein Denken nicht durch jugendlich-irrige Gesinnung bestimmen zu lassen.

Was schlechte Menschen zu bieten haben

Die Verse 11-14 spezifizieren das zuvor allgemein Gesagte. In Vers 10 ist das Kind dazu angehalten worden, den Verführungen des Bösen zu widerstehen. Jetzt gibt der Vater seinem Sohn eine deutlich konkretere Vorwarnung, indem er ihn mit der Art einer solchen Annäherung bekannt macht. Die Worte “Komm mit uns…” in den Versen 11ff. werden vom Vater gesprochen, aber sie stellen eigentlich den Kern der Aufforderungen dar, mit denen sich der junge Bursche in Kürze konfrontiert sehen wird, wenn er mit dem Gruppendruck durch seine Kameraden umgehen muss. Der weise Vater weiß, was bald auf seinen Sohn zukommen wird, und seine Worte sind prophetisch.

Gottergebene Eltern können aus den Anleitungen dieses Vaters lernen. Wir neigen ja eher dazu, etwas in der Art zu sagen wie “Als ich ein Junge war, Johnny, ...”. Für unsere Kinder ist so etwas reine Historie und scheint ihnen wenig mit ihrem eigenen Leben zu tun zu haben. Unsere Kinder können sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass es “nichts Neues gibt unter der Sonne”. Für sie sind wir ein Produkt aus einer anderen Charge und unsere Erfahrungen von früher haben keine direkte Verbindung zu ihnen selbst. Dieser weise Vater spricht daher nicht von der Vergangenheit, sondern von der Zukunft. Wenn Sünder dann seinen Sohn ansprechen, wie es der Vater kommen sah, werden sie dem Burschen zeigen, wie recht sein Vater hatte. Viele von uns, die wir Eltern sind, haben noch nicht zu schätzen gelernt, wie wertvoll es ist, die Versuchungen zu kennen, denen unsere Kinder gegenüber stehen, und sie im Voraus darauf vorzubereiten. Gewöhnlich zögern wir eher und gehen Probleme erst dann an, wenn sie schon auf ein kritisches Ausmaß angewachsen sind. Wir können nur lernen von der Weisheit dieses Vaters.

Lassen Sie uns jetzt genauer betrachten, was schlechte Menschen unseren Kindern anbieten und was diese so reizvoll daran finden.

(1) Akzeptanz und Identität in der Gruppe

Die erste Verlockung ist die von Akzeptanz und Identität innerhalb der Gruppe. Als Teenager bauen Kinder ihr Selbstbewusstsein eher darauf, wie ihre Altersgenossen sie sehen, als darauf, was ihre Eltern über sie denken. Daraus resultiert eine enorme Sensibilität für das, was die Kameraden denken, und ein starkes Bedürfnis danach, innerhalb der eigenen Altersgruppe akzeptiert zu werden. Nie ist der Gruppendruck stärker als jetzt. Die Sünder, die den jungen Mann verleiten werden, sind, denke ich, diejenigen, die das Kind beeindrucken möchte, und sie sind wahrscheinlich genauso alt oder wenig älter als er selbst. Innerhalb der Gruppe gibt es Angenommensein, Bedeutung und Sicherheit – die Dinge, auf die ein Jugendlicher begierig ist.

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Menschen in einer Gruppe Dinge tun, die für sie einzeln gar nicht infrage kämen? Massendemonstrationen und Aufstände sind Beispiele dafür, wie Gruppendruck eingesetzt werden kann, um Böses zu befördern. Das soll nicht heißen, dass jede Verbindung mit einer Gruppe schlecht wäre, denn Gruppendruck kann für das Gute wie für das Böse wirken. Im Hebräerbrief lesen wir:

Und lasst uns darauf achten, wie wir einander zu Liebe und guten Werken anreizen können, indem wir unsere eigene Zusammenkunft nicht aufgeben, wie es bei manchen der Brauch ist, sondern einander ermutigen, und das umso mehr, als ihr den Tag herannahen seht. (Heb 10:24-25).

Das Schlechte liegt nicht in der Gruppenzugehörigkeit selber, sondern in der Zugehörigkeit zur falschen Gruppe, zu einer, die uns dazu verleitet, uns dem Bösen anzuschließen.

(2) Die Aussicht auf materiellen Gewinn

Die zweite Verlockung der Sünder ist das Versprechen materiellen Gewinns:

“Wir werden allerlei kostbare Dinge von Wert finden, Wir werden unsere Häuser mit Beute füllen; Setze auf uns, einen Beutel soll es für uns alle geben” (1:13-14).

Wohlstand als solcher wird nirgendwo in den Sprüchen als etwas Schlechtes betrachtet, nur dann, wenn er auf sündhafte Art erworben wurde (10:2; 13:11; 19:22; 28:6). Gottergebenheit und Weisheit führen oft zu Wohlstand (3:9-10,16), aber der Gewinn, den der Böse uns anbietet, kommt aus Gewalt. Nicht durch Sorgfalt und harte Arbeit werden die Bösen wohlhabend, sondern durch Raub (1:11-12). Die individuelle Anstrengung wird dabei heruntergespielt, und Bequemlichkeit und Wohlstand sollen durch eine Art kommunistischer Arbeitsauffassung erreicht werden (1:14).

(3) Abenteuer und das Gefühl der Macht

Die dritte Verlockung liegt in der Aufregung, in dem Gefühl von Macht und dem Hochgefühl, das mit einem Verbrechen einhergeht. Junge Leute sind es Leid, immer wieder gesagt zu bekommen, dass man sie sehen und nicht hören sollte. Sie wollen wichtig sein und in der Lage, Macht über andere auszuüben. Ein kriminelles Leben ist einer der schnellen Wege zu einem Gefühl der Macht. Wenn man von der falschen Seite her auf einen Teenager mit einem 45er-Kaliber-Revolver blickt, erscheint der schon sehr Respekt einflößend. Ein kriminelles Leben bietet Jugendlichen die begehrte Gelegenheit, Gänsehaut und Nervenkitzel zu erleben, und die damit verbundenen Gefahren erhöhen nur die Attraktivität. Warum, schließlich, üben so viele junge (und auch ältere) Amerikaner Hobbies und Sportarten aus, die mit Gefahren für Leib und Leben verbunden sind?

Der abschließende Appell eines Vaters

Der abschließende Appell des Vaters in den Versen 15-19 geht von den gerade zuvor beschriebenen Verlockungen aus. Vers 15 enthält die Bitte an den Sohn, diesen Weg des Bösen zu meiden, und die Verse 16-19 geben zwei Gründe an, warum all diese Angebote abgelehnt werden sollten. In Vers 16 finden wir den ersten Grund: weil Geld und Abenteuer durch diesen Lebensstil auf Kosten Anderer erworben werden. Solche gewalttätigen Menschen drängen nicht nur darauf Blut zu vergießen, sondern sie werden es auch tun. Ich weiß, dass viele von Ihnen es kaum glauben werden, aber die drei Monate, die ich in einem staatlichen Gefängnis gelehrt habe, haben mich davon überzeugt, dass es Menschen gibt, die Jemanden erstechen würden für das bloße Vergnügen, ihn verbluten zu sehen. Solche Menschen muss man meiden.

Die Erläuterungen eines Vaters

Die Verse 17-19 erklären den zweiten Grund dafür, warum ein Leben mit Gewaltverbrechen schlecht ist: es zerstört den Täter ebenso wie das Opfer. Der böse Mensch ist wohl willens, andere zu zerstören – er sollte aber gewarnt sein, dass er auch sich selber zerstört.

Denn es ist müßig, das Netz auszubreiten Vor den Augen eines Vogels; Aber sie liegen auf der Lauer nach ihrem eigenen Blut; Sie überfallen ihr eigenes Leben aus dem Hinterhalt. So geht es Allen, die unrechten Gewinn machen; Er nimmt ihnen das Leben (1:17-19).

Bibelstudenten tun sich besonders schwer, diese Verse zu interpretieren. Zwei Erklärungen werden am häufigsten geboten, und ich neige zur zweiteren. Die erste Sichtweise ist die, dass Vögel intelligenter sind als die meisten Gauner. Ein Vogel, so wird uns gesagt, ist schlau genug, eine Falle zu meiden, die er aufgebaut werden sieht: Auch wenn man Getreidekörner ausstreut, wird der Vogel sie nicht anrühren, weil er weiß, dass dahinter eine Falle steckt, in der er gefangen werden würde. Kriminelle aber sind noch nicht einmal so schlau wie die Vögel, denn sie verfolgen einen kriminellen Lebenswandel, ohne sich dessen bewusst zu werden, dass sie damit ihre eigene Zerstörung herbeiführen.14

Der Impuls der zweiten Erklärung ist der, dass solche Kriminellen nicht mehr Vernunft haben als ein Vogel, der – obwohl er zugesehen hat, wie die Falle errichtet wurde – schließlich zu seinem eigenen Untergang seinen Appetit auf Körner über die Angst vor der Gefahr siegen lässt. Vögel können zusehen, wie ein Netz ausgebreitet und mit Körnern bestreut wird. Aber früher oder später werden ihre Augen nur noch die Körner wahrnehmen. Um ihren Appetit zu befriedigen, werden sie dann zu den Körnern herunterfliegen und im weiteren Verlauf ihr eigenes Leben zerstören. So geht es auch den schlechten Menschen, die sich für ein Leben voll Gewalt und Verbrechen entscheiden. Wie die unvernünftigen Tiere erlauben sie ihrem Appetit, die Herrschaft zu übernehmen. Solche Menschen sind schlimmer als die Vögel. Menschen können denken und sind in der Lage, Gefahren zu erkennen. Menschen haben auch Eltern, die sie vor dem Bösen gewarnt haben. Und Menschen sind auch deswegen weniger zu bemitleiden, weil sie die Falle durch ihre eigene Gewalttätigkeit aufgestellt haben, während Vögel Opfer einer Falle werden, die sie nicht selbst gebaut haben. Wie Haman, der den Galgen für Mordechai baute und dann selber daran hing (vgl. Esther 7), werden die, die das Schwert zum Leben wählen, auch durch das Schwert sterben (vgl. Mat 26:52).15

Die Weisheit spricht
(1:20-33)

Wenn wir zu den Versen 20-33 gelangen, kommt es zu einer bemerkenswerten Veränderung. In den vorausgehenden Versen hatte ein Vater seinem jungen und beeinflussbaren Sohn Weisheit vermittelt. In den Versen 20ff. wird die Weisheit dann personifiziert als eine Frau. Sie spricht nicht zu dem Unschuldigen, sondern zu dem Schuldigen. Während der Vater seinen Sohn drängte, den Weg des Bösen nicht zu betreten, spricht jetzt die Weisheit zu denen, die sich bereits entschieden haben, den Weg des Bösen zu gehen. Der erste Diskurs war vorbeugend, der zweite ist beschreibend. Der Punkt ist, dass es junge und alte Narren gibt, und die Weisheit der Sprüche gilt für Narren jeden Alters. Es gibt zwar keinen blauäugigen Optimismus, dass Viele ihren schlechten Weg verlassen und sich der Weisheit zuwenden werden, aber dennoch wird jedem das Angebot gemacht.

Weisheit wird verkündet

Die Verse 20 und 21 machen uns mit der Weisheit in der Person einer Frau bekannt und mit den Orten, wo Weisheit verkündet wird. In einem Volk, das Aufrichtigkeit fördert und Sündhaftigkeit mit Strafe belegt, können böse Menschen die Anderen nicht in aller Offenheit dazu verleiten, ihnen zu folgen. Aber während diese schlechten Menschen gezwungen sind, im Geheimen zu verführen, ruft die Weisheit zu allen Menschen und zwar auf öffentlichen Plätzen, wo sich die Massen aufhalten: Die Stadttore (Vers 21) sind der Ort, wo die Ältesten sitzen und Rechtsstreitigkeiten beigelegt werden (vgl. Ruth 4:lff.).

Die Schlussfolgerung aus diesen Versen ist offensichtlich: Wir können eine Menge lernen, wenn wir die Quelle einer angebotenen “Weisheit” in Betracht ziehen. Weisheit kann man, wie wir aus den vorangegangenen Versen wissen, in elterlichem Rat und Anleitung finden. Hier ist Weisheit jetzt auch von den Ältesten der Stadt zu erhalten, von Menschen, die für ihre Reife und Gottgefälligkeit bekannt sind. Die schlechten Menschen aus Vers 10-14 wird man kaum an den Stadttoren finden, denn ihresgleichen lungert eher in dunklen Straßen und kommt erst dann heraus, wenn es dunkel wird. Deren “Weisheit” wird nicht öffentlich ausgerufen, sondern im Geheimen geflüstert.

Wenn auch der “Sohn” aus den Versen 8ff. jung und unschuldig ist, so doch nicht diejenigen, die in Vers 22 und 23 angesprochen werden. Nicht Unwissenheit und Unschuld ist ihr Problem, sondern dass sie den Weg der Weisheit absichtlich verwerfen. “Wie lange”, ruft die Weisheit, “wollt ihr Unerfahrenen die Unerfahrenheit lieben? Und ihr Spötter euch am Spott erfreuen, Und ihr Unvernünftigen die Erkenntnis hassen?” (Vers 22). Die Einfältigen sind es zufrieden und die, die spotten, tun es mit Freude: Nicht dass das Wissen nicht verfügbar wäre, es ist für sie unakzeptabel – sie hassen es (Vers 22).

Die Weisheit korrigiert

Worte der Weisheit sind zurecht korrigierende Worte. “Wendet euch zu meiner Zurechtweisung”, ermahnt sie (Vers 23). Weisheit ruft die schuldigen Sünder zur Reue auf, denn für einen Sünder besteht die einzige Möglichkeit, die Weisheit zu erlangen, darin, sich von seinem schlechten Weg abzukehren, seiner Torheit abzusagen und den Weg der Rechtschaffenheit zu gehen.

Weisheit ist nicht naturgegeben

Von Natur aus besitzt man keine Weisheit – aber Torheit schon. Dem entsprechend schließt Weisheit eine übernatürliche Quelle ein (1.Kor 2:6-16). Die Weisheit bietet an, ihren Geist über diejenigen auszugießen, die die Torheit fliehen und sich zu ihr umkehren wollen (Vers 23). Der “Geist”, den die Weisheit hier den Menschen anbietet, ist, denke ich, der Heilige Geist, der unseren Geist erleuchtet und die Schriften erhellt, so dass wir die göttliche Weisheit verstehen können (vgl. Eph 1:17; Kol 1:9). Es ist meine persönliche Überzeugung, dass Christen zu wenig von Christus und dem Heiligen Geist im Alten Testament wahrnehmen. Ich finde es geradezu schwierig, diesen Text nicht in Bezug auf den Heiligen Geist zu lesen.16

Es gibt gute Gründe für die ernstliche Warnung der Weisheit. Die den Pfad der Torheit gewählt haben, befinden sich auf einem Weg der Zerstörung. In den Versen 17-19 drängte der Vater seinen Sohn, sich den schlechten Menschen nicht anzuschließen, weil sie ihn auf den Weg zur Selbstzerstörung bringen werden. In Vers 24-32 warnt die Weisheit Männer, die schon einen zerstörerischen Kurs eingeschlagen haben. Es gibt drei vorherrschende Themen in diesen Versen.

Schlechtigkeit wählt man

Das erste Thema ist, dass Menschen auf einem schlechten Weg sind, weil sie es so gewählt haben:

“Weil ich gerufen habe und ihr euch weigertet; Weil ich meine Hand ausgestreckt habe, aber keiner da war, der darauf Acht gab, Und ihr all meinen Rat unbeachtet ließet Und meine Zurechtweisung nicht wolltet” (Vers 24-25).

“Weil sie die Erkenntnis hassten Und die Furcht des Herrn nicht erwählten. Sie wollten meinen Rat nicht annehmen, Sie verschmähten all meine Zurechtweisung” (Vers 29-30).

Aus Vers 7 haben wir gelernt, dass der Anfang der Weisheit in der moralischen Entscheidung zur Gottesfurcht und zur Abkehr vom Bösen liegt (vgl. 3:7). Diejenigen, die hier von der Weisheit verwarnt werden, sind die, die sich bewusst entschieden haben, nicht auf ihren Ruf zu hören und dem Weg des Bösen zu folgen.

Die Menschen lehnen die Weisheit nicht aus Dummheit ab, sondern als Dummheit. Nur Wenige verfolgen den Weg des Bösen, weil sie nicht wissen, dass das Torheit ist. Sie tun es vielmehr, weil sie sich klüger vorkommen als alle Anderen:

Der Faule dünkt sich weiser als sieben Männer, die eine verständige Antwort geben können (26:16).

Während ich im Staatsgefängnis arbeitete, taten viele Gefangene offen die Meinung kund, dass ich in ihren Augen der Dumme war und nicht sie selber. Ich arbeitete freiwillig stundenlang, um etwas Geld zu verdienen, während sie in wenigen Minuten eine Bank ausrauben und dann Monate lang gut leben konnten. Die schlechten Menschen aus Spr 1:11-14 sind stolz auf ihre Lebensart. Sie werden schnell und mühelos reich, während die Ehrlichen (Vers 11) die Dummen sind, die sie rasch um ihr Geld erleichtern können.

Weisheit abzulehnen hat schmerzliche Konsequenzen

Das zweite Thema ist, dass es schmerzliche Konsequenzen nach sich zieht, wenn man dem Ruf der Wahrheit willentlich nicht folgt:

“Dann will ich auch lachen bei eurem Unglück; Ich werde spotten, wenn da kommt, was ihr fürchtet; Wenn über euch kommt wie ein Sturm, was ihr fürchtet, Und euer Unglück wie ein Wirbelwind daherkommt; Wenn Bedrängnis und Unheil über euch kommen” (1:26-27).

Die Tatsache erscheint zunächst beunruhigend, dass die Weisheit hier grausam auftritt. Aber die Weisheit warnt die Menschen, dass Bedrängnis und Unheil die Konsequenz aus ihrer Zurückweisung sind. Schlechte Menschen erleiden nur, was sie verdienen. Gottes Gerechtigkeit erfordert, dass die Menschen nicht nur das erhalten, was sie verdienen (z.B. Röm 6:23, “Der Sünde Lohn ist der Tod.”), sondern auch das, was sie sich wahrhaft wünschen.

“Darum sollen sie essen von den Früchten ihres Wandels Und sich an ihren eigenen Ratschlägen übersättigen. Denn die Eigenwilligkeit der Unverständigen wird sie töten, Und die Selbstzufriedenheit der Toren wird sie zerstören” (1:31-32).

Es gibt kein Zurück

Das letzte Thema ist, dass es einen Punkt gibt, von dem aus kein Zurück mehr möglich ist, von dem ab jede Reue zu spät kommt.

“Dann werden sie nach Mir rufen, aber Ich werde nicht antworten; Sie werden Mich unablässig suchen, aber sie werden Mich nicht finden, Weil sie die Erkenntnis hassten Und die Furcht des Herrn nicht erwählten” (1:28-29).

Wenn die Weisheit die Sünder in den Versen 20-33 anruft, handelt es sich nicht um ein Angebot, das man bis zu einem bequemeren Zeitpunkt zurückstellen könnte. Der Weg des Bösen führt am Ende zur Zerstörung, und Menschen können nicht selbstzufrieden den Weg des Bösen fortsetzen und erst dann bereuen, wenn die Konsequenzen daraus offen zutage treten. Dann wird es zu spät sein, und die Hölle wird bevölkert sein von Menschen, die bedauern, aber nicht aufrichtig bereuen. Die Gerechtigkeit erfordert es, dass die Menschen mit den Konsequenzen aus ihrem erwählten Lebensweg konfrontiert werden. Die Zeit zur Reue ist jetzt, nicht später (vgl. 2.Kor 6:2).

Im letzten Vers wird das Schicksal der Gerechten dem derjenigen gegenüber gestellt, die den Weg des Bösen gewählt haben:

“Wer aber auf mich hört, wird in Sicherheit wohnen Und kein Unglück fürchten” (1:33).

Die auf dem Pfad der Weisheit wandeln, werden ihren Lohn in der Vergebung der Sünden ernten, und sie werden sich nicht vor der Bestrafung ihrer Sünden fürchten müssen. Die ständige Furcht vor dem drohenden Übel gehört nur denen, die Übles tun, aber die Weisheit befreit Menschen von der Zerstörung, die aus der Sünde resultiert.

Schlussfolgerung

Das erste Kapitel der Sprüche ist wie eine Straßenkarte: es skizziert das Leben in Form von nur zwei Wegen – dem Weg der Weisheit und dem Weg der Torheit. Weisheit führt zu Frieden und Sicherheit, der Weg der Torheit endet dagegen mit Tod und Zerstörung. Jeder von uns befindet sich auf einem dieser beiden Wege. Der Weg der Torheit ist der der schlechten Menschen, die materiellen Gewinn durch Gewalt erreichen wollen. Der Weg der Weisheit wird betreten durch Gottesfurcht und die Absage an das Böse.

Weil wir durch unsere sündige Natur zum Pfad der Torheit neigen, müssen wir eine bewusste Entscheidung für den Pfad der Weisheit treffen. Für den Weg der Torheit muss man nur demjenigen folgen, der empfiehlt das zu tun, was man natürlicherweise tun würde, und dabei den Ruf der Weisheit zu überhören. Um den Weg der Weisheit zu betreten, muss man seine eigene Neigung zur Sünde erkennen, der Torheit absagen und sich entscheiden, der Weisheit in der Furcht des Herrn zu folgen.17 Jeder Mensch wird gezwungen, eine Entscheidung bezüglich der Furcht des Herrn zu treffen, Gott entweder zu fürchten (1:7) oder sich Ihm zu widersetzen (1:29).

Eine tiefer gehende Beschäftigung mit der “Furcht des Herrn” ist lohnenswert, doch lassen wir es für jetzt genug sein mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die Weisheit im Buch der Sprüche personifiziert wird. Ich glaube, dass dies nicht nur ein literarisches Mittel ist, sondern dass diese Personifizierung der Weisheit uns auch vorbereitet auf die Inkarnation der Weisheit in der Person unseres Herrn Jesus Christus. Beachten Sie die verblüffende Ähnlichkeit zwischen der Weisheit im Buch der Sprüche und Jesus im Johannes-Evangelium:

“Der Herr hat mich schon besessen am Beginn Seiner Wege, Vor seinen Werken von alters. Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her, Vom Anfang, von den Vorzeiten der Erde. Als noch keine Wassertiefe war, wurde ich hervorgebracht, Als noch keine Quellen waren, die von Wasser fließen. Bevor die Berge eingesenkt wurden, Vor den Hügeln wurde ich hervorgebracht; Als Er die Erde noch nicht gemacht hatte und nicht die Äcker, Auch nicht den ersten Staub der Welt. Als Er die Himmel bereitete, war ich da, Als Er einen Kreis festsetzte über der Wassertiefe” (Spr 8:22-27).

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieser war im Anfang bei Gott. Alle Dinge kamen durch Ihn ins Dasein, und ohne Ihn kam auch nicht ein Ding ins Dasein (Joh 1:1-3).

Für die Menschen gibt es heute nur zwei Wege, den Weg von Sünde und Tod und den Weg der Erlösung. Der entscheidende Faktor ist unsere Antwort auf die Person und das Werk des Herrn Jesus Christus. Er selbst hat in Anspruch genommen, der einzige Weg in Gottes Himmel zu sein, als Er sagte:

“Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch Mich” (Joh 14:6).

Der Apostel Johannes schrieb im fünften Kapitel seines ersten Briefes:

Und das Zeugnis ist dies, dass Gott uns das ewige Leben gegeben hat, und solches Leben ist in Seinem Sohn. Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. (1.Joh 5:11-12).

Es gibt keine wichtigere Entscheidung, mein Freund, als die, die dein ewiges Schicksal bestimmt. Deine Zukunft in Ewigkeit hängt ab von deiner Antwort auf die Person Jesu Christi. Wie die Weisheit im ersten Kapitel der Sprüche sagt unser Herr, dass du ein Sünder und zur ewigen Zerstörung bestimmt bist. Er kam zur Erde, führte ein schuldloses Leben und starb für deine Sünden am Kreuz von Golgatha, um dir vor Gott ein gerechtes Ansehen zu geben. Wirst du Sein Angebot zur Rettung weise annehmen oder töricht zurückweisen? Die Entscheidung liegt bei dir.

Es gibt nur zwei Arten von Weisheit in dieser Welt, die Weisheit Gottes und die sündhafter Menschen. Von seiner Natur her erscheint dem Menschen Gottes Weisheit töricht, denn in Seiner Weisheit hat Gott die Rettung für den Menschen durch den Tod Seines Sohnes gebracht.

Wo ist der Weise? Wo ist der Schriftgelehrte? Wo ist der Debattierer über dieses Zeitalter? Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht? Denn da in Gottes Weisheit die Welt Gott durch ihre Weisheit nicht erkannt hat, hat es Gott gefallen, durch törichte Predigt die zu retten, die glauben. Denn die Juden bitten um Zeichen und die Griechen suchen nach Weisheit, aber wir predigen den gekreuzigten Christus, für die Juden ein Stolperstein und für die Nicht-Juden eine Torheit, aber für die Berufenen, Juden wie auch Griechen, Christus, die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes. Denn die Torheit Gottes ist weiser als die Menschen und die Schwäche Gottes ist stärker als die Menschen” (1.Kor 1:20-25).

Weisheit ist nicht eine Art, sondern die Art zu leben. Man kann auf keinem anderen Weg in den Himmel gelangen als auf dem Weg der Weisheit, dem Weg unseres Herrn Jesus Christus. Ich bitte Sie dringend, Ihm zu vertrauen für Ihre ewige Erlösung.

Nachdem ich all das gesagt habe, erscheint es mir noch wichtig zu betonen, dass für einen wahren Christen Weisheit ein Lebensweg ist und nicht nur eine einmalige Entscheidung über Jesus Christus. Wir müssen unseren Glauben in Christus setzen, aber wir müssen Ihm auch folgen. Jesus rief Männer zu Sich mit dem Ruf “Folge Mir nach” (vgl. Mat 4:19; 10:38). Die Entscheidung, Christus zu vertrauen, bedeutet auch eine Verpflichtung dazu, dass wir uns von unserem Weg des Bösen abkehren und ein vollkommen neues Leben in Seiner Nachfolge beginnen.

In dem Wunsch, Männer und Frauen zum Glauben an Christus zu bekehren, könnten wir versucht sein, Christi Anspruch zu verwässern. Aber diejenigen, die zu Christus kommen, müssen ebenso vor den Belastungen durch ihre Jüngerschaft gewarnt werden, wie unser Herr die Menschen dazu gedrängt hat, die Kosten für Seine Nachfolge zu berechnen (Luk 9:57-62). Wenn Menschen zu Christus kommen, lassen sie ihr altes Leben vollkommen hinter sich und betreten einen ganz neuen Weg – den Weg der Weisheit.

Manche Christen denken offenbar, das ideale Leben bestehe darin, sich an Christus als den Erlöser zu wenden, dabei wie immer weiterzuleben und mit dem Besten aus beiden Welten schließlich in den Himmel zu kommen. Ich erinnere Sie daran, dass der Weg der Torheit der Weg zu Tod und Zerstörung ist. Auch ein Christ, der grundsätzlich zur Erlösung gekommen ist, kann vom Weg der Weisheit abweichen und auf den Wegen schlechter Menschen gehen. David, beispielsweise, beging Ehebruch und Mord, als er Bathseba nahm und Uriah töten ließ (2.Sam.11). David büßte nicht seine Erlösung ein, aber er musste lernen, dass jeder, der auf dem Weg des Bösen ist, die Folgen der Sünde erleidet. Und die Heiligen in Korinth lernten, dass willentliche Sünde zu Krankheit und Tod führen kann (1.Kor 5:1ff.; 11:27ff.). Wir werden niemals unsere Erlösung verlieren, wenn wir als Christen sündigen, aber wir werden feststellen, dass alle diejenigen, die den Weg der Torheit wählen, auch die Konsequenzen dieser Torheit tragen müssen. Der Weg der Weisheit ist der einzige Weg zum Leben und zum Frieden. Lassen Sie uns darauf gehen.


12 Marilyn Schwartz, “Was unterscheidet die Männer der Familie Nelson von den Jungen.” The Dallas Morning News, 3. Mai 1982, S. 6C.

13 Associated Press, “Groups: Die Gewalt im Fernsehen nimmt zu.” The Dallas Morning News, 11. Mai 1982, S. 11C.

14 “Geh nicht mit ihnen, denn ihre Absicht ist schlecht; geh nicht mit ihnen, denn wenn auch der Vogel flieht vor dem Netz, das vor ihm ausgespannt wird, so wirst Du doch sicher so blind sein und Dir Leid zufügen durch die Schlinge ihrer plumpen Verlockungen.” Franz Delitzsch, Biblischer Kommentar zu den Sprüchen Salomos (Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing Company [Photolithodruck], 1968), It S. 66.

15 “. . . der Vergleich bezieht sich nicht auf die Vergeblichkeit, eine Schlinge vor den Augen eines Vogels auszulegen (der so die Falle sieht und sie meidet), sondern auf Vögel, die, obwohl die Schlinge vor ihrem Blick ausgelegt wird, . . . ” (A Critical and Exegetical Commentary, C. H. Toy, & T. Clark, 1959), S. 17.

16 Die Übersetzung der New International Version weicht hier deutlich ab, meiner Meinung nach ohne guten Grund. Sie übersetzt Vers 23 Wenn ihr auf meine Zurechtweisung gehört hättet, hätte ich mein Herz über euch ausgeschüttet und euch meine Gedanken bekannt gemacht und überträgt so das hebräische Wort für Geist als Herz. Das ist schon schlimm genug, aber sie gibt Vers 23 außerdem so wieder, als sei die Weisheit hier schon abgelehnt worden, was im hebräischen Text erst für den folgenden Vers zutrifft. Alles in Allem sollte man an dieser Stelle von der Übertragung der NIV wohl am besten abgehen.

17 Hier [in den Sprüchen] umfasst die Furcht des Herrn das, was wir heutzutage unter Religion verstehen. Mit der Furcht des Herrn forderten diese Weisen eine religiöse Hingabe im tiefsten Sinne des Wortes. Sie bedeutete schlicht und einfach das, was jedes menschliche Wesen seinem Schöpfer schuldet. Deshalb konnte der Bearbeiter, der das Motto über die erste Sammlung der Sprüche schrieb, mit diesem bestätigen, dass religiöse Hingabe Anfang und Grundprinzip aller Erkenntnis ist. Ohne eine lebendige Beziehung zu Gott war es niemandem möglich, so viel Wissen zu erwerben, dass er die Bezeichnung 'weise' verdient hätte. James L. Crenshaw, Old Testament Wisdom (Atlanta: John Knox Press, 1981), S. 95.

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3. Die zwei Frauen: Madame Torheit und Dame Weisheit (Sprüche 7-9)

Einleitung

Während meiner Zeit als Student am Priesterseminar nahm ich die Gelegenheit wahr, zwei Polizisten als Beobachter zu begleiten. Diese patrouillierten durch ein Viertel mit relativ hoher Kriminalität, eines, in dem zahlreiche Bars und andere Etablissements die sündige Natur des Menschen bedienten. Das größte Rätsel war mir dabei die Art, wie sie zu erkennen schienen, mit wem sie es zu tun hatten. Sie zeigten beispielsweise auf eine junge Frau, die eine Prostituierte sei. Dann identifizierten sie deren Zuhälter. Ich konnte nicht verstehen, wie sie das machten. Es war, als ob diejenigen Namensschilder tragen würden. Wie konnten sie so einfach die Prostituierten von den anderen jungen Frauen um sie herum unterscheiden? Tatsache war, dass sie eine ganze Menge mehr über eine bestimmte Art von Frauen wussten als ich.

In Sprüche 1-9 erzählt uns Salomo sehr ausführlich über zwei unterschiedliche Arten von Frauen: Dame Weisheit und Madame Torheit.18 Aus dem ersten Kapitel der Sprüche haben wir bereits gelernt, dass wir uns vom Weg der schlechten Männer fernhalten müssen; nun werden wir gewarnt, dass auf dem Weg des Bösen auch verführerische Frauen sind. In den Kapiteln 1-9 weiß uns Salomo Vieles zu lehren bezüglich der Unterschiede zwischen den beiden erwähnten Arten von Frauen. Darüber hinaus werden wir feststellen, dass diese zwei Frauen zwei Wege personifizieren, den Weg der Weisheit und den Weg der Torheit. Hören wir also genau auf die Warnung der Sprüche vor der falschen Art von Frauen.

Ein charakterlicher Kontrast

Das herausragende Thema von Sprüche 1-9 ist der Kontrast zwischen Dame Weisheit und Madame Torheit. In jedem dieser einleitenden Kapitel finden wir entweder Madame Torheit (2:16-19; 5:1-14; 6:20-35), Dame Weisheit (1:20-33; 3:13-18; 4:5-9; 8:1-36), oder beide (7:1-4, 5-27; 9:1-6, 13-18). Der Weg der Weisheit wie auch der Weg der Torheit werden durch Frauen personifiziert. Dies erscheint besonders bedeutsam in Anbetracht der Tatsache, dass in den Sprüchen eine Anleitung vom Vater für den Sohn wiedergegeben wird. Wenn es etwas gibt, das ein Vater seinen Sohn lehren sollte, ist es die Art von Frauen, an die er sich halten, und die Art von Frauen, die er meiden sollte. Dame Weisheit und Madame Torheit sind literarische Mittel, um einen jungen Mann auf zwei Ebenen zu belehren, auf der buchstäblichen und auf der bildlichen.

Lassen Sie uns zunächst die Charaktere dieser zwei Frauen gegenüberstellen. Madame Torheit ist keine Prostituierte, sondern eine Ehebrecherin (2:16, New American Standard Bible). Sie verlässt den Gefährten ihrer Jugend (2:17). Wer dumm genug ist, sich mit ihr einzulassen, bekommt es mit einem wütenden Ehemann zu tun (6:29-35). Sie muss ihr Opfer daher beruhigen, dass ihr Mann nicht zu Hause ist und nicht so bald zurückkehren wird (7:19-20).

Madame Torheit ist gottlos und unmoralisch. Sie vergisst den Bund ihres Gottes (2:17). Oft wird sie eine fremdländische Frau genannt (2:16, NASB, Randnote), so dass sie wohl eher einer heidnischen Religion zuneigt als einem lebendigen Glauben an den Gott Israels. Derselbe Ausdruck fremdländische Frau taucht auch in 1. Könige 11:1 auf, bei den fremdländischen Frauen, die Salomo heiratete und die sein Herz vom Herrn abwandten. Madame Torheit ist unvernünftig und einfältig (9:13). Sie denkt nicht über ihren eigenen Weg nach, noch über die Tatsache, dass dieser Andere zum Tode führen kann. Sie schämt sich ihrer Sünden nicht: (4:6)

So ist der Weg einer ehebrecherischen Frau: Sie isst und wischt sich den Mund ab und sagt: Ich habe nichts Unrechtes getan. (Spr 30:20).

Dem gegenüber wird die Weisheit personifiziert als eine Jungfrau, an die ein weiser Sohn sich halten und zu der er ein angemessenes und doch enges Verhältnis suchen sollte. Während ein junger Mann Madame Torheit aus dem Weg gehen sollte, sollte er der Weisheit nachstellen wie einer Frau, die bald seine Braut werden wird.

Sie ist kostbarer als Juwelen, und Alles, was du wünschen magst, kann ihr nicht gleichkommen (3:15).

Verlasse sie nicht, und sie wird dich bewahren; Liebe sie, und sie wird dich behüten. Der Weisheit Anfang ist: Erwirb Weisheit, Und mit Allem, was du erwirbst, erwirb Einsicht. Schätze sie hoch, und sie wird dich erhöhen; Sie wird dich ehren, wenn du sie umarmst (4:6-8).

Sprich zur Weisheit: Du bist meine Schwester.19 Und nenne die Einsicht deine Busenfreundin (7:4).

So wie Madame Torheit gottlos ist, ist Dame Weisheit gottähnlich. Die Weisheit, wie sie in den Sprüchen dargestellt wird, ist keine abstraktes Ding, sondern eine Person. Sie bietet den Menschen ihren Geist an (1:23). Sie behütet Menschen und bewahrt sie vor dem Weg des Todes (1:33; 2:16ff.; 4:6-9). In Vers 3:18 wird sie ein Baum des Lebens genannt, ein Ausdruck, der uns vom Garten Eden (Gen 2:9; 3:22) und vom Paradies in Offenbarung 22:2 her bekannt ist. In Sprüche 3:19-20 und 8:22-31 wird die Weisheit als ewig beschrieben und als Eine, die an der Schöpfung der Welt teilhatte. Es geht vielleicht zu weit zu sagen, wir könnten aus dieser Beschreibung der Weisheit dogmatisch schließen, dass sie sich auf den Herrn Jesus Christus bezieht. Aber sie lässt sicherlich Raum für eine solche Gleichsetzung. Meiner Meinung nach sind die Ähnlichkeiten hier mehr als zufällig.

Die Weisheit wie auch die Torheit werden portraitiert als jemand, der die Männer verfolgt und sie drängt, auf seinem Weg zu gehen. Madame Torheit ruft zu denen, die vorüber gehen, zu denen, die ihre Wege gerade machen (9:16), aber ganz besonders ist sie hinter den Einfältigen her, denn diese sind am anfälligsten und werden ihr wahrscheinlich folgen (7:6ff.). Auch die Weisheit ruft zu den Einfältigen und den Toren und drängt sie, ihre Torheit aufzugeben und dem Weg der Rechtschaffenheit und Weisheit zu folgen (1:22ff.; 8:4-5; 9:4).

Dame Weisheit und Madame Torheit mögen wohl die gleichen Männer verfolgen, doch ihre Botschaft und ihre Methoden unterscheiden sich gravierend. Dame Weisheit warnt die Menschen vor dem Tod und der Vernichtung, denen alle, die auf dem Weg der Torheit bleiben, anheim fallen werden (1:24ff.). Sie erzählt den Menschen nicht das, was sie hören wollen, sondern das, was sie hören müssen, wenn sie vor dem Tode bewahrt werden wollen. Dame Weisheit spricht geradeheraus und sie spricht von den vornehmen Dingen (8:6-8). Sie bietet ihre Lehren und Gebote an (7:1-2), wie auch Ratschlag und fundierte Weisheit (8:14). Sie verspricht Sicherheit (1:33), Frieden, Langlebigkeit, Reichtum und Ehre (3:16-17) und, Allem voran, Leben (3:18).20

Madame Torheit verschwendet keinen Gedanken an ihr eigenes Schicksal (5:6; 9:13), noch weist sie die Menschen darauf hin, dass ihr Weg unweigerlich zum Tode führt (2:18-19; 6:26; 7:22-23; 9:18). Wenn Dame Weisheit das Geistige im Menschen anspricht, so stimuliert Madame Torheit die sinnlichen Bedürfnisse des Einfältigen. Sie kleidet sich verführerisch (7:10) und spricht erotisch von ihrem Bett mit Gewürzen und teuren Decken (7:16-17). Sie bietet an, ihr Opfer mit Liebe zu sättigen.

Madame Torheit hat zwar äußerlich einige Schönheit zu bieten, ich bin mir aber nicht sicher, dass sie wirklich so schön ist, wie wir annehmen könnten. In Sprüche 2:17 wird uns gesagt, dass sie den Gefährten ihrer Jugend verlässt. Sie ist also offenbar eine Frau, die schon etliche Jahre verheiratet ist. Vielleicht bedeckt Makeup ihre Falten, und ihr seidiges schwarzes Haar ist das Resultat einer Färbung, mit der sie die grauen Haare zudeckt, die mit dem Alter kommen.

Ob sie mir zustimmen oder nicht, dass Madame Torheit doch nicht ganz so jung und schön ist – ich will zugeben, dass sie eine gewisse äußerliche Schönheit besitzt (6:25). Aber ihre Hauptwaffe ist nicht die Schönheit, es ist ihre Zunge.

Denn die Lippen der Ehebrecherin träufeln von Honig, Und glatter als Öl ist ihre Sprache; Aber am Ende ist sie bitter wie Wermut, Scharf wie ein zweischneidiges Schwert (5:3-4; vgl. auch 2:16; 7:5; 22:14).

Das Einzige, was Madame Torheit besser beherrscht als irgend jemand sonst, ist ihrem Opfer zu schmeicheln. Es gibt eine Art Sprichwort: Liebe geht durch den Magen. Madame Torheit weiß das, und eine Einladung zum Abendessen ist Teil ihrer trickreichen Verführung (7:14). Der beste Weg aber, einen Mann zu entwaffnen, besteht darin, an sein Ego zu appellieren, und Madame Torheit spricht den jungen Mann mit den folgenden Worten an:

Darum bin ich ausgegangen, dir entgegen, um deine Gegenwart zu suchen, und ich habe dich gefunden (7:15).

In Wahrheit war Madame Torheit auf der Suche nach irgendeinem Mann, der töricht genug wäre, ihren Annäherungsversuchen nachzugeben. Aber sie vermittelt diesem jungen Mann den Eindruck, dass von allen Männern, die sie haben könnte, er derjenige ist, den sie wirklich begehrt.

Meine persönliche Meinung ist, dass das männliche Ego hauptsächlich dafür verantwortlich ist, wenn ein Mann Bereitschaft zu unmoralischem Verhalten entwickelt. Auf Frauen mag das genauso zutreffen. Allerdings glaube ich damit nicht, dass Schmeichelei die beste Art ist, seinen Ehepartner an sich zu binden. Schmeichelei wird in den Sprüchen immer verurteilt (vgl. 26:28; 28:23; 29:5). Was ich glaube ist, dass es gesund und weise ist, unserer Wertschätzung für die positiven Eigenschaften des Ehepartners Ausdruck zu verleihen. Wer, wenn nicht der Ehemann einer tüchtigen Frau, sollte sie sonst an den Toren preisen (31:31)?

Eines der bemerkenswerten Dinge an Madame Torheit ist, dass auch sie geschickt ist im Umgang mit Sprichworten. Wenn sie ihre Beute verführen will, zitiert sie den Spruch:

Gestohlenes Wasser ist süß; Und heimlich gegessenes Brot ist lieblich (9:17).

Während Dame Weisheit reine Wahrheit spricht, proklamiert Madame Torheit dreist die Unvernunft. Sie entschuldigt die Sünde nicht, noch sucht sie Ausreden dafür. Tatsächlich stellt sie die Sünde sogar offen zur Schau, denn gerade die Tatsache, dass ein Verhältnis mit ihr unerlaubt ist, macht es ja so reizvoll. Gestohlenes Wasser, so legt sie uns nahe, ist süßer als vom eigenen Brunnen zu trinken (vgl. 5:15). Gerade die Sündhaftigkeit ist das Aufregende für den Unvernünftigen, und sie hat keine Hemmungen, daraus Kapital zu schlagen.

Auf Madison Avenue kann Madame Torheit nichts mehr lernen. Sie weiß schon, dass Werbung sich lohnt. Ihre Methoden unterscheiden sich von denen der geschicktesten Werbeagenturen in keiner Weise und sind ihnen auch kein bisschen unterlegen. Im Kern appelliert sie an die fleischlichen Bedürfnisse ihres Opfers. Sie stellt ihm ein üppiges Mahl in Aussicht und eine sexuelle Erfahrung, die seine wildesten Phantasien wahrmacht. Sie versichert ihm, dass keine Gefahr besteht, erwischt zu werden. Sie betont momentanes, kurzlebiges Vergnügen und bagatellisiert die langfristigen Konsequenzen.

Haben Sie einmal bewusst die Werbung der letzten Zeit auf Plakatwänden und im Fernsehen analysiert? Alles, vom Deodorant bis zum Geschirrspülmittel, wird von Frauen verkauft, die, in sinnliche Gewänder gekleidet, unsere tiefsten Gelüste ansprechen. Wir werden ermutigt, unsere Bedürfnisse jetzt zu befriedigen und nicht bis später damit zu warten. Wir bekommen kleine Karten aus Plastik, damit wir nicht länger auf all das warten müssen, was wir uns wünschen, und wir werden nicht mehr dazu gebracht darüber nachzudenken, dass wir am Ende Monat für Monat etwas abzahlen werden, was wir eigentlich gar nicht gebraucht hätten. Madison Avenue und Madame Torheit wollen uns leben lassen, als gäbe es kein Morgen. Sie bieten uns einen kurzfristigen Rausch, für den wir langfristig schmerzhaft bezahlen müssen.

Wenn wir diese zwei Frauen, Dame Weisheit und Madame Torheit, zum Nennwert nehmen, können wir daraus eine Lektion lernen: die vordringliche Wichtigkeit sexueller Reinheit. Salomo wusste, dass es nur wenige größere Gefahren gibt als die sexuelle Unreinheit. Er und die anderen Schreiber der Sprüche hatten viel zu diesem Thema zu sagen, und wir wissen, dass das auch der Grund war für den Niedergang Salomos (1.Kö 11:1ff.) und seines Vaters David (2.Sa 11). Fremdländische Frauen wurden zum Fallstrick für Samson (Ri 14-16) und für das Volk Israel (Num 25:1ff.). Sexuelle Reinheit hat Priorität für den, der gottgefällig und weise sein möchte.

Die Sprüche erinnern uns Eltern daran, dass wir nicht prüde sein sollten, wenn es darum geht, unsere Kinder offen über die Gefahren sexueller Sünde aufzuklären. Über Sex spricht man offen und doch diskret. Wenn wir etwas dagegen haben, dass unsere Kinder auf der Straße oder in der Schule aufgeklärt werden, sollten wir sicherstellen, dass wir so vorgehen, wie es der weise Vater tat, der seinen Sohn lehrte, um welche Frauen er sich bemühen und welche Frauen er meiden sollte.

Ich bin Vater von fünf Töchtern. Ich habe keinen Sohn, der eine solche Warnung brauchte, aber die Lehren aus den Sprüchen betreffen ganz genauso meine Töchter. So wie die Sprüche einen jungen Mann instruieren, um welche Frauen er sich bemühen und welche er meiden sollte, so lehren sie auch meine Töchter, welche Art von Frau zu sein sie durch Gottes Gnade anstreben sollen. Die Welt unterstützt das Vorbild der Madame Torheit: Populäre Filmstars, glamouröse Models, die Frauen in der Werbung – genau das sind diejenigen, deren moralische Einstellung sündig ist und deren Schlichen und Schmeicheleien denen von Madame Torheit gleichen. Man macht den Mädchen weis, dass sie Bestätigung finden können, wenn sie ihren Körper zur Schau stellen, provozierende Kleidung tragen, sinnliches Parfüm oder Lidschatten auftragen, und so fort. Die gottgefällige Frau, Dame Weisheit, ist nicht gerade ein Vorbild, mit dem unsere jungen Frauen vertraut sind, und es klingt fremd in unseren Ohren, wenn wir die Worte aus Kapitel 31 lesen:

Anmut ist Trug und Schönheit ist nichtig, Aber eine Frau, die den Herrn fürchtet, soll gepriesen sein (31:30).

Für jeden Mann und für jede Frau, die Gottgefälligkeit anstreben, ist es von Nutzen, sich mit Dame Weisheit und Madame Torheit zu beschäftigen. Frauen werden dadurch gemahnt, nicht zum geistlichen Straucheln eines Bruders in Christus beizutragen. Christliche Frauen werden angewiesen, sich nicht um äußerliche Zier zu sorgen, sondern um den inneren Charakter (1.Tim 2:9-10; 1.Pe 3:1-6). Wenn Christinnen nicht auf ihre Kleidung und ihr Benehmen achten, können sie einen Bruder in Christus zur Sünde in Gedanken und in Taten verführen.

Das Buch der Sprüche ist aber auch eine notwendige Lektüre für Männer, die gottgefällig und frei von Unmoral zu sein anstreben. Die Sprüche lobpreisen die Weisheit und machen uns nicht nur die Gefährlichkeit der Madame Torheit bewusst, sondern auch den Wert einer gottgefälligen Ehefrau (18:22; 19:14; 31:10-31). Wir werden ermutigt, sexuelle Befriedigung in der Reinheit einer ehelichen Vereinigung zu finden (5:15-23). Und wann immer wir feststellen, dass ein unmoralischer Gedanke in uns auftaucht, sollten wir ernsthaft darüber nachdenken, was uns die Sprüche über das unausweichliche Ende der Unmoral – nämlich Schande, Ausschweifung und Tod – sagen (2:18-19; 5:7-14).

Die zwei Frauen entsprechen zwei Wegen

Dame Weisheit und Madame Torheit erteilen uns wertvolle Lektionen auf dem Gebiet von Sex und Ehe, aber ich glaube, sie lehren uns viel mehr als das. Sie unterweisen uns nicht nur über zwei Arten von Frauen, sondern sie personifizieren auch zwei Arten zu leben – den Weg der Weisheit und den Weg der Torheit. Ich werde jetzt versuchen, fünf Argumente aufzuzeigen, aus denen für den Leser der Sprüche hervorgeht, dass Dame Weisheit und Madame Torheit diese zwei Arten zu leben darstellen sollen.

1. SOWOHL DAME WEISHEIT ALS AUCH MADAME TORHEIT WERDEN IN DEN SPRÜCHEN ALS WEGE BEZEICHNET. Im ersten Kapitel warnt die Weisheit diejenigen, die sie ablehnen, dass sie übersättigt von den Früchten ihres eigenen Weges werden (Vers 31). In Kapitel 2 wird von der Weisheit gesagt, dass sie einen Mann vom Weg des Bösen abhält (Vers 12), und das wird in den folgenden Versen weiter ausgeführt. Der Weg des Bösen ist der Weg der schlechten Männer (Vers 12b-15) und der Weg der ehebrecherischen Frau (Vers 16-22). In den Versen 12-22 findet man achtmal die Worte Weg oder Pfad, die die Tatsache betonen, dass der Weg des Bösen der Weg niederträchtiger Frauen und gewalttätiger Männer ist. Wiederholt werden im ersten Kapitel der Sprüche sowohl die Weisheit als auch die Torheit als Wege beschrieben (vgl. auch 3:31; 4:11,14; 5:21; 6:23; 7:24-27; 8:13,20; 9:6,15). Die Schlussfolgerung daraus muss sein, dass Dame Weisheit und Madame Torheit nicht einfach Frauen darstellen: sie personifizieren zwei Wege, den Weg der Weisheit und den Weg der Torheit.

2. DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DAME WEISHEIT UND MADAME TORHEIT IST EIGENTLICH NICHT DER ZWISCHEN EINER GUTEN UND EINER SCHLECHTEN EHEFRAU. Dame Weisheit entspricht derjenigen Art von Frauen, mit denen ein junger Mann eine Ehe anstreben sollte, und Madame Torheit der Art von Frauen, mit denen ein junger Mann sich nicht einlassen sollte. Und doch liegt beim Unterschied zwischen den beiden Frauen die Betonung nicht auf dem Gebiet von Sex und Ehe. An anderer Stelle im Buch der Sprüche wird die falsche (vgl. 19:13; 30:23) ebenso wie die tüchtige Ehefrau (31:10-31) beschrieben, aber hier stellt Salomo nicht einfach zwei Arten von Frauen gegenüber, um deren Hand man anhalten könnte. Ich möchte argumentieren, dass die Eine zu erwählen und die Andere zurückzuweisen nicht zu einer guten oder schlechten Ehe führt, sondern zum Leben oder Tod. Das ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir hier zwar viel über die richtige Ehefrau lernen können, das aber nicht die vorrangige Lektion für uns ist.

3. ES GIBT NICHT NUR ZWEI ARTEN VON FRAUEN. Wenn Salomo uns über Frauen belehren wollte, müsste er viel mehr Arten von Frauen beschreiben als nur zwei. Ich hörte Bill Gothard einmal sagen, dass in den Sprüchen immer die Frau die Aggressive, die Verführende sei, und ich hatte damals den Eindruck, Bill folgerte daraus, dass es im Leben immer so wäre. Das glaube ich nicht. Die Untreue, die ich bisher unerfreulicherweise in christlichen und nicht-christlichen Ehen erleben musste, ging meistens nicht von der Frau aus, sondern vom Mann. Ich glaube nicht, dass Salomo uns aus seinen Worten folgern lassen wollte, es sei meistens die Frau, die den Mann verführt. Vielmehr glaube ich, dass in den Sprüchen Madame Torheit als Aggressor dargestellt wird, weil sie den Weg des Bösen personifiziert. Wenn auch nicht alle Frauen versuchen, Männer zu verführen, so sucht doch Satan aggressiv die Menschen von Gott fort und auf den Weg des Bösen zu ziehen. Mit anderen Worten, die Verführerin in den Sprüchen ist eine Frau, weil eine Frau, Madame Torheit, die Sünde personifiziert.

4. IN DEN SPRÜCHEN WIRD ÜBER DAME WEISHEIT UND MADAME TORHEIT IN BILDERN GESPROCHEN. Jeder, der die Sprüche als Weisheitsliteratur liest, erkennt, dass Vieles von dem, was darin gesagt wird, nicht wörtlich sondern bildlich zu verstehen ist. In Vers 9:1-6 wird Dame Weisheit beispielsweise als eine tüchtige und fleißige Frau beschrieben, die ihr eigenes Haus gebaut, ein Festmahl vorbereitet und ihre Mägde ausgesandt hat, um Menschen zum Essen einzuladen. Wenige Menschen würden wohl darauf bestehen, dass man diese Passage wörtlich nehmen sollte und dass die Weisheit wirklich die Menschen mit Essen versorgen will. Das Festmahl ist ein Bild, eine Metapher, die den reichen Ertrag dessen illustriert, was die Weisheit zu bieten hat, und dazu auch die umfassende Einladung an die Menschen, diesen Ertrag zu sich zu nehmen. Warum befinden wir es dann für nötig, das Bett von Madame Torheit immer wortwörtlich zu verstehen, wenn wir das Festmahl bildlich nehmen? Wir müssen das Bett der Madame Torheit zwar meiden – aber ist das Alles, was der Weg des Bösen zu bieten hat? Ich denke, nicht. Das Bett der Unmoral muss gemieden werden, aber es gibt neben dem Ehebruch noch viele andere Erscheinungsformen des Schlechten.

5. NICHT ALLE AUF DEM WEG DER TORHEIT SIND GEWALTTÄTIGE MÄNNER. Im ersten Kapitel der Sprüche malt Salomo für den Leser die zwei Wege zu leben aus. Der Weg des Bösen wird dabei in Vers 10-14 mit dem Bild der niederträchtigen und gewalttätigen Männer beschrieben. Die meisten werden mir wohl zustimmen, wenn ich sage, dass Gewalt eine Möglichkeit des Bösen ist, mit der wir fertig werden müssen, aber dass die Mehrheit derjenigen, die den Weg der Weisheit abgelehnt haben, nicht mit den Begriffen aus Vers 10-14 beschrieben werden kann. Aus Sprüche 2 lernen wir dann, dass der Weg des Bösen uns auf zwei Arten gefährlich werden kann: erstens als Weg niederträchtiger Männer (Vers 12-15), zweitens aber auch in den Schlichen der Madame Torheit (Vers 16-22). Deshalb möchte ich vorschlagen, dass man Madame Torheit am besten als den personifizierten Weg der Torheit versteht.

Das bedeutet nicht weniger, als dass Madame Torheit die beste Metapher für die Botschaft und die Methoden darstellt, die Satan meistens zur Täuschung und Vernichtung der Menschen einsetzt, die nicht den Weg der Weisheit gewählt haben. Ebenso wie Madame Torheit wird Satan unsere sinnlichen Bedürfnisse ansprechen und so darauf hinarbeiten, dass der Kelch der Leidenschaften und Sehnsüchte immer bis zum Rand gefüllt ist. Er wird die Attraktivität eines momentanen Vergnügens zu zeigen suchen und gleichzeitig die unausweichlichen Folgen davon verharmlosen. Er wird unsere Neigung unterstützen, Gottes Gebot zu missachten und die Weisheit zurückzuweisen, indem er betont, wie anregend und spannend es ist zu sündigen. Im Endeffekt aber wird Satan die Menschen dadurch auf eben dem Weg der Vernichtung halten, den er selber verfolgt; und die ihm folgen – wie auch die, die Madame Torheit folgen – werden die gleichen Konsequenzen zu spüren bekommen wie ihr Führer.

Madame Torheit ist nicht einfach eine verführerische Frau, noch eine allgemein unmoralische Frau – sie personifiziert ein System, durch das Männer und Frauen auf dem Weg der Vernichtung geführt werden. Diejenigen auf dem Pfad der Torheit rauben nicht unbedingt unschuldige Opfer aus oder verletzen absichtlich andere Menschen (1:10-14); aber sie haben sich doch dazu entschieden, den Weg der Weisheit zu verwerfen. Sie haben sich entschieden, einem Weg zu folgen, der Vergnügen für den Augenblick verspricht, und die Zukunft dabei außer Acht zu lassen.

Im Kolosserbrief warnt Paulus die Gemeinschaft der Heiligen davor, gefangen zu werden durch die Philosophie und durch leere Täuschung, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den elementaren Prinzipien der Welt, und nicht gemäß Christus (Kol 2:8). Dieses System ist zunächst und vor Allem deshalb falsch, weil es Christus ablehnt, in dem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind (Kol 2:3). Es befürwortet zwar nicht offen Habgier und Gewalttätigkeit, es fördert noch nicht einmal die Unmoral. Nein, in diesem Falle versucht das ehebrecherische System, menschliche Gerechtigkeit auf Askese und Selbstverleugnung zu gründen (Kol 2:20-23):

Wenn ihr nun mit Christus zusammen den elementaren Prinzipien der Welt gegenüber abgestorben seid, warum unterwerft ihr euch dann, als ob ihr weiterhin in der Welt leben würdet, Verordnungen wie Fasse dies nicht an, koste das nicht, berühre das nicht! (die sich doch alle auf Dinge beziehen, die zur Vernichtung durch den Verbrauch bestimmt sind) gemäß den Geboten und Lehren von Menschen? Dies sind Dinge, die sicherlich einen Anschein von Weisheit haben in selbstgewählter Frömmigkeit und Selbsterniedrigung und strenger Behandlung des Leibes, aber sie haben keinen Wert im Kampf gegen die Hingabe an fleischliches Verlangen (Kol 2:20-23).

Satan kümmert es nicht, auf welcher Spur sich jemand auf der Autobahn zur Vernichtung befindet. Einige werden die Spur von Habgier und Gewalttätigkeit wählen, andere möglicherweise die von Selbstverleugnung und Askese. Einige wird Satan offen zur Sünde verführen, während er andere mit übermäßig strengen Regeln und Vorschriften täuscht (vgl. 1.Tim 4:1-5). Das Unterscheidungsmerkmal für den Weg der Torheit ist, dass dieser mit der Ablehnung Gottes beginnt, mit der Weigerung, den Herrn zu fürchten (Spr 1:7,29). Satan lässt den Menschen sehr viel Spielraum bei der Gestaltung des Weges, auf dem sie zur Hölle fahren. Es ist ihm egal, wie man lebt, solange man in seinem Leben auf sich selbst statt auf Gott vertraut und seinen eigenen Weg geht statt den engen Pfad der Weisheit.

Keine Entscheidung in deinem Leben ist wichtiger als die Wahl, wem du folgen willst: Willst du der Dame Weisheit folgen oder der Madame Torheit? Wirst du dich entscheiden, dich Jesus Christus zu unterwerfen oder Satan zu folgen? Der Weg der Weisheit ist der Weg des Glaubens. Dazu gehört das Vertrauen darauf, dass Gott Sein Wort hält, dass Er dich in Ewigkeit erlösen und segnen will. Der Weg der Weisheit erfordert es, dass du das Vertrauen in dich selbst aufgibst und nur auf Jesus Christus für dein ewiges Leben vertraust (Spr 3:5-6; Joh 14.6). Der Weg der Weisheit erfordert Disziplin und Selbstverleugnung; aber er wird dir Frieden, Sicherheit und ewiges Leben bringen.

Kapitel 11 des Hebräerbriefes ist als Glaubens-Halle bezeichnet worden. Mitglieder der Glaubens-Halle – Männer und Frauen – sind die, die sich entschieden haben, in der Gegenwart Leid zu auf sich zu nehmen und ihren Lohn in der Zukunft zu erwarten:

Durch Glauben wollte Moses, als er erwachsen geworden war, nicht mehr der Sohn der Tochter Pharaos genannt werden; sondern er wollte lieber mit dem Volk Gottes schlecht behandelt werden als die vergänglichen Annehmlichkeiten der Sünde zu genießen; und achtete die Schmach Christi als größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens, denn er richtete den Blick auf die Belohnung hin (Heb 11:24-26).

Wie die Dame Weisheit ruft Jesus Christus dich an, dass du deinen schlechten Weg verlassen und Ihm folgen mögest. Wirst du weiterhin nur den Genuss des Augenblicks suchen, oder wirst du den Weg der Gerechtigkeit und des Friedens wählen, der zur ewigen Erlösung führt? Jesus Christus ist dieser Weg (Joh 14:6). Durch den Glauben an Ihn darfst du den Weg betreten, der zum Leben führt.

Christlicher Freund, Madame Torheit kreuzt oft unseren Weg und ruft zu denen, die ihre Wege gerade machen (Spr 9:15). Sie wird unsere Aufmerksamkeit auf die vergänglichen Annehmlichkeiten der Sünde richten und die damit verbundenen Konsequenzen verharmlosen. Sie wird uns drängen, nicht an die Zukunft zu denken und nur für den Augenblick zu leben. Wir dürfen nicht auf sie hören, denn wir sind nur Fremde und Pilger auf der Erde:

Geliebte, ich ermahne euch als Fremdlinge und Pilgrime, euch der fleischlichen Lüste zu enthalten, die doch mit der Seele im Streit liegen (1.Pe 2:11).


18 Die Titel “Dame Weisheit” and “Madam Torheit” habe ich entnommen aus James L. Crenshaw, Old Testament Wisdom (Atlanta: John Knox Press, 1981), S. 72.

19 Das hebräische Wort, das hier als Schwester wiedergegeben wird, wird im Hohen Lied (4:9,10,12; 5:1,2) im Sinne von Geliebte gebraucht. Auch hier scheint es diesen Unterton zu haben. Dem entsprechend wird der junge Mann angehalten, die Weisheit als ein Liebender und intimer Freund zu verfolgen, in gesundem Gegensatz zu Madam Torheit.

20 Leben und Tod waren zwar Begriffe, die sich primär auf irdische Segnungen oder Notlagen bezogen, man kann aber zumindest implizieren, dass es Leben und Tod auch jenseits des Grabes gebe. Nach einer aufschlussreichen Diskussion über Leben und Tod schlussfolgert Kidner: Ein Leben nach dem Tode liegt jenseits des Horizonts der Sprüche … Aber es gibt zwei Aussagen über den natürlichen Tod, die doch auf eine gewisse Hoffnung oder ein Vertrauen aufmerksam machen, das der Böse an diesem Punkt verwirkt (11:7, wenn ein schlechter Mensch stirbt, geht seine Hoffnung zugrunde) und der Gute sich erhält (14:32, ..., aber der Gerechte hat Hoffnung in seinem Tode). Erst durch spätere Offenbarungen sollten diese Andeutungen weiter ausgefüllt werden; bis dahin inspirierte die bloße Versicherung, dass jemandes Mühen nicht umsonst im Herrn waren, eine Hoffnung, die am Ende eine vollständige Erfüllung suchen und finden sollte. Derek Kidner, The Proverbs (Chicago: Inter-Varsity Press, 1964), S. 56.

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4. Junker Einfalt wird verführt (Sprüche 7:1-27)

Einleitung

Es ist ein großer Unterschied, ob jemand einfältig ist oder dumm. Für die meisten von uns wird das Wort einfältig die Assoziation eines nahezu Schwachsinnigen wecken, oder, wie man so sagt, eines etwas unterbelichteten Menschen. Aber das ist es nicht, was der Begriff einfältig im Buch der Sprüche sagen will. Einfältig zu sein ist ein Entwicklungsstadium jedes Menschen, ganz entsprechend dem Heranwachsen eines Jugendlichen. Ebenso, wie man die Pubertät durchmacht, muss jeder eine einfältige Phase im Leben durchmachen. Andererseits ist Einfältigkeit auch eine sehr gefährliche Zeit im Leben, weil Einfältige sehr verletzlich und leichtgläubig sind. Außerdem ist Einfältigkeit nur einen Schritt von der Dummheit entfernt, und so muss dieser kritische Lebensabschnitt mit Vorsicht gelebt werden. Diejenigen unter uns, die diesen Punkt schon hinter sich gebracht haben, haben jetzt vielleicht Kinder, die in die entsprechende Kategorie fallen – aber selbst wenn das nicht der Fall ist, müssen wir doch mit denen umgehen können, die einfältig sind. Daher müssen wir alle genau auf die Worte der Sprüche hören, die uns den Zustand der Einfältigkeit wie auch seine Behandlung darlegen.

Unser Studium des Einfältigen beginnt mit einer Analyse derjenigen Passagen in den Sprüchen, die die Charakterzüge des Einfältigen, die daraus entstehenden Folgen und die Heilung von der Einfältigkeit beschreiben. Dann werden wir die Fallbeschreibung eines Einfältigen im Kapitel 7 der Sprüche betrachten und versuchen, daraus spezifische Grundlagen für einen effektiveren Umgang mit einfältigen Menschen zu entwickeln. Ich werde außerdem versuchen zu zeigen, dass es nicht die Einfältigkeit als solche war, die zum Fall des Einfältigen in Sprüche 7 führte. Ich glaube vielmehr, dass alle Männer prinzipiell auf die gleiche Art straucheln können wie der Einfältige in dieser Episode, und daher kann dieser Abschnitt uns allen eine Lektion darüber erteilen, wie wir unnötigen Versuchungen und den verheerenden Folgen der Sünde aus dem Weg gehen können.

Charakteristika der Einfalt

Einfalt gehört zur Jugend dazu.

Einfältig zu sein ist wie Pickel zu haben – beides kommt mit der Pubertät. Fast automatisch gehen wir davon aus, dass ein Einfältiger jung ist, und etliche Parallelismen in den Sprüchen legen nahe, dass Einfalt und Jugend praktisch gleichzusetzen sind:

Um dem Unerfahrenen [wörtlich: dem Einfältigen] Klugheit zu geben, Und der Jugend Erkenntnis und Unterscheidungsvermögen (1:4).

Und ich sah unter den Unverständigen [wörtlich: den Einfältigen] Und machte unter den Jugendlichen Einen jungen Mann aus, dem es an Einsicht fehlte (7:7).

Wenn es aber wahr ist, dass Einfalt eine Krankheit der Jugend ist, sind daraus einige bemerkenswerte Schlussfolgerungen zu ziehen:

1. EINFÄLTIG ZU SEIN IST KEINE SÜNDE, SONDERN EINE BESTIMMTE PHASE WÄHREND DES HERANWACHSENS ZUR REIFE. Jeder geht durch das Stadium der Einfalt, genauso, wie jeder die Pubertät durchmacht. Es ist ebenso wenig eine Sünde, einfältig zu sein, wie unreif zu sein.

Im dritten Kapitel des ersten Korintherbriefes schreibt Paulus an die fleischlichen Heiligen der korinthischen Gemeinde. Unmittelbar nach ihrer Bekehrung wurden diese Heiligen von Paulus als Menschen im Fleisch und als junge Kinder angesprochen (1.Kor 3;2), und als Solche konnten sie nur mit Milch und nicht mit festen Speisen fertig werden. Dieses Stadium der Unreife wurde nicht verdammt, denn es war ja nichts Anderes zu erwarten. Aber jetzt schreibt Paulus ihnen etliche Zeit später, und ihre Unreife ist inzwischen zur Fleischlichkeit geworden – zu einer bewussten Ignoranz und Unüberlegtheit. Es war zwar nicht falsch, im Fleisch (junge Kinder) zu sein, aber es ist eine Sünde, fleischlich (den fleischlichen Bedürfnissen verhaftet) zu sein. Was als Unreife beginnt, kann zur Fleischlichkeit werden. Aber in der Regel sind die Einfältigen in den Sprüchen schlicht unreif.

2. EINFALT IST EIN ENTWICKLUNGSABSCHNITT; ABER MAN KANN EBENSOWENIG EINFÄLTIG BLEIBEN, WIE MAN EIN JUGENDLICHER BLEIBEN KANN. So wie die jungen Kinder in Korinth entweder reif oder absichtlich fleischlich werden mussten, so muss auch der Einfältige sich entscheiden, ob er ein Weiser werden will oder ein Narr. Als Lebensabschnitt geht die Einfalt vorüber und muss durch etwas Anderes ersetzt werden. Niemand kann einfältig bleiben.

3. NICHT DIE ZEIT, SONDERN EINE BEWUSSTE WAHL HEILT VON DER EINFALT. Der Sohn, der in Kapitel 1 durch seinen Vater unterwiesen wird, ist, denke ich, einfältig; aber sein Vater ist sich der Tatsache bewusst, dass dieser Bursche jetzt die Entscheidung treffen muss, ob er den Weg der Weisheit gehen oder den schlechten Männern (und niederträchtigen Frauen) auf dem Weg der Torheit folgen will. Diese Entwicklung erfolgt nicht durch die Zeit allein, sondern nur durch eine bewusste Entscheidung (1:10,15,22-23). Weisheit entwickelt sich nicht als ein Produkt aus Zeit und Zufall; sie kommt aus dem Vorsatz, der Torheit abzusagen und die Weisheit als einen wertvollen Schatz zu suchen.

4. EINFALT IST ZWAR NORMALERWEISE EINE KRANKHEIT DER JUNGEND, ABER JEDES ALTER HAT SEINE SCHWÄCHEN. Glauben Sie ja nicht, dass alle Gefahren vorüber sind, sobald Sie einmal alle Fallstricke der Jugend heil überstanden haben. Madame Torheit hat eine Versuchung für jedes Alter in ihrer Trickkiste. Paulus warnt Timotheus vor den Gefahren der Jugend (vgl. 1.Tim 4:12; 5:1-2; 6:11), aber er hat genauso auch Anweisungen für die älteren Heiligen (vgl. Tit 2:2-5). Heutzutage ist uns die so genannte Midlife-Krise geläufig, und sie kann auch zur Erklärung von Davids Fall in die Unmoral beitragen (2.Sam 11). Aus der Versuchung werden wir niemals herauswachsen; Einfalt aber ist wohl in der Tat eine Krankheit der Jugend.

5. EINFALT IST EIN GEFAHRVOLLER ZUSTAND. Dreierlei Dinge tragen zu den großen Gefahren bei, denen der Einfältige gegenüber steht:

  • DEN EINFÄLTIGEN MANGELT ES AUF WESENTLICHEN GEBIETEN: Es fehlt ihnen an Weisheit (Ps 19:7), an Erkenntnis und Unterscheidungsvermögen (Spr 1:4), an Verständnis (Ps 119:130; Spr 9:4,16) und an Einsicht (Spr 7:7). Darüber hinaus fehlt den Einfältigen die Fähigkeit, das was Andere ihnen erzählen, kritisch zu analysieren; mit anderen Worten: sie sind leichtgläubig:

Der Unerfahrene glaubt Alles, Aber der kluge Mann bedenkt seine Schritte (14:15).

Der Kluge sieht das Böse und verbirgt sich, Aber der Unerfahrene geht weiter und erleidet die Strafe (22:3; vgl. 27:12).

  • DER EINFÄLTIGE, WIE ÜBERHAUPT DER GEFALLENE MENSCH, NEIGT ZUM BÖSEN UND NICHT ZUM GUTEN UND RECHTSCHAFFENEN. Die Einfältigen sind unwissend und unerfahren, aber sie neigen zudem auch zur Torheit; sie sind gewissermaßen unfallträchtig auf geistlichem Gebiet. Sie tendieren zum Schädlichen und Destruktiven. Sich selbst überlassen wird ein Einfältiger nicht weise werden, sondern geradewegs in die Torheit und das Unglück stolpern.

Wie lange wollt ihr Unerfahrenen die Unerfahrenheit lieben? Und ihr Spötter euch am Spott erfreuen, Und ihr Unvernünftigen die Erkenntnis hassen? (1:22).

Denn die Eigenwilligkeit der Unverständigen wird sie töten, Und die Selbstzufriedenheit der Toren wird sie vernichten (1:32).

Die Unerfahrenen werden die Torheit erben, Aber die Klugen werden mit Erkenntnis gekrönt (14:18).

  • GERADE DIE EINFÄLTIGEN SIND OFT DAS ZIEL DER BÖSEN UND SKRUPELLOSEN. In der Natur verfolgen Wildtiere oft den Nachwuchs ihrer Beutetiere, wegen dessen Unerfahrenheit und Verletzlichkeit. Jungtiere haben wenig Gefühl für Gefahren und lassen sich leicht täuschen oder zu gefährlichen Dingen verleiten. Dasselbe trifft für die menschliche Natur zu. So ist es zum Beispiel das Geschäft eines Zauberkünstlers, die leichtgläubigste Person zu identifizieren und ihre Naivität auszunutzen. Einfältige Menschen werden oft Opfer von schlechten Männern oder Frauen, die wissen, wie verletzlich sie sind. Genau aus diesem Grund warnt der weise Vater seinen Sohn vor dem Ansinnen habgieriger und gewalttätiger Männer (1:10-19). Auch die ehebrecherische Frau sucht sich gezielt den Unerfahrenen aus (7:6-27; 9:13-18). Während also der Einfältige selbst schon dazu tendiert, in Richtung Unglück zu gehen, verfolgt ihn dieses seinerseits auch noch nachdrücklich.

6. EINFÄLTIGKEIT IST ZWAR EINE GEFÄHRLICHE, ABER KEINE UNHEILBARE KRANKHEIT. Es gibt Hoffnung für die Einfältigen, denn nicht jeder Einfältige erliegt den Schlichen der Madame Torheit. Da eine Phase der Einfältigkeit zu Wachstum und Entwicklung jedes jungen Menschen gehört, hat diese auch jeder weise Mann und jede weise Frau – erfolgreich – durchgemacht. Einfältigkeit ist so etwas wie der Jahrmarkt der Eitelkeiten in der Pilgerreise zur ewigen Seligkeit. Jeder Pilger muss ihn durchlaufen, und während Einige seinen Versuchungen erliegen, überstehen sie Andere und sind nachher um die Erfahrung reicher.

Nicht nur Madame Torheit versucht die Einfältigen auf Abwege zu bringen (7:6-26; 9:13-18), sondern auch Dame Weisheit wendet sich an die Einfältigen. Sie warnt sie vor den vor ihnen liegenden Gefahren und mahnt sie, sich von der Torheit abzuwenden und die Weisheit zu suchen (1:20-33; 8:1-36; 9:1-6). Die Lösung für den Einfältigen besteht daher darin, sich von der Torheit abzukehren, niederträchtige Männer zurückzuweisen und schlechten Frauen zu widerstehen, und sich um die Weisheit zu bemühen (1:23; 2:1-11; 3:1-26; 4:1-27).

Es gibt Hoffnung für die Einfältigen: Sie müssen nicht durch Schaden klug werden, sondern können aus den sündigen Entscheidungen Anderer lernen:

Schlägt man den Spötter, so werden die Unvernünftigen klug; Aber wenn man den Verständigen zurechtweist, wird er an Erkenntnis gewinnen (19:25; vgl. 21:11).

Außerdem sieht der Herr nicht untätig zu, wenn ein Einfältiger verführt wird. Die den Herrn fürchten und die Weisheit suchen stehen unter Seinem Schutz:

Der Herr bewahrt die Einfältigen; Ich war schwach, und Er errettete mich (Ps. 116:6).

Der Herr kann zwar zur Erhaltung eines Einfältigen unmittelbar eingreifen, hauptsächlich gewährt er aber Schutz auf dem Wege der Heiligen Schrift:

Das Gesetz des Herrn ist vollkommen und erquickt die Seele; Das Zeugnis des Herrn ist gewiss und macht die Unverständigen weise (Ps 19:7).

Die Enthüllung Deiner Worte gibt Licht; Und gibt den Unerfahrenen Verständnis (Ps 119:130).

Mein Sohn, behalte meine Worte Und bewahre meine Gebote in dir. Halte meine Gebote, dass du am Leben bleibst, und hüte meine Lehren wie deinen Augapfel. Binde sie an deine Finger; Schreibe sie auf die Tafel deines Herzens. Sprich zur Weisheit: Du bist meine Schwester. Und nenne die Einsicht deine Busenfreundin; damit sie dich vor der Ehebrecherin bewahren, vor der fremdländischen Frau, die mit Worten schmeichelt (Spr 7:1-5).

Einfältige Menschen stehen zwar Gefahren gegenüber, aber sie kämpfen nicht alleine. Die Weisheit gibt ihnen Mahnung und Ausweg, die Schriften sind dazu bereitet, sie klug zu machen, und Gott selber bewahrt die Einfältigen, die Ihn fürchten. Die gleichen Versuchungen, denen sich die Einfältigen gegenübersehen, kommen auch auf alle Anderen zu, und Gott hat für jeden den Ausweg geschaffen (vgl. 1.Kor 10:13).

Ein Fallbericht:
Die Verführung von Junker Einfalt

Bis hierher habe ich versucht, die Lehren der Sprüche über die Einfältigen zusammenzufassen. In Sprüche 7 bringt Salomo nun die Sache auf den Punkt mit dem Drama der Verführung eines Einfältigen durch Madame Torheit. Die Verse 1-5 enthalten einen Vorspann, Vers 6-23 das Drama und Vers 24-27 das Nachwort.21 Wir haben dieses Kapitel schon untersucht und dabei die Methoden der Madame Torheit im Auge gehabt. Nun werden wir uns auf ihr Opfer konzentrieren, den wir Junker Einfalt nennen wollen. Die folgenden Beobachtungen sollen dazu dienen, die Gründe für seinen Fall zu klären.

Junker Einfalt fiel nicht deshalb, weil er einfältig war.

Erst nachdem ich diesen Abschnitt mehrere Male gelesen hatte, fiel mir etwas Wesentliches auf: Obwohl Junker Einfalt strauchelte, gab es doch viele andere Einfältige, die das nicht taten. In Vers 7 schildert die Weisheit, was sie von ihrem Fenster aus sieht: Und ich sah unter den Unverständigen Und machte unter den Jugendlichen Einen jungen Mann aus, dem es an Einsicht fehlte.

Junker Einfalt war nur einer von mehreren Jugendlichen, die Dame Weisheit alle zurecht als einfältig bezeichnen könnte. Sie konzentriert ihre Aufmerksamkeit auf diesen jungen Mann, weil er, durch seine eigene Zügellosigkeit, der Sünde verfallen wird. Mir kommt es hier darauf an, dass er alleine und nicht all die Jugendlichen (die doch alle einfältig waren) verführt wurden. Die Schlussfolgerung ist klar: nicht die Einfalt ist das eigentliche Problem, sondern die Sündhaftigkeit. Junker Einfalt musste nicht straucheln; er fiel aufgrund seiner eigenen falschen Entscheidungen. Diese Entscheidungen werden wir nun etwas genauer betrachten.

Junker Einfalt ging in die Falle, weil er Madame Torheit suchte.

In der Natur gibt es einige Lebewesen, die ihre Beute nicht verfolgen, sondern ihre Opfer einfach zu sich kommen lassen. Beispielsweise verleiten einige Meerespflanzen ihre Beute durch Vortäuschung falscher Tatsachen. Madame Torheit verfolgt in Kapitel 7 ihre Beute ebenfalls nicht, sondern sie wartet, dass sie zu ihr kommt. Madame Torheit ist zwar unstet und ihre Füße verweilen nicht in ihrem Haus (Vers 11), aber zumindest in diesem Fall scheint sie sich in der Nähe ihres Hauses aufzuhalten (Vers 8; vgl. 9:14). Und Junker Einfalt streift spät abends umher auf der Straße, in der Nähe ihrer Ecke (Vers 8).

Ich glaube nicht, dass er rein zufällig in die Nähe ihres Hauses kam. Meiner Meinung nach spazierte er absichtlich in die Richtung ihres Hauses, und er wusste, wo sie lebte. Es gibt ein Lied, das den meisten von Ihnen bekannt sein dürfte, ein sehr romantisches Lied über einen Mann, der in der Straße steht, in der die wohnt, die er liebt. Wäre dieses Lied in den Tagen von Junker Einfalt schon geschrieben gewesen, hätte er es vielleicht vor sich hingesummt in der Nacht, als er durch die Straße in der Nähe des Hauses von Madame Torheit spazierte.

Das erinnert mich an eine, soviel ich weiß, wahre Geschichte über einen älteren Mann bei einem Rock-Konzert. In der Nähe befand sich ein Gewässer, und der Mann erklärte entrüstet, wie sehr er sich davon abgestoßen fühlte, dass einige junge Leute dort nackt badeten. Er wusste das, weil er sie stundenlang beobachtet hatte – mit einem Fernglas. Ich denke, Junker Einfalt wusste über Madame Torheit Bescheid, weil sie das Stadtgespräch war. Er streifte um ihr Haus, weil er einen Blick auf sie erhaschen und sehen wollte, wie die Sünde eigentlich aussieht. Ich bezweifle sehr, dass er dabei plante, selber zu sündigen, oder dass er anfangs damit einverstanden war, aber er suchte den Nervenkitzel.22

Übrigens ist dieses Verhalten typisch für viele, insbesondere unreife Menschen: zu versuchen, so nahe wie möglich an das Feuer zu kommen, ohne sich dabei zu verbrennen. Ich weiß nicht, wie oft ich von jungen Leuten tatsächlich die Frage gehört habe: Wie weit kann ich gehen? Jedesmal, wenn wir eine Regel nur deshalb kennen wollen, um sie so weit wie möglich strapazieren zu können, hofieren wir die Sünde. Und das war, denke ich, was der junge Mann hier tat. Wenn ich mit meinen Vermutungen an dieser Stelle zu weit gegangen bin, so müssen Sie mir doch zumindest soweit zustimmen, dass er, wenn er Madame Torheit vielleicht auch nicht aktiv aufgesucht hat, so doch zumindest nicht vor ihr geflohen ist. Viele von uns mögen es vorziehen, sauber zu bleiben, aber sie möchten doch gerne zuerst gefragt werden, bevor sie Nein sagen.

Junker Einfalt wurde verführt, aber nicht getäuscht.

Wir können nicht wissen, was der junge Mann beabsichtigte, als er in den dunklen und gefährlichen Nachtstunden umherstreifte. Was wir aber wissen ist, dass er von Madame Torheit nicht getäuscht wurde. Diese Frau war zwar listig, aber nicht hinterlistig. Der Text sagt uns, dass sie wie eine Hure gekleidet war (Vers 10). Sie war aber keine Hure, sondern eine untreue Ehefrau. Der Grund dafür, das sie sich so kleidete, war der, dass sie in Junker Einfalt das ansprechen wollte, von dem sie wusste, dass er es suchte: Er war jemand, der das Abenteuer suchte. Und wenn er nicht gewitzt genug war zu sehen, worauf sie aus war, würde sie sich eben so kleiden, dass er es nicht mehr übersehen konnte. Ihre Vorgehensweise war alles andere als subtil. Sie begrüßte ihn ungeniert mit einem Kuss (Vers 13), etwas, das für ein anständiges Mädchen einem Fremden gegenüber niemals in Frage gekommen wäre. Sie sagte ihm, das sie verheiratet sei (Vers 19) und begierig darauf, den Kelch der Liebe bis zur Neige zu leeren (Vers 18). Sie war also nicht gerade indirekt. Und wie einfältig der junge Mann auch gewesen sein mochte, er wusste nun, worauf sie aus war. Aus welchem Grund auch immer er in der Nähe ihres Hauses gelandet war, er hätte fliehen können (und müssen), nachdem ihm ihre Absichten bekannt geworden waren – aber er blieb. Er wurde verführt, aber nicht getäuscht.

Junker Einfalts Sünde kam nicht plötzlich, sondern sie entwickelte sich.

Plötzlich folgt er ihr, Wie ein Ochse zur Schlachtung geht Oder wie einer in Fesseln zur Züchtigung eines Toren (Vers 22-23). Ich habe viele schnelle Entscheidungen getroffen in meinem Leben, und einige davon habe ich später bereut. Ich erinnere mich beispielsweise daran, wie ein Verkäufer in unserem Wohnzimmer saß und meine Frau und mich zu einer sofortigen Entscheidung drängte, da sein Angebot nur jetzt gültig sei. Auch Junker Einfalt traf eine schnelle Entscheidung, als er Madame Torheit – wie sich zeigte, zur Schlachtung – folgte. Die würzigen Laken der Madame Torheit waren für Junker Einfalt wie die Möhre, die man vor dem Ochsen baumeln lässt, um ihn ins Schlachthaus zu bewegen. Da er seine Aufmerksamkeit nur auf das kurzlebige Vergnügen richtete, das ihm Madame Torheit in Aussicht stellte, spürte Junker Einfalt nicht die vor ihm liegende Gefahr, sondern er schob und drängelte geradezu und beschleunigte damit seine eigene Vernichtung.

Es ist wichtig zu festzuhalten, dass Junker Einfalt seine Entscheidung aus einem Impuls heraus traf. Aber es muss genauso darauf hingewiesen werden, dass dies nur die Letzte einer ganzen Reihe sündiger Entscheidungen war, die nun zum Ende brachte, was bereits zuvor in Gang gesetzt worden war. Meine Erfahrungen beschränken sich auf den Kauf nur eines Hauses, aber dabei habe ich gelernt, dass ein Hauskauf mit einer ganzen Reihe von Entscheidungen und Unterschriften verbunden ist. Zunächst gibt man ein formelles Angebot ab und unterschreibt es, dann gibt es einen Vertrag, der von beiden Parteien unterzeichnet wird. Und etwas später kommt es schließlich zum Abschluss, bei dem Papiere unterschrieben werden, durch die das Eigentum an dem Haus auf den Käufer übertragen wird.

Mit seiner Entscheidung in Vers 22 hat Junker Einfalt nur das Geschäft abgeschlossen. Zuvor war er törichterweise in der Stadt umhergestreift, am falschen Ort zur falschen Zeit. Er suchte Ärger, wie man so sagt. Als Madame Torheit auf ihn zuging und ihn kühn anmachte, lief er nicht weg. Sie schmeichelte ihm, und er ließ es sich gefallen. Sie verführte ihn, und er zog ihren Vorschlag in Erwägung. Sie versicherte ihm, dass eine Nacht mit ihr sinnlich wie auch sicher sein würde, und er glaubte ihr.

Ich will damit sagen, dass niemand von uns sich selbst jemals in die Lage bringen sollte, eine Entscheidung treffen zu müssen, wenn Madame Torheit mitten in der Nacht an einer einsamen Straßenecke vor ihm steht. Unter solchen Umständen gefällte Entscheidungen sind ausgesprochen gefährlich. Wenn wir erst einmal begonnen haben, die Sünde zu hofieren und so weit zu gehen, wie es möglich ist ohne erwischt zu werden, sind wir für Madame Torheit eine leichte Beute. Um wieviel einfacher wäre es doch für Junker Einfalt gewesen, nach Hause und zu Bett zu gehen, anstatt an der Ecke zu stehen und all den Mädchen nachzusehen.

Ich habe absichtlich bis zum Ende aufgehoben, was ich eigentlich für den ersten Schritt in dieser Reihe von Sünden halte. Die Verse 24-27 mahnen den Einfältigen, auf die Warnung der Weisheit zu hören und sich vom Weg der Madame Torheit abzukehren, denn das unausweichliche Ende dieses Weges sind Tod und Vernichtung. Aber wie kommt es dann, dass Junker Einfalt so fröhlich und unbekümmert diesen Weg entlang geht? War ihm die Gefahr so wenig bewusst? Vers 25 gibt uns den entscheidenden Hinweis: Lass dein Herz nicht zu ihren Wegen abweichen, Irre nicht ab auf ihre Pfade. Das Problem entstand im Herzen des Junkers Einfalt, nicht in seinem Kopf.

Mein Sohn, behalte meine Worte Und bewahre meine Gebote in dir. Halte meine Gebote, dass du am Leben bleibst, und hüte meine Lehren wie deinen Augapfel. Binde sie an deine Finger; Schreibe sie auf die Tafel deines Herzens. Sprich zur Weisheit: Du bist meine Schwester. Und nenne die Einsicht deine Busenfreundin; damit sie dich vor der Ehebrecherin bewahren, vor der fremdländischen Frau, die mit Worten schmeichelt.

Es war also weniger eine absichtliche als eine passive Entscheidung zum Ungehorsam: Er war auf ihren Pfad abgeirrt. Die Verse 1-5 von Kapitel 7 zeigen uns, dass Junker Einfalt zwar durch eine willentliche Entscheidung strauchelte, aber seine sündigen Entscheidungen folgten eine nach der anderen daraus, dass er die Weisheit geringschätzte. Sehen Sie sich diese Verse noch einmal genauer an.

Der weise Vater drängt seinen Sohn, mit Eifer an der Weisheit festzuhalten und die Lehren zu befolgen, die er ihm gab. Seine Gebote sollten verwahrt, seine Lehren sorgfältig (wie dein Augapfel, Vers 2) gehütet werden.23 Diese Unterweisung sollte nicht zum einen Ohr herein und zum anderen wieder heraus gehen, sondern er sollte sie vielmehr in sein Gedächtnis eingraben und häufig darüber nachdenken. Der Sohn sollte nicht nur das Gesetz beherrschen, das ihn sein Vater gelehrt hatte, sondern er sollte diesem Gesetz erlauben, ihn zu beherrschen: Es sollte in sein Herz geschrieben werden (Vers 3).

Die ersten drei Verse in Kapitel 7 haben viel gemeinsam mit Deuteronomium 6. Achten sie auf die Worte, die Gott durch Moses zu den Israeliten sprach:

Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzer Kraft. Und diese Worte, die Ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen sein; und du sollst sie deine Söhne mit Fleiß lehren und sollst von ihnen sprechen, wenn du in deinem Haus sitzt und wenn du auf dem Weg gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst. Und du sollst sie als ein Zeichen an deine Hand binden und sie sollen als Stirnband zwischen deinen Augen sein. Und du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben (Deu 6:5-9; vgl. auch Vers 20-25).

Der weise Vater tut genau das, was Moses im Buch Deuteronomium befiehlt: Er hat seinen Sohn das Gesetz Gottes gelehrt, und jetzt ermahnt er ihn ernsthaft, sich diese Lehre zu Eigen zu machen, sie zu verwahren und gehorsam danach zu leben.

Und das umfasst viel mehr, als nur den Glauben seines Vaters anzunehmen. Es läuft darauf hinaus, dass er die Weisheit Gottes als den wertvollsten Besitz seines Lebens schätzen lernt. Tatsächlich ist sie sogar der Besitz des Lebens (vgl. 3:18). Aus diesem Grund sollte der Sohn ein ganz persönliches und intimes Verhältnis zur Weisheit aufbauen (7:4). Der Weg der Weisheit ist keine akademische Karriere, sondern eine aufrichtige Verpflichtung und ein enges Verhältnis zu ihr. Weisheit soll als Schwester angesehen werden. Ich persönlich verstehe diesen Ausdruck Schwester in dem gleichen Sinn, in dem derselbe Verfasser, Salomo, ihn im Hohen Lied benutzt (4:9, 10, 12; 5:1, 2), wo die Schwester seine Braut und Geliebte ist: Nach Weisheit soll also wie nach einer Geliebten und intimen Freundin gesucht werden. Die Weisheit wird kein flüchtiges Verhältnis mit denen eingehen, die gerne weise sein möchten, noch ist sie eine Fremde in der Nacht wie Madame Torheit.

Ein solches Verhältnis zur Dame Weisheit ist die beste Vorbeugung für eine Torheit wie die in den Versen 6-27 berichtete. Der Unterschied zwischen Junker Einfalt und den anderen einfältigen Seelen aus Vers 7 ist der, dass er sich entschlossen hatte, Gottes Weisheit zu missachten, und das führte im Endeffekt zu seinem Straucheln. Während also der Fall des Junkers Einfalt in Vers 22 stattzufinden scheint, begann er doch schon lange vorher, als der Junker die Weisheit nicht werthielt, sondern beiläufig ignorierte. Und genau zu diesem Zeitpunkt, als der einfältige Bursche sich entschied die Weisheit zu vernachlässigen, geriet er auf den Weg der Torheit. Dessen tödliches Ende war zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht in Sicht, aber es war unausweichlich.

Schlussfolgerung

Es ist eine tragische Tatsache, aber man muss es noch einmal unterstreichen: Junker Einfalt strauchelte nicht, weil er einfältig war, sondern weil er sich entschieden hatte, die Wahrheit des Wortes und die Weisheit Gottes gering zu schätzen. Wie uns die Sprüche wiederholt mitteilen, ist ja die Furcht des Herrn der Beginn der Weisheit (9:10; vgl. 1:7). Die es versäumen, die Lehre durch das Wort Gottes wertzuschätzen, bringen sich selbst auf einen Kurs, der unausweichlich zu Tod und Vernichtung führt. Diese endgültige Vernichtung ist jedoch nicht sofort sichtbar, denn:

Es gibt einen Weg, der vor dem Menschen recht erscheint, Aber am Ende ist es der Weg des Todes (14:12).

Darf ich dich ganz offen fragen, mein Freund, auf welchem Weg du dich befindest? Vielleicht hast du dich getröstet mit dem Gedanken, dass du Christus ja eigentlich nicht abgewiesen, sondern nur beschlossen hast, die Entscheidung noch etwas aufzuschieben. Du magst vorgehabt haben, mehr über die geistlichen Dinge nachzudenken, aber dann bist du doch nie dazu gekommen. Die Gefahr wird für dich ebenso wenig offensichtlich wie für Junker Einfalt; und durch deine gleichgültige Einstellung gegenüber der Weisheit Gottes, die Er in der Person Seines Sohnes darbietet (Kol 2:3), hast du kein Gefühl mehr für die vor dir liegende Vernichtung. Solche passiven Entscheidungen sind ebenso verdammlich wie tödlich. Junker Einfalt hat uns die Torheit dieses Weges demonstriert.

Ich möchte dich bitten, jetzt und in diesem Moment etwas zu tun. Ich bitte dich dringend, dich der Tatsache zu stellen, dass der Lauf der Zeit dich deiner Erlösung kein bisschen näher bringen wird. Solange du auf dem Weg der Torheit bist, bringt dich jeder Tag weiter fort von Gott und macht dich umso gleichgültiger gegenüber Gottes Wort. Ich verspreche Dir: Gott ist in der Lage, so dramatisch in dein Leben einzubrechen, wie er es mit Saulus auf dem Weg nach Damaskus tat. Der Unterschied zwischen Saulus und dir ist nur, dass Saulus der Täuschung verfallen war, er diene Gott wirklich, wenn er die Christen tötete. Du dagegen wirst nicht so sehr getäuscht als vielmehr verführt durch die Sünde. Du weißt, ebenso wie Junker Einfalt, dass das, was du tust, falsch ist, und du tust es trotzdem. Ich rate dir, noch in dieser Stunde eine Entscheidung zu treffen, so als wäre dies deine letzte Chance – weil sie es vielleicht wirklich ist. Bekenne deine Sünden, fliehe vom Weg der Torheit und glaube an Jesus Christus, durch den Gott für deine Errettung gesorgt hat. Er starb anstelle der Sünder, Er nimmt deine Schuld und Strafe auf sich. Wenn du an Ihn glaubst als an Gottes Weg zur Gerechtigkeit, so wirst du gerettet werden. Ihn abzulehnen bedeutet, das Leben abzulehnen. Und die Entscheidung darüber zu vertagen bedeutet, auf dem Weg voranzugehen, der zur Vernichtung führt.

Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen einziggezeugten Sohn hingab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht zuschanden werde, sondern das ewige Leben habe. Denn Gott sandte Seinen Sohn nicht in die Welt, damit Er die Welt richte, sondern dass die Welt durch Ihn gerettet werde. Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht an Ihn glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des einziggezeugten Sohnes Gottes geglaubt hat (Joh 3:16-18).

Mein christlicher Freund, lass uns die Lektion von Junker Einfalt lernen, dass sich Sünde oft entwickelt. Das ist auch die Lektion, die Jakobus in seinem Brief übermitteln wollte:

Lasst keinen sagen, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann durch das Böse nicht versucht werden, noch versucht Er selbst irgend jemanden. Aber ein jeder wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde überwältigt und gelockt wird. Und wenn die Begierde dann empfängt, gebiert sie die Sünde; und wenn die Sünde vollbracht ist, bringt sie den Tod hervor (Jak 1:13-15).

Gott warnte die alten Israeliten davor, dass sie, wenn sie das Gelobte Land erst einmal betreten und seinen Wohlstand zu genießen begonnen hätten, selbstzufrieden werden und ihre Beziehung zu Ihm vernachlässigen würden (Deut 6:10-19). Im Buch der Richter sind zahlreiche Beispiele dafür aufgezeichnet, wie das Volk Gottes sein geistliches Leben vernachlässigte, sobald seine Lage zu bequem wurde. Auch für einen Christen ist die Vernachlässigung des Wortes Gottes der erste Schritt zum Untergang (allerdings nicht dazu, dass er seine Erlösung einbüßt). Auch die Gemeinde von Ephesus hatte ihre anfängliche Liebe zu Gott verloren (Off 2:4). Die dortigen Heiligen hatten Ihn nicht verleugnet, aber sie waren selbstzufrieden geworden und liebten Ihn nicht mehr mit Inbrunst – und das führte zu ihrem geistlichen Niedergang.

Einige von uns haben vielleicht ihre anfängliche Liebe zum Herrn Jesus Christus und zu Seinem Wort schon verloren. Die vernichtenden Folgen davon mögen noch nicht offensichtlich geworden sein, aber meiner Einschätzung nach sind sie unausweichlich. Auch David entschied sich nicht aus heiterem Himmel, mit Bathseba zu sündigen, obwohl es vielleicht so aussehen mag. David lag faul im Palast und sonnte sich in seinem Ruhm als Heerführer, während sein Heer den Kampf für ihn weit weg und in seiner Abwesenheit kämpfte (2.Sam 11:1). In allererster Linie hätte er also nicht im Bett herumliegen sollen: Hätte er seine Verpflichtungen als Israels König und Heerführer wahrgenommen, so hätte es ihn nicht zu Hause nach der Frau eines anderen Mannes gelüstet. Wahrscheinlich war David sogar schon vor diesem Ereignis gleichgültig auf seinem Weg mit Gott geworden. Die inbrünstigsten und leidenschaftlichsten seiner Psalmen sind die, die er in der Zeit des Leidens und der Verfolgung unter Sauls harter Hand geschrieben hatte. Aber inzwischen lief alles gut für ihn – zu gut. Sünde entwickelt sich. Anfangs kaum merkliche Fehler und Entscheidungen aus Passivität werden schließlich und endlich ins Unheil führen.

Christlicher Freund, wenn du ehrlich bist – wie auch ich es sein muss –, müssen wir alle zugeben, dass es die Neigung unseres Herzens ist, wie der Junker Einfalt von Gott fort zu ziehen und Sein kostbares Wort außer Acht zu lassen. Wie der Schreiber eines Liedes es ausdrückte: Möchte Wandern, Herr, ich spür' es, Den verlassen, den ich lieb'. Findest du dich darin wieder, mein Freund? Ich schon. Lasst uns aus diesem Abschnitt lernen, dass die Sünde oft schon lange empfangen wurde, bevor sie endlich geboren wird.

Mich beeindruckt die Tatsache sehr, dass die ersten neun Kapitel der Sprüche fast ausschließlich dem Preis der Weisheit gewidmet sind und der Mahnung an den Leser, sie als den größten Schatz zu suchen, den es zu erwerben gibt. Fleiß und Disziplin sind dafür erforderlich, aber es lohnt jede Anstrengung. Warum muss man so viel Zeit und Mühe aufbringen, um diesen Punkt klar zu machen? Junker Einfalt erinnert uns daran, dass wir immer geneigt sind, die Weisheit nicht so hoch zu schätzen, wie wir es müssten, um weise zu werden. Junker Einfalt vernachlässigte die Weisheit, weil sie ihm nicht wirklich wertvoll oder wichtig erschien. Wir vernachlässigen Gottes Wort und unsere Beziehung zum Herrn aus dem gleichen Grund. Niemand ist bereit, das Opfer auf sich zu nehmen, das die Weisheit fordert, wenn er es nicht zuvor als lohnenswert erkannt hat.

Das ist für mich einer der zwingenden Gründe für die religiöse Anbetung: Wenn wir unseren Herrn anbeten, konzentrieren wir uns auf Seinen unendlichen Wert – Seine Gnade, Seine Macht, Seine Liebe, Sein Opfer am Kreuz von Golgatha. Anbetung erinnert uns daran, wer Gott ist, und daran, dass es ein unendliches Privileg ist, Ihn zu kennen und Ihm zu dienen, koste es, was es wolle. Wir vernachlässigen nur das, was wir nicht hoch genug schätzen. Anbetung richtet unsere Prioritäten und unser Wertesystem wieder so aus, dass wir Ihm um jeden Preis zu gefallen trachten.

Darin liegt auch eine Zurechtweisung für alle diejenigen von uns, die das Evangelium zu verbreiten suchen, indem sie die damit verbundenen Kosten herunterspielen. In einer Hinsicht kostet die Erlösung die Menschen nichts, denn wir können durch unsere Werke nichts dazu beitragen (Eph 2:8-9). Aber obwohl unsere Erlösung kostenlos ist, war sie doch nicht billig, denn sie wurde um den Preis des Blutes unseres teueren Herrn erreicht. Um ein Christ zu werden, genügt es nicht, der Guten Botschaft einfach zuzustimmen. Um gerettet zu werden, müssen die Menschen nicht nur bestimmte Dinge über Ihn glauben, sondern sie müssen an Ihn glauben als an den einzigen Weg zu Gottes Vergebung der Sünden und zum Geschenk des ewigen Lebens. Ein Christ zu werden erfordert viel mehr als eine einmalige Entscheidung, wie wichtig auch immer diese selbst sein mag. Erlöst zu werden heißt, sich für einen neuen Weg zu entscheiden, und das beinhaltet zu bereuen, der Sünde zu entsagen und dem Herrn Jesus als Sein Jünger zu folgen. Wenn wir aber die Kosten der Jüngerschaft bagatellisieren, so heißt das, dass es wohl doch nicht ganz so wichtig ist, gerettet zu werden. Ich stelle fest, dass das Buch der Sprüche sowohl den Wert der Weisheit betont als auch die Notwendigkeit von Fleiß und Hingabe vonseiten dessen, der weise sein möchte. Lassen Sie uns niemals den Wert unserer Erlösung schmälern noch die Nachfolge unseres Erlösers als eine Sache minimaler Verpflichtungen und Kosten hinstellen.

Und als sie nun auf dem Weg waren, sagte Einer zu Ihm: Ich will Dir folgen, wohin Du auch gehst. Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels haben Nester, aber des Menschen Sohn hat nichts, wo Er Sein Haupt niederlegen könnte. Und Er sprach zu einem Anderen: Folge mir nach. Der aber sagte: Erlaube mir, erst hinzugehen und meinen Vater zu begraben. Aber Er sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkündige das Reich Gottes überall. Und ein Anderer sagte: Ich will Dir nachfolgen, Herr, aber erlaube mir zuerst, dass ich Abschied nehme von denen in meinem Haus. Aber Jesus sprach zu ihm: Niemand, der seine Hand an den Pflug legt und sieht nach hinten, ist tauglich für das Reich Gottes. (Luk 9:57-62).

Möge Gott uns in die Lage versetzen, Ihm nachzufolgen, koste es, was es wolle, und in dem Wissen, dass kein Opfer jemals zu groß ist gegen die Freude, Ihn zu kennen und Ihm zu dienen.


21 Diese Einteilung wurde von Kidner vorgeschlagen. Vgl. Derik Kidner, The Proventa (Chigago: Inter-Varsity Press, 1964), S. 75-76.

22 Delitzsch glaubt, dass Junker Einfalt an der Ecke bei Madame Torheit herumlungerte und auf sie wartete und nach ihr Ausschau hielt. Er sagt: Auf der Straße ging er auf und nieder, doch so, dass er in der Nähe ihrer (d.h. der Frau, auf die er wartete) Ecke blieb, d.h. er entfernte sich nie weit von ihrer Hausecke und kehrte immer wieder dorthin zurück. Franz Delitzsch, Biblical Commentary on the Proverbs of Solomon (Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans [Photolithodruck], 1968), I. S. 159.

23 Wörtlich: 'die Pupille des Auges', von deren intaktem Zustand die Sehfähigkeit abhängt, und dem entsprechend etwas, das mit äußerster Sorgfalt gehütet werden muss. A. Cohen, Inaignha (London: The Soncino Press, 1946), S. 39.

5. Der Tor (Sprüche 26:1-11)

Einleitung

Wenn wir das Wort Tor hören, fallen uns sofort gewisse Leute ein. Der Erste, an den ich dachte, war der Schauspieler Jerry Lewis, dann die Three Stooges, Larry, Curly und Mo, dann die Marx Brothers, Maxwell Smart, Tim Conway und Don Knotts. Ich finde es interessant, dass auf keinen dieser Männer die Definition passt, die uns die Sprüche von einem Toren geben. Die Toren, an die ich dachte, sind alle ziemlich harmlose Kreaturen, im Grunde unschuldig und mit guten Absichten. Sie alle rufen in uns ein gewisses Mitleid, gepaart mit Belustigung, hervor. Nicht so der Tor im Buch der Sprüche. Und das ist nur einer der Gründe, warum das Studium des Toren von Wichtigkeit ist.

Wenn wir aber die Worte unseres Herrn Ernst nehmen, müssen wir uns zuvor fragen, ob unser Studium vor Ihm gerechtfertigt ist im Hinblick auf Seine Lehre in Matthäus 5:22:

Ich aber sage euch, das ein Jeder, der mit seinem Bruder zürnt, schuldig sein soll vor dem Gericht; und wer immer zu seinem Bruder sagt Rhaka [du nichtsnutziger Trottel], soll schuldig sein vor dem höchsten Gerichtshof; und wer immer zu seinem Bruder sagt du Tor, soll des höllischen Feuers schuldig sein.

In der Bergpredigt, aus der dieser Vers stammt, versuchte unser Herr zu zeigen, dass Er nicht gekommen war, um die Forderungen des Gesetzes außer Kraft zu setzen, sondern um sie zu bestätigen, so dass sie sogar noch strenger als bis dahin üblich in Israel ausgelegt würden. Es war danach nicht nur eine Sünde zu morden (5:21), sondern es war auch falsch, einem Bruder zu zürnen (5:22ff), denn Zorn kann zum Mord führen, geradeso, wie Begierde zur Unmoral führen kann (5:27-30).24 Seinen Bruder einen Toren zu nennen heißt, ihn als wertlos zu bezeichnen. Wenn ein Mensch nur ein Tor ist, ein Schandfleck für die Gesellschaft, so wäre es für alle Teile besser, wenn er tot wäre. Wenn man also bestimmt, dass Jemand wertlos ist, heißt das zu beschließen, dass die Welt ihn am Besten loswerden sollte, und das ist nur einen kleinen Schritt weit vom Mord entfernt. Unser Herr verdammte nicht die charakterliche Einschätzung eines Menschen, sondern den Anschlag auf den Charakter.

Ebenso wie unser Herr uns nicht verboten hat, den Charakter eines Toren als Solchen zu erkennen, empfiehlt das Buch der Sprüche eine solche Abschätzung sogar als notwendig für alle, die weise zu sein begehren. Dabei werden mehrere Gründe angegeben für die Notwendigkeit, zwischen Toren und Weisen unterscheiden zu können.

1. MIT TOREN UMGANG ZU PFLEGEN IST EBENSO TÖRICHT WIE UNANGENEHM. Bis zu einem gewissen Grade ist Torheit ansteckend, und der Umgang mit Toren beeinträchtigt leicht unsere Fähigkeit, Wahrheit von Irrtum und Weisheit von Torheit zu unterscheiden.

Geh weg von dem Toren, denn sonst wirst du die Worte der Erkenntnis nicht hören (14:7).

Ein Tor ist zu seiner eigenen Vernichtung bestimmt, und er wird unausweichlich alles auf seinem Wege zerstören. Denen, die einem Toren in die Quere kommen, wird er Weh tun:

Besser einer Bärin zu begegnen, die ihrer Jungen beraubt wurde, Als einem Toren in seiner Torheit (17:12).

Der Spötter, als Tor in seiner schlimmsten Form25, sollte nicht nur gemieden, sondern sogar verjagt werden:

Treibe den Spötter hinaus, und der Zank wird fort gehen; Selbst Hader und Schmähung werden enden (22:10).

Wenn es für jemanden wichtig ist, einen Toren erkennen zu können, so für den jungen Mann oder die junge Frau, die auf der Suche nach einem Lebenspartner sind. Es gibt nichts Erbärmlicheres als mit einem Toren verheiratet zu sein. Die Sprüche wählen den positiven Zugang zu diesemThema, indem sie die gottgefällige Ehefrau preisen (z.B. 31:10-31); der Tor aber sollte als Ehepartner vermieden werden. Abigail war mit einem Toren verheiratet (1.Sam 25); Gott jedoch war so gnädig, sie durch seinen Tod davon zu befreien – aber das ist nicht der Normalfall. Sie hatte vielleicht nicht viel zu sagen bei ihrer Verheiratung mit Nabal – Sie aber haben es, und Sie werden mit den Folgen einer falschen Partnerwahl leben müssen.

2. EINEN TOREN ANZUSTELLEN IST EIN TRAGISCHER FEHLER. Alle, die zuständig für die Einstellung von Arbeitskräften sind, sollten besonders die Warnung zur Kenntnis nehmen, die die Sprüche für denjenigen haben, der einen Toren anstellt.

Wer eine Botschaft in die Hand eines Toren legt, Der ist wie einer, der sich selbst die Füße abhaut und trinkt Gewalttätigkeit (26:6).

Wie ein Bogenschütze, der jeden verwundet, So ist der, der einen Toren oder einen Vorübergehenden dingt (26:10).

3. KINDER SIND VON NATUR AUS TOREN, UND DESHALB MÜSSEN ELTERN WISSEN; WIE MAN GEGEBENENFALLS MIT TORHEIT UMGEHT.

Torheit ist an das Herz eines Kindes geknüpft; Aber die Rute der Zucht wird sie von ihm entfernen (22:15).

Die Sprüche bieten Eltern die Hoffnung, dass Torheit geheilt werden kann, wenn sie früh erkannt und mit Sorgfalt bestraft wird.

4. MIT TOREN MUSS MAN ANDERS UMGEHEN ALS MIT WEISEN. Wir können nicht mit allen Menschen auf die gleiche Weise umgehen. Unsere Reaktionen auf verschiedene Menschen muss sich nach den Charakterzügen richten, die sie an den Tag legen.

Wer den Spötter belehrt, trägt selber Schande davon; Und wer den Bösen zurechtweist, einen Makel. Weise einen Spötter nicht zurecht, damit er dich nicht hasst; Weise einen weisen Mann zurecht, und er wird dich lieben (9:7-8).

Antworte dem Törichten nicht nach seiner Torheit, Damit du ihm nicht gleich wirst. Antworte dem Törichten gemäß seiner Torheit, Damit er sich nicht als weise ansieht (26:4-5).

Diese Betrachtungen setzen voraus, dass wir den Charakter anderer Menschen und insbesondere den eines Toren erkennen können. Nach dem Studium der Sprüche werden wir nicht nur in der Lage sein, Torheit bei Anderen zu sehen, sondern wir werden auch ein gerütteltes Maß davon in uns selber finden. Möge Gott uns in die Lage versetzen, ehrlich zu uns selbst zu sein, unsere Torheit zu bekennen und ihr zu entsagen als sündig und zerstörerisch für uns wie für Andere.

Charakterzüge eines Toren

Man kann einen Toren viel leichter dadurch identifizieren, was er nicht ist als dadurch, was er ist. Beachten Sie die folgenden Charakterzüge des Toren, wie ihn das Buch der Sprüche beschreibt:

1. DER TOR IST NICHT RECHTSCHAFFEN. Der Tor hasst alles Heilige, Gerechte und Gute, und er liebt das Böse.

Ein Begehren, das verwirklicht wird, ist der Seele angenehm, Aber vom Bösen zu weichen, ist dem Toren ein Gräuel (13:19).

Dem Toren ist das Böse wie ein Sport; Und dem einsichtigen Mann die Weisheit (10:23).

Die Toren spotten der Schuld, Aber unter den Aufrichtigen ist guter Wille (14:9).

2. DER TOR IST NICHT WEISE. Überall in den Sprüchen ist der Tor das Gegenstück zum Weisen. Weisheit wird der Torheit gegenüber gestellt. Der Tor besitzt keine Weisheit, er kann sie nicht erlangen, und er wollte sie nicht erlangen, selbst wenn er es könnte.

  • DER TOR BESITZT KEINE WEISHEIT:

Die Lippen des Gerechten erquicken viele, Aber die Toren werden aus Mangel an Verständnis sterben (10:21; vgl. 1:20-33).

  • DER TOR IST NICHT FÄHIG, WEISHEIT ZU ERLANGEN:

Warum ist das Geld, um Weisheit zu kaufen, in der Hand eines Toren, Wenn er doch keinen Verstand [wörtlich: kein Herz] hat? (17:16).

Der Spötter sucht Weisheit und findet sie nicht, Aber für den Verständigen ist Erkenntnis leicht (14:6).

Für einen Toren ist Weisheit zu hoch, Er wird seinen Mund in den Toren nicht auftun (24:7).

Der Tor hat nicht die Fähigkeit, Weisheit zu erlangen. Mit den Worten von Vers 17:16 gesagt, hat er kein Herz dafür. Er mag die Weisheit scheinbar suchen, doch er ist unfähig, sie zu erkennen oder zu behalten.

  • DER TOR HAT NICHT DEN WUNSCH NACH WEISHEIT; UND ER WÜRDE SIE SELBST DANN ZURÜCKWEISEN, WENN ER SIE ERWERBEN KÖNNTE, WEIL ER SIE HASST:

Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis; Die Toren verachten die Weisheit und die Anweisung (1:7; vgl. 1:22).

Das Herz des Klugen sucht nach Erkenntnis, Aber der Mund des Toren ernährt sich von Torheit (15:14).

Ein Törichter findet keinen Gefallen am Verstehen, Sondern nur an der Enthüllung seiner eigenen Gedanken (18:2).

Sprich nicht vor den Ohren eines Toren, Denn er wird die Weisheit deiner Worten verachten (23:9).

Der Tor steht der Weisheit nicht neutral gegenüber – er hasst sie. Weisheit ist für einen Toren, was Leber für mich ist: so häufig und freigebig sie mir auch angeboten werden mag, tue ich doch alles nur mögliche, um darum herumzukommen.

3. DER TOR IST UNREALISTISCH. Dem Törichten gelingt es nicht, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Die Wirklichkeit wird durch den verzerrten Blick des Toren auf das Leben verfälscht.

  • DER TOR SIEHT SICH SELBST NICHT REALISTISCH, indem er sein Wissen und seine Fähigkeiten überschätzt:

Stolz, Hochmütig, Spötter sind die Namen dessen, Der mit unverschämtem Stolz handelt (21:24).

  • DER TOR SIEHT DAS LEBEN NICHT REALISTISCH. Er glaubt, dass Weisheit leichterhand erworben werden kann, wie eine Tafel Schokolade im Laden an der Ecke.

Warum ist das Geld, um Weisheit zu kaufen, in der Hand eines Toren, Wenn er doch keinen Verstand hat? (17:16).

  • DER TOR KÜMMERT SICH NICHT UM DIE TATSÄCHLICHEN GEGEBENHEITEN und der Wunsch ist Vater seines Gedankens. Sein Schiff ist ständig dabei zu kommen.

Ein Verständiger hat die Weisheit vor Augen, Aber die Augen eines Toren sind am Ende der Welt (17:24).

4. DER TOR HAT KEINE DISZIPLIN. Der Tor sieht Selbstbeherrschung als unnötige und nutzlose Ablehnung eines augenblicklichen Vergnügens an. Deswegen fehlt es ihm an Disziplin auf jedem Gebiet im Leben.

  • DER TOR GEHT NICHT DISZIPLINIERT MIT GELD UND MATERIELLEN RESOURCEN UM:

Ein wertvoller Schatz und Öl sind im Hause des Weisen, Aber ein törichter Mensch wird sie verschlingen (21:20).

  • DER TOR DISZIPLINIERT SEINE LAUNEN NICHT:

Ein Tor macht seine Verärgerung sofort bekannt, Aber ein kluger Mann verbirgt die Schande (12:16).

Ein Tor verliert die Beherrschung, Aber ein weiser Mann bewahrt sie (29:11).

  • DES TOREN MUND IST UNDISZIPLINIERT:

Ein kluger Mann verbirgt sein Wissen, Aber das Herz des Törichten ruft Torheit aus (Spr 12:23).

Die Zunge des Weisen macht die Erkenntnis annehmbar, Aber der Mund des Toren speit Torheit (15:2; vgl. 18:2,7).

Es verwundert wenig, dass der Tor als schwätzender Tor (wörtlich: der törichter Lippen ist) bezeichnet wird (10:8,10).

5. DER TOR IST UNZUVERLÄSSIG.

  • ER IST UNZUVERLÄSSIG BEI SEINER ARBEIT: Der Tor ist unehrlich und schlecht, man kann ihm in keiner Hinsicht vertrauen.

Wer eine Botschaft in die Hand eines Toren legt, Der ist wie einer, der sich selbst die Füße abhaut und trinkt Gewalttätigkeit (26:6).

Wie ein Bogenschütze, der jeden verwundet, So ist der, der einen Toren oder einen Vorübergehenden dingt (26:10).

  • ER IST UNZUVERLÄSSIG IN SEINEN WORTEN. Die Worten eines Toren müssen immer infrage gestellt werden. Er ist ein Lügner, ein Betrüger und ein Verleumder.

Falsche Lippen bergen Hass, Und der Verleumdung verbreitet, ist ein Tor (10:18).

Die Weisheit des Klugen besteht darin, seinen Weg zu verstehen, Aber die Torheit des Toren ist die Täuschung (14:8).

Ein armer Mann, der in Lauterkeit wandelt, ist besser Als einer, der Verkehrtes spricht und ein Tor ist (19:1).

Selbst das, was der Tor für wahr hält, ist vielleicht nur seine eigene wertlose Meinung.

Die Zunge des Weisen macht die Erkenntnis annehmbar, Aber der Mund des Toren speit Torheit (15:2).

Die Lippen des Weisen breiten Erkenntnis aus, Aber die Herzen der Toren sind nicht so (15:7, vgl. Vers 14).

6. DER TOR IST UNBELEHRBAR. So sehr man sich auch bemüht: einem Toren versuchen etwas beizubringen ist bestenfalls frustrierend, oft aber auch schmerzlich. Wann immer ein Tor sich mit Weisheit und Belehrung konfrontiert sieht, wird er sie zurückweisen.

Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis; Die Toren verachten die Weisheit und die Anweisung (1:7).

Weil sie die Erkenntnis hassten Und die Furcht des Herrn nicht erwählten. Sie wollten meinen Rat nicht annehmen, Sie verschmähten all meine Zurechtweisung. Daher sollen sie von den Früchten ihres eigenen Weges essen Und übersättigt werden mit ihren eigenen Ratschlägen. Denn die Eigenwilligkeit der Unverständigen wird sie töten, Und die Selbstzufriedenheit der Toren wird sie vernichten (1:29-32).

Der Tor widersetzt sich jeder Disziplinierung.

Ein Tor missachtet die Zucht seines Vaters; Wer aber der die Zurechtweisung beachtet, ist klug (15:5).

Wer den Spötter belehrt, trägt selber Schande davon; Und wer den Bösen zurechtweist, einen Makel. Weise einen Spötter nicht zurecht, damit er dich nicht hasst; Weise einen weisen Mann zurecht, und er wird dich lieben (9:7-8).

Ein Spötter liebt den nicht, der ihn zurechtweist; Zu den Weisen wird er nicht gehen (15:12).

Ein Tadel dringt tiefer ein in einen Verständigen Als einhundert Schläge in einen Toren (17:10).

Die Torheit eines Toren sitzt tief. So sehr man sich auch bemüht, den Toren von seiner Torheit zu befreien, werden solche Anstrengungen doch zu Nichts führen. Ein Tor und seine Torheit sind anscheinend untrennbar miteinander verbunden.

Selbst wenn du den Toren zusammen mit den Getreidekörnern mit einem Stößel im Mörser zerstößt, Wird doch seine Torheit nicht von ihm weichen (27:22).

Der Tor kann nocht nicht einmal aus seinen eigenen Fehlern lernen. Wenn er Gelegenheit dazu hat, wird er seine Torheiten immer wieder tun:

Wie ein Hund, der zu seinem Gespeiten zurückkehrt, Ist der Tor, der seine Torheit wiederholt (26:11).

Es ist paradox aber wahr, dass der Tor – obwohl er sich selber der Belehrung verweigert – unbedingt Andere aus seinem Schatz an Weisheit belehren möchte.

Ein kluger Mann verbirgt sein Wissen, Aber das Herz des Törichten ruft Torheit aus (12:23).

Ein Törichter findet keinen Gefallen am Verstehen, Sondern nur an der Enthüllung seiner eigenen Gedanken (18:2).

7. DER TOR IST UNANGENEHM, UNBELIEBT UND UNERWÜNSCHT. Der Tor ist eine Plage und ein Makel für die Gesellschaft. Er fügt seinen Eltern Schmerzen zu, denn er hasst sie (15:20) und macht ihnen Kummer (10:1; 17:21,25; 19:23). Er ist ein Verhängnis, wo immer er auftaucht (10:14; 17:12). Er behindert die Erkenntnis Anderer (14:7). Seine Sprache ist verleumderisch (10:18). Der Tor ist streitsüchtig (20:3) und rührt Uneinigkeit und Ärger auf.

Die Lippen des Toren bringen Zank, Und sein Mund ruft nach Schlägen (18:6).

Treibe den Spötter hinaus, und der Zank wird fort gehen; Selbst Hader und Schmähung werden enden (22:10).

Spötter entflammen eine Stadt, Aber die Weisen wenden den Zorn ab (29:8).

Für die Gesellschaft ist der Tor ein Horror.

Das Vorhaben der Torheit ist Sünde, Und der Spötter ist den Menschen ein Gräuel (24:9).

Die Ursachen der Torheit

Ich glaube, man kann die Ursachen der Torheit auf zwei prinzipielle Entscheidungen reduzieren: auf die Entscheidung, Gott zu misstrauen, und die Entscheidung, sich auf sein eigenes Herz zu verlassen.

Erstens ist der Tor jemand, der sich bewusst entschlossen hat, dem Weg der Weisheit nicht zu folgen. Obwohl die Weisheit nach ihm suchte, hat er sich ihr widersetzt und sie zurückgewiesen.

Weil ich rief und ihr euch weigertet; Weil ich meine Hand ausstreckte, aber keiner da war, der darauf Acht gab, Und ihr all meinen Rat unbeachtet ließet Und meine Zurechtweisung nicht wolltet; ... Weil sie die Erkenntnis hassten Und die Furcht des Herrn nicht erwählten (1:20-25,29).

Der Tor steht der Weisheit nicht neutral gegenüber; er hasst sie und er liebt das Schlechte seines eigenen Weges (vgl. 10:23;13:19; 29:27).

Zweitens wird man ein Tor, wenn man sich auf sich selbst verlässt. Wenn man nicht auf Gott vertrauen will (1:7,29), muss man auf sich selbst vertrauen. Die Sprüche sagen uns, dass der Tor selbstgewiss ist und auf seine eigene Weisheit statt auf Gott und den Ratschlag der Weisen vertraut.

Der Weg des Toren ist recht in seinen Augen, Aber wer auf einen Rat hört, ist weise (12:15).

Für den Toren ist niemand vertrauenswürdiger, weiser oder verlässlicher als er selbst.

Wer sich auf sein eigenes Herz verlässt, ist ein Tor; Aber wer in Weisheit wandelt, wird entrinnen (28:26).

Wenn wir uns der törichten Neigung bewusst werden, nur auf sich selbst zu vertrauen, verhilft uns das zu einem tieferen Verständnis für einen der bekanntesten Abschnitte im Buch der Sprüche:

Vertraue auf den Herrn mit deinem ganzen Herzen, Und stütze dich nicht auf deinen eigenen Verstand. Denke an Ihn auf all deinen Wegen, Und Er wird deine Wege gerade machen. Dünke dich nicht weise, Sondern fürchte den Herrn und kehre dich ab vom Bösen (3:5-7).

Der Tor, der sich auf sein eigenes Wissen verlässt, verweigert sich der Furcht des Herrn und entschließt sich für den Weg des Bösen.

Diese Entscheidung, sich selbst zu vertrauen, führt zu Arroganz (21:24) und Missachtung jeder Autorität, einschließlich der der eigenen Eltern (15:5; 10:8). Der Tor zeichnet sich durch Selbstzufriedenheit aus (1:32): Wer braucht schließlich Anleitung, wenn er alles weiß? Wer braucht Berichtigung, wenn er sich nie irrt? Wer braucht Fortentwicklung, wenn er doch schon Weisheit und Reife erlangt hat? Dem entsprechend hat der Tor einen autonomen Geist und lebt sein Leben ohne Rücksicht (14:16).

Der Umgang mit einem Toren

Jetzt, da wir die Eigenschaften des Toren gesehen und die Wurzeln seiner Torheit kennen gelernt haben, müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf den Umgang mit Toren richten. Die Sprüche haben Einiges zu diesem Thema zu sagen, und fast die ganze Anleitung bezieht sich darauf, was wir nicht tun sollten: Unser Tun im Hinblick auf die Toren ist oft eher negativ als positiv.

1. WIR SOLLTEN DIE TOREN, WENN IRGEND MÖGLICH, MEIDEN. Weisheit ist für einen Toren nicht ansteckend, wohl aber Torheit für einen Weisen; daher sollte der Weise den Toren meiden.

Geh weg von dem Toren, denn sonst wirst du die Worte der Erkenntnis nicht hören (14:7).

Zudem ist der Tor gefährlich und schädlich, und wir sollten ihn meiden wie eine Bärin, die ihrer Jungen beraubt wurde (17:12).

2. WIR SOLLTEN DIE TOREN VERTREIBEN. Wenn wir dem Toren nicht aus dem Weg gehen können, muss er selber gegebenenfalls vertrieben werden.

Treibe den Spötter hinaus, und der Zank wird fort gehen; Selbst Hader und Schmähung werden enden (22:10).

Das Neue Testament lehrt uns, dass Christen nicht mit Menschen Umgang pflegen sollen, die sich zum Christentum bekennen, aber in Sünde leben (1.Kor 5:9-13). Die Kirche wird angewiesen, diejenigen auszustoßen, die biblische Zurechtweisung und Berichtigung missachten (Mat 18:15-17; 1.Kor 5:5). Paulus' an Titus gerichtete Worte scheinen in engem Bezug zu der Lehre der Sprüche zu stehen, dass wir den Toren aus dem Wege gehen sollten:

Weise einen ketzerischen Menschen ab, wenn er ein erstes und ein zweites Mal ermahnt wurde, da du weißt, dass ein solcher Mann verkehrt und sündig ist und durch sich selbst verdammt wird (Tit 3:10-11).

3. WIR SOLLTEN UNSERE ANLEITUNG NICHT AN NARREN VERSCHWENDEN. Im Neuen Testament lehrt Jesus, dass wir nicht Perlen vor die Säue werfensollten (Mat 7:6). Im Buch der Sprüche wird uns gesagt, dass wir nicht versuchen sollten, die Toren anzuleiten:

Sprich nicht vor den Ohren eines Toren, Denn er wird die Weisheit deiner Worten verachten (23:9).

4. WIR SOLLTEN DEM TOREN NICHT ERLAUBEN, UNS AUF SEIN NIVEAU HERABZUZIEHEN. Ein Tor kann einen zur Verzweiflung bringen; er sucht Ärger und wir sind oft versucht, ihm darin zu folgen. Wenn der Tor mit Allem herausplatzt, was ihm in den Sinn kommt, sind wir versucht, ebenfalls die Berherrschung zu verlieren. Die Sprüche mahnen uns, ihm nicht das Beste in uns preiszugeben, auf dass wir uns nicht auf sein Niveau hinab begeben.

Antworte dem Törichten nicht nach seiner Torheit, Damit du ihm nicht gleich wirst (26:4).

5. WIR SOLLTEN EINEN TOREN NICHT UNANGEMESSENER HOCHACHTUNG WÜRDIGEN, DAMIT ER SICH NICHT GESCHMEICHELT FÜHLT UND NOCH AUFGEBLASENER WIRD. Der Tor ist großspurig und stolz und wird jede positive Bermerkung als Kompliment ansehen. Wir sollten es vermeiden, ihn in irgendeiner Weise zu ehren.

Wie Schnee im Sommer und Regen in der Ernte, So ziemt sich Ehrung nicht für einen Toren (26:1).

Antworte dem Törichten gemäß seiner Torheit, Damit er sich nicht als weise ansieht (26:5).

6. WIR SOLLTEN NICHT VERSUCHEN, EINEN TOREN ZU BESSERN, DENN DADURCH STRAFEN WIR UNS NUR SELBER. Der Tor ist niemals offen für Zurechtweisung oder Verbesserung. Wenn man einen Toren durch bloße verbale Zurechtweisung berichtigen will, ist jede Anstrengung vergeblich.

Wer den Spötter belehrt, trägt selber Schande davon; Und wer den Bösen zurechtweist, einen Makel. Weise einen Spötter nicht zurecht, damit er dich nicht hasst; Weise einen weisen Mann zurecht, und er wird dich lieben (9:7-8).

Wenn ein weiser Mann mit einem Toren ins Gericht geht, Rast der Tor oder er lacht, und es gibt keine Ruhe (29:9).

7. WIR SOLLTEN EINEM TOREN DAS LEBEN NICHT LEICHT MACHEN. Verbale Zurechtweisung bewirkt zwar bei den Toren nichts, doch sollten wir uns auch nicht bemühen, die schmerzhaften Folgen ihrer Torheit abzumildern. Der Weg des Gesetzesübertreters ist holprig (13:15) und die Unvernunft eines Toren wird einiges an Schwierigkeiten mit sich bringen. Solch schmerzhafte Konsequenzen aus der Sünde können das Mittel werden, das den Toren zum Ende seiner Torheit bringt – aber unabhängig davon sollte man die schmerzhaften Schläge der Sünde für den Toren nicht abfangen.

In des Toren Mund ist die Rute für seinen Hochmut, Aber die Weisen bewahrt ihr Mund (14:3).

Die Lippen des Toren bringen Zank, Und sein Mund ruft nach Schlägen. Des Toren Mund ist sein Verderben, Und seine Lippen sind die Schlinge für seine Seele (18:6-7).

Luxus ziemt sich nicht für einen Toren; Viel weniger noch für einen Knecht, zu herrschen über Fürsten (19:10).

Der Verlorene Sohn kam erst zur Vernunft, als er die Folgen seiner Torheit erleiden durfte (Luk 15:11-14). Wir dürfen einen Toren nicht davon abhalten, in die Schweineställe des Lebens zu gehen, denn das ist der Ort, an dem sie ihre Torheit vielleicht erkennen werden.

8. TOREN SOLLTEN HART BESTRAFT WERDEN. Toren lernen nichts aus einem Vortrag, aber über einen körperlichen Schmerz können sie nicht hinweggehen. Die einzige Methode, einen Toren zu strafen ist die Rute.

Die Peitsche ist für das Pferd, der Zaum für den Esel Und die Rute für den Rücken des Toren (26:3).

Der Tor lernt vielleicht noch nicht einmal durch eine harte Strafe, aber Anderen mag es eine Lehre sein, das Ergebnis der Torheit zu sehen.

Schlägt man den Spötter, so werden die Unvernünftigen klug; Aber wenn man den Verständigen zurechtweist, wird er an Erkenntnis gewinnen (19:25; vgl. 21:11).

Die vorstehenden Prinzipien für den Umgang mit Toren könnten dazu führen, dass wir falsche Schlüsse ziehen. Ist der Tor ein vollkommen hoffnungsloser Fall? Sollten wir nicht jede Anstrengung unternehmen, um ihn von seiner Torheit zu bekehren? Was folgt aus den Sprüchen für die Evangelisation? In gewisser Hinsicht sind doch alle Ungläubigen Toren, da sie die Furcht des Herrn ablehnen – sollten wir also nichts dafür tun, um sie für Christus zu gewinnen? Die Antworten auf diese Fragen sind ebenfalls in den Sprüchen zu finden.

Der springende Punkt in den Sprüchen ist der, dass der Tor aus seiner Torheit nicht herausargumentiert, nicht herausbeschämt und wahrscheinlich noch nicht einmal herausgeprügelt werden kann (vgl. 27:22). Das sollte uns aber nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, dass der Tor ein vollkommen hoffnungsloser und hilfloser Fall ist. Jeder, der Christus nicht kennt, ist hoffnungslos von der göttlichen Vermittlung abgeschnitten. Der Grund dafür, dass wir gemäß der Lehre der Sprüche nicht versuchen sollen, einen Toren zu reformieren, ist der, dass er transformiert werden muss. Das Problem des Toren liegt in seinem Herzen (3:5; 4:23).

Die Sprüche erinnern uns daran, dass ein Tor von seiner Sünde erlöst werden muss, bevor wir ihm helfen können, sich von seiner Torheit zu befreien. Anstatt an den Symptomen der Torheit zu arbeiten, müssen wir uns mit dem Kern der Sache beschäftigen. Beachten Sie, dass sich die Weisheit in den Sprüchen allen Menschen anbietet; und insbesondere der Tor wird dazu gedrängt, sich von seiner Torheit abzukehren.

Wie lange wollt ihr Unerfahrenen die Unerfahrenheit lieben? Und ihr Spötter euch am Spott erfreuen, Und ihr Unvernünftigen die Erkenntnis hassen? Kehrt um zu meiner Zurechtweisung, Dann will Ich meinen Geist über euch ausgießen; Ich will euch meine Worte bekannt geben (1:22-24).

Kommt, nährt euch von meinem Brot Und trinkt von dem Wein, den ich gemischt habe. Verlasst die Torheit und lebt Und geht voran auf dem Weg des Verständnisses (9:5-6).

Die Lösung für den Toren besteht darin, dass er sich von seiner Torheit und seiner Selbstgewissheit abkehrt und zur Gottesfurcht bekehrt. Wenn wir dem Toren helfen wollen, können wir das nur tun, indem wir ihm den Weg der Erlösung aufzeigen – aber nicht, indem wir ihn informieren (durch Lehren) oder reformieren (durch Zurechtweisung und Korrektur). Nur durch das Evangelium kann ein Mensch transformiert werden kraft des vergossenen Blutes Jesu Christi.

Schlussfolgerung

Es gibt für einen Christen viel zu lernen aus dem, was die Sprüche über den Toren sagen. Lassen Sie mich hier einige Themen vorschlagen, über die Sie mit Gewinn nachdenken könnten.

Erstens: Wenn wir zustimmen, dass Torheit Sünde ist, müssen wir uns auch dessen bewusst werden, dass Sünde Torheit ist. Wann immer wir uns für die Sünde entscheiden, entschließen wir uns gleichzeitig, die Rolle des Toren zu übernehmen. Zu sündigen heißt, dass wir uns weiser vorkommen als Gott und besser in der Lage, die Dinge zu beurteilen als Er. Sünde ist der Entschluss, Gottes Weisheit abzulehnen und unser Glück auf eigene Faust zu versuchen. Im Garten Eden täuschte Satan Eva, indem er sie glauben machte, dass Gottes Verbot unklug und unfreundlich sei und dass der Ungehorsam sie weise, ja sogar gottähnlich machen würde (Gen 3:5-6). So ist es immer mit der Sünde – wir können uns nicht für die Sünde entscheiden, ohne Gottes Weisheit damit zurückzuweisen. Sünde ist Torheit.

Zweitens kann man sich Satan als den Fürsten unter den Toren vorstellen. Wenn ich die Charakterzüge des Toren überdenke, komme ich zu dem Schluss, dass niemand dadurch besser beschrieben wird als Satan selbst. Er entschied sich dafür, gegen Gott zu rebellieren und seinen eigenen Willen gegen den Willen Gottes durchzusetzen (Jes 14:12-15). Er erfreut sich an der Sünde und bemüht sich aktiv, Andere auf seinen Weg des Bösen zu führen. Er sieht es als seine Pflicht an, Andere zu behindern und zum Verderben zu führen (1.Pe 5:8). Er ist ein Betrüger (1.Tim 2:14; Off 20:3), ein Sünder (1.Joh 3:8), ein Lügner und Mörder (Joh 8:44). Er klagt die Heiligen vor Gott an und verleumdet sie (Off 12:10). Er ist arrogant und stolz (Hes 28:17; 1.Tim 3:6). Er ist ein Unruhestifter und ein Ärgernis. Deswegen sollten wir ihm aus dem Weg gehen, und wir sollten nicht den Versuch machen ihn zurechtzuweisen (Jud 8-9). Satan ist der Fürst der Toren, er verkörpert das Wesen der Torheit.

Drittens: Jeder muss sich entscheiden, in wessen Augen er als ein Tor erscheinen will. Der sich selbst für weise hält, ist töricht vor Gott, und der auf Gott vertraut und den Weg der Weisheit geht, ist ein Tor für Satan (vgl. Hi 1) und für diejenigen, die ohne Christus leben. Der Weg des Kreuzes ist töricht in den Augen der Unerlösten (1.Kor 1:18-25). Um wahrhaft weise zu werden, müssen wir unserer begrenzten menschlichen Weisheit entsagen (Spr 3:5-6) und auf die Weisheit Gottes bauen. Wir müssen töricht werden, um Weisheit zu erlangen:

Niemand betrüge sich selbst. Wenn sich einer unter euch dünkt weise zu sein in dieser Welt, der werde ein Tor, damit er weise werde. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott. Denn es steht geschrieben: Er ist DER DIE WEISEN IN IHRER EIGENEN LIST FÄNGT und wiederum: DER HERR KENNT DIE ÜBERLEGUNGEN DER WEISEN, DASS SIE NICHTIG SIND (1.Kor3:18-20).

Möchtest du weise sein vor den Augen Gottes? Dann musst du deine Sünden bekennen und an den Tod Jesu Christi am Kreuz von Golgatha zur Vergebung deiner Sünden glauben. Er starb an deiner Stelle. Er trug die Strafe für deine Sünden. Im Glauben an Christi Tod für dich betrittst du nicht nur den Weg der Weisheit – du betrittst den Weg des Ewigen Lebens.

Viertens: Es ist auch für einen Christen möglich, zum Toren zu werden. Leider können auch wir vom Weg der Weisheit abkommen auf den Weg von Torheit und Sünde. David tat das, als er einem anderen Mann die Frau und das Leben nahm (2.Sa 11), und Salomo tat es, als er fremdländische Frauen heiratete (1.Kö 11:1-4).

Als ich mich wieder einmal den Abschnitten des Neuen Testamentes zuwandte, die davon sprechen, dass wir den Alten Menschen ablegen sollen (z.B. Eph 4:22-32; Kol 3:9-17), fiel mir auf, dass das, was wir damit ablegen sollen, genau die Eigenschaften und Handlungen der Torheit sind. Unsere alte Natur ist zur Torheit prädisponiert. Die Christen unter uns müssen auch nach dem Toren in sich selbst suchen, nicht nur in den Anderen. Der Feind sind wir, so zu sagen, selbst. Die Torheit unserer alten Natur muss sorgfältig diszipliniert werden. Wir dürfen das Fleisch nicht verhätscheln, sondern müssen es kreuzigen. Letzten Endes ist das einzige Mittel gegen die Torheit das Kreuz.

Dann sagte Jesus zu Seinen Jüngern: Wenn jemand Mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir (Mat 16:24).

Die aber Christus Jesus angehören, haben ihr Fleisch mitsamt seinen Leidenschaften und Begierden gekreuzigt (Gal 5:24).

Ich bin mit Christus gekreuzigt; und nicht mehr ich bin es, der lebt, sondern Christus lebt in mir; und das Leben, das ich jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und Sich selbst für mich dahingegeben hat (Gal 2:20).

Lasst uns, durch Gottes Gnade, danach streben, die Werke des Fleisches abzutöten, weise zu sein und der Torheit zu entsagen. Und lasst uns nach Errettung für die Toren streben, indem wir die Torheit des Kreuzes verkündigen.


24 Nicht nur vollendeter Mord stellt einen Menschen unter die Todesstrafe. Ein Herz, das von solch destruktiver geistiger Haltung entflammt ist, aus der ein verdammendes Wort entspringt, verdient das gleiche Urteil. Mit gewaltiger Schärfe machen Jesu Worte klar, dass Gottes Gericht über die Sünde radikal und weit greifend ist; denn es befasst sich nicht nur mit der vollendeten Tat, sondern bringt auch das dahinter liegende Motiv ans Licht ... Dem entsprechend siedelt Jesus in dieser dreistufigen Entwicklung die Sünden des Gedankens und der Zunge (einschließlich der Verdammung eines Menschen) auf derselben Ebene an wie die physische Ermordung, die nur durch den Tod abgegolten werden kann. T. Sorg, “Rhaka,” The New International Dictionary of New Testament Theology (Grand Rapids: Zondervan, 1975, I), S. 418. Ich finde es bemerkenswert, dass dieser Abschnitt über das griechische Wort 'Rhaka' unter dem Titel Fluch, Beleidigung, Tor eingeordnet ist. Tatsächlich kommt es einem Fluch gleich, jemanden einen Toren zu nennen und damit den Wunsch zu äußern, dass er vernichtet oder verdammt werden möge. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn unser Herr lehrte, dass Jemanden einen Toren zu nennen ebenso schwerwiegend ist wie ein Mord. Beachten Sie aber auch, dass unser Herr selbst in Bezug auf die Schriftgelehrten und Pharisäer, wie auch für die fünf törichten Jungfrauen, das griechische Wort 'Moros' benutzte, das in Matthäus 22:5 als Tor wiedergegeben wird (Mat 23:17; 25:2,3,8).

25 Die NASB überliefert drei hebräische Worte mit der Bedeutung Tor: Kesil (1:22,32;3:35;8:5; 10:1,18,23; 12:23; 13:10,16,19,20; 14:7,8,16,24,33; 15:2,7,14,20; 17:10,12,16,21,24, 25; 18:2,6,7; 19:1,10,13,29; 21:20; 23:9; 26:1,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12; 28:26; 29:11, 20), Ewil (1:7; 7:22; 10:8,10,41,21; 11:29; 12:15,16; 14:3,9; 15:5; 16:22; 17:28; 18:13; 20:3; 24:7,9; 27:3,22; 29:9), und Nabal (17:7,21; 30:22). Zusätzlich gibt es den Einfältigen, mit dem wir uns bereits beschäftigt haben, und den Spötter (hebräisch: Luts, 1:22; 3:34; 9:7,8; 13:1; 14:6; 15:12; 19:25,29; 21:11,24; 22:10; 24:9; 29:8). Ich habe mich entschlossen, mich in dieser Botschaft auf die zwei hauptsächlich vorkommenden Arten von Toren (Kesil, Ewil) und auf den Spötter (Luts) zu konzentrieren. Der Nabal kommt selten vor und wird hier nicht berücksichtigt. Anstatt mich mit den Unterschieden zwischen den Arten von Toren aufzuhalten, möchte ich mich lieber auf ihre gemeinsamen Charakterzüge konzentrieren.

6. Der Faule

Einleitung

Vor Jahren, als ich noch an einer Schule lehrte, hatte ich einen Schüler, dem es selbst zu anstrengend war, auch nur gerade zu stehen. Wann immer möglich, lehnte er sich beim Gehen an der Wand an. Seine Technik der Fortbewegung war eigentlich ganz amüsant anzusehen und erinnerte etwas an Rollerfahren – abstoßen...gleiten, abstoßen...gleiten. Glen hatte darin geradezu Perfektion entwickelt. Normalerweise funktionierte das auch recht gut – abgesehen davon, dass er die Farbe von den Wänden herunterwischte und seine Hemden ruinierte.

Eines Tages aber machte die Klasse eine Exkursion und ging die Druckerei einer großen Stadtzeitung besichtigen. Ich hatte alle meine Schüler vorgewarnt, dass sie sich ruhig und vorsichtig verhalten müssten und nichts anfassen dürften. Zunächst ging Alles gut. Glen allerdings sah keine Notwendigkeit, seine Fortbewegungsart zu ändern, und so rutschte er durch das Gebäude, von den Wänden gestützt. Dann aber machte er einen entscheidenden Fehler und passte nicht auf, wo er hin ging. Eine Türschwelle erwischte ihn hinterrücks und ohne dass es Einer von uns verhindern konnte, schlug der ganze Kerl der Länge nach mit lautem Krachen in einen Schrank. Mit vielem Gestrampel befreite er sich schließlich und entstieg dem Schrank recht kleinlaut. Für den Rest des Tages zog er es dann vor, sich auf eine weniger unübliche Art fortzubewegen.

Der Faule hat etwas Amüsantes an sich, selbst im Buch der Sprüche. Dort finden wir ihn, nicht ganz ernst gemeint, beschrieben, wie er sich auf seinem Bett hin und her dreht wie eine Tür in ihren Angeln (26:14). Wir müssen lachen bei der Vorstellung, dass der Faule seine Hand in die Schüssel taucht, aber es nicht schafft, sie zurück zum Mund zu heben (26:15). Wir können uns nur amüsieren über seine Ausrede, warum er nicht zur Arbeit gehen kann: „Ein Löwe steht auf dem Weg“ (26:13).

Von der humorvollen Art, in der der Faule beschrieben wird, sollten wir uns aber nicht irreführen lassen. Im Buch der Sprüche wird Humor aus mindestens zwei Gründen eingesetzt: Erstens macht es uns eine treffende, humorvolle Beschreibung der Wahrheit schwerer, sie zu vergessen. Die Lehren der Sprüche über den Faulen haben also, sozusagen, „geistige Widerhaken“, die die Wahrheit tief in unserem Gedächtnis verankern. Zweitens wird Humor oft eingesetzt, um den Leser zu entwaffnen und ihn bereit zu machen für die Wucht der Anklage, die direkt unter der Oberfläche verborgen liegt. Während wir noch lachen, realisieren wir allmählich, dass die Pointe der Geschichte auf uns selbst gerichtet ist. Durch unser Lachen haben wir ja schon zugegeben, dass sie prinzipiell wahr ist – zumindest was Andere anbelangt. Und nun stehen wir plötzlich der unangenehmen Notwendigkeit gegenüber, uns auch der Wahrheit über uns selbst zu stellen.

Unter Berücksichtigung dessen wollen wir jetzt unsere Aufmerksamkeit auf den Faulen richten, so wie er in den Sprüchen portraitiert wird. Lassen Sie uns das im Wissen darum tun, dass es wertvolle Lektionen für uns zu lernen gibt, nicht nur über Andere, sondern auch über uns selbst.

Charakterzüge eines Faulen

Der Zustand “Faulheit” kann anhand einiger verräterischer Symptome diagnostiziert werden. Wir werden jedes davon so betrachten, wie es die Sprüche beschreiben.

1. DER FAULE IST EIN ZAUDERER. Das Motto des Faulen ist: „Was du auf morgen verschieben kannst, das tue nie heute.“ Faule haben die Fähigkeit hoch entwickelt, sowohl den Beginn einer Arbeit aufzuschieben als auch die Vollendung bereits begonnener Arbeiten.

Der Faule kann unmöglich zur Arbeit gehen, weil ein gefährlicher Löwe auf dem Weg steht (22:13). Er hat ja ernsthaft vor zu arbeiten, aber erst nach einem klein Wenig mehr Schlaf (6:9-10). Wenn die Zeit der Ernte gekommen ist, ist der Faule noch nicht ganz so weit, auf das Feld zu gehen (10:5). Der Faule ist immer fast so weit, mit der Arbeit zu beginnen, aber eben nicht ganz.

Die Aufgaben, die der Faule begonnen hat zu erledigen, scheinen nie fertig zu werden. Die Vorhaben, die er beginnt, erweisen sich immer als zeitraubender und anspruchsvoller, als er gedacht hatte. Der Faule zögert nicht, die voreilige Absicht, eine Arbeit zu beginnen, zu korrigieren und diese Arbeit erst einmal wieder zur Seite zu legen. In den Sprüchen kann man eine ganze Reihe von Beispielen finden für diese Unfähigkeit, eine begonnene Arbeit fertigzustellen.

Ein träger Mann wird das Beutetier nicht braten, Aber eines Mannes kostbarer Besitz ist Fleiß (12:27).

Der Faule birgt seine Hand in der Schüssel; Er ist zu müde, um sie zurück an den Mund zu bringen (26:15).

Nach dem Herbst will der Faule nicht pflügen, Und er bettelt während der Ernte und hat Nichts (20:4).

Es gibt verschiedene Interpretationen für Sprüche 12:27. Ich verstehe diesen Vers so, dass der Faule sich zwar der Mühe unterzogen hat, seine Beute zu fangen, dann aber nicht weitermacht und sie brät. Dadurch verschwendet er seine Mühe und verliert die Frucht seiner Arbeit. Der Faule hebt zwar an und steckt seine Hand in die Schüssel,26 aber er bringt die Energie nicht mehr auf, sie wieder herauszuziehen und kommt daher nicht in den Genuss der Früchte seiner anfänglichen Mühe (26:15). Nachdem er die Ernte eingefahren hat, ist der Faule zu müde (oder vielleicht auch zu gleichgültig), um das Feld für das kommende Jahr zu bestellen (20:4).

Ich bin nie ein großer Sportler gewesen, aber ich bin der festen Überzeugung, dass etwas durchzuziehen eines der wichtigsten Dinge im Sport ist. Beim Baseball, Golf oder Tennis, überall muss der Sportler beim Schlag bis zum Ende durchschwingen. Der Faule zieht Nichts durch und macht spätestens damit seine Mühen zunichte –wenn sie nicht bereits von vorneherein zu gering waren und zu spät eingesetzt wurden.

2. DER FAULE HAT IMMER EINEN GRUND. Unterschätzen Sie nie einen Faulen: Sein Gehirn arbeitet schneller als sein Körper. Wenn es darauf ankommt, sich seiner Verantwortung zu entziehen, reagiert Niemand so schnell wie der Faule. Es gibt immer einen „Grund“ für seine Unentschlossenheit und Tatenlosigkeit. Wenn der Faule beschließt nicht zu arbeiten, hat er immer eine – in seinen Augen plausible – Erklärung für seine Entscheidung. Die klassische Ausrede ist diejenige, die an zwei Stellen in den Sprüchen zu finden ist:

Der Faule sagt: „Ein Löwe ist draußen; auf der Straße werde ich getötet werden!“ (22:13; vgl. 26:13).

Soviel ich weiß, gab es zu dieser Zeit tatsächlich Löwen in Israel (vgl. Ri 14:8; 1.Sam 17:34; 1.Kö 13:24, 20:36; Spr 28:15). Die Wahrscheinlichkeit auf einen Löwen zu treffen war wohl gering, aber der Faule betont die Gefahr, dass es doch passieren könnte. Seiner Meinung nach ist es sinnvoller zu Hause und in Sicherheit zu bleiben. Wir mögen über eine solch alberne Ausrede lachen, aber viele der „Gründe“, mit denen sich Menschen bei ihrem Arbeitgeber „krank melden“, sind kaum überzeugender – jedenfalls nicht für alle außer demjenigen, der sich entschlossen hat zu Hause zu bleiben. Der springende Punkt ist der, dass der Faule eine Schwierigkeit konstruiert, die ihn von dem abhält, was er sowieso nicht tun wollte. Während seine Gründe für Andere unbefriedigend bleiben, empfindet er selbst sie als zwingend.

Lieber noch als sich zu entscheiden, nicht zur Arbeit zu gehen, würde der Faule überhaupt keine Entscheidungen treffen – außer derjenigen, jegliche Tätigkeit von seiner Seite her auf später zu verschieben. Häufig ist der Faule nicht aufrichtig genug um zuzugeben, dass er nicht zur Arbeit gehen oder dass er kein Feld bestellen wird. Der Faule zieht es vor, die Unannehmlichkeiten der Arbeit loszuwerden, indem er die Entscheidung darüber aufschiebt, ob er arbeiten sollte oder nicht. Wie der Faule begründen kann, dass er wegen eines „Löwen“ nicht arbeitet, so kann er auch die Entscheidung darüber aufschieben, weil etwas Unwichtiges (“ein wenig...“) ohnehin nicht so dringend sein kann.

“Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, Ein wenig Händefalten, um so dazuliegen” (6:10; vgl. 24:33).

Meine Frau Jeannette ist die Erste, die bei uns am Morgen aufsteht. Wenn sie mich aufweckt, sage ich ihr oft, sie solle in fünf Minuten wiederkommen, oder ich bitte sie, schon einmal den Kaffee aufzusetzen, so dass ich noch eine kurze Gnadenfrist habe. Der Faule tröstet sich selbst, wenn er das Unausweichliche aufschiebt, indem er sich einredet, dass es doch nur um ein wenig mehr Schlaf geht. Was können schließlich ein paar weitere Augenblicke der Ruhe schaden? Seiner eigenen Ansicht nach plant der Faule nur seinen Tag oder sammelt seine Kräfte.27 Im Hohenlied Salomos wird gesagt, dass es „die kleinen Füchse“ sind, die „den Weinberg verwüsten“ (Hoh 2:15). Der Faule entschließt sich selten bewusst, seine Pflichten zu vernachlässigen, aber er schiebt sie ständig auf.

3. DER FAULE NIMMT DEN WEG DES GERINGSTEN WIDERSTANDES. Wenn irgendetwas auf den Faulen zutrifft, dann dass er arbeitsscheu ist. Sein „Werkzeug“ ist das Bett (6:10; 10:5; 19:15; 20:33; 26:24). Ihm fehlt der Fleiß der Weisen.

Wie Essig für die Zähne und wie Rauch für die Augen, So ist der Faule für die, die ihn aussenden (10:26).

Der lässig ist in seiner Arbeit, Ist ein Bruder dessen, der zerstört (18:9).

Faulheit lässt in einen tiefen Schlaf fallen, Und ein lässiger Mensch wird Hunger leiden (19:15).

Wegen seiner Trägheit wird der Faule den Weg wählen, der das geringste Opfer von seiner Seite aus zu erfordern scheint und das größte Maß an unmittelbarem Vergnügen verspricht.

Liebe nicht den Schlaf, damit du nicht verarmst; Öffne deine Augen und du wirst mit Nahrung gesättigt werden (20:13).

Sein Verlangen [nach Müßiggang] bringt den Faulen zum Tode, Denn seine Hände weigern sich zu arbeiten; Den ganzen Tag lang verlangt er begierig, Während der Gerechte gibt und nicht zurückhält (21:25-26).

Wenn er der Arbeit nicht mehr aus dem Weg gehen kann, wählt der Faule dasjenige Vorgehen, das ihm auf dem leichtesten Wege Geld verschafft.

Wer sein Land bebaut, wird mit Brot gesättigt werden, Aber wer eitlen Dingen nachjagt, dem fehlt es an Verstand. Der Böse begehrt die Beute schlechter Menschen, Aber die Wurzel des Gerechten trägt Frucht (12:11-12).

Wer sein Land bebaut, wird Nahrung zur Genüge haben, Aber wer eitlen Dingen nachgeht, wird Armut zur Genüge haben. Ein Mensch mit bösen Augen jagt dem Reichtum nach Und weiß nicht, dass Not über ihn kommen wird (28:19,22).

4. DER FAULE IST TÖRICHT. Ich möchte den Faulen nicht mit dem Toren gleichsetzen, aber es ist doch augenfällig, dass der Faule töricht ist. Nicht alle Toren sind unbedingt faul, aber alle Faulen sind töricht.

Der Weg des Faulen ist wie eine Dornenhecke, Aber der Pfad des Gerechten ist ein breiter Weg (15:19).

Da der Faule hier dem Gerechten gegenüber gestellt wird, ist es wohl angemessen zu sagen, dass der Faule schlecht, der Gerechte aber fleißig ist. Die Sorgfalt des Weisen wird der Trägheit des Faulen gegenüber gestellt (10:26). Den Faulen mangelt es an Verstand (24:30) und sie sind nur in ihrer eigenen, eitlen Selbsteinschätzung weise (26:16). Mit anderen Worten: Der Faule ist ein Tor. Wie alle Toren strebt er der plötzlichen (doch für ihn unvorhergesehenen) Vernichtung zu (6:11; 20:34).

5. DER FAULE BENÖTIGT STÄNDIG ÜBERWACHUNG UND ANTRIEB. Außer unter Druck und Anstoß von außen wird ein Fauler seiner Verantwortung nicht nachkommen. Die immense Trägheit des Faulen kann nur durch dramatische Einwirkungen überwunden werden; seien es Magenschmerzen vor Hunger (13:25; 16:26) oder die Peitsche des Aufsehers (12:24). In Kapitel 6 wird der Faule gemahnt, sich ein Beispiel an der Ameise zu nehmen, die ihren Pflichten getreulich und doch ohne irgendeine Überwachung nachgeht (Vers 6-8).

Die Konsequenzen für den Faulen

Die Konsequenzen, denen sich der Faule gegenüber sieht, lassen sich in zwei Worten ausdrücken: Schwierigkeiten und Druck. Eine genauere Betrachtung der Sprüche führt zur Erklärung, warum der Faule diese beiden unangenehmen Konsequenzen tragen muss.

Gemäß der Weisheit der Sprüche wird “der nicht arbeitet auch nicht essen”.

Faulheit lässt in einen tiefen Schlaf fallen, Und ein lässiger Mensch wird Hunger leiden (19:15).

Oft wird das Ergebnis der Faulheit noch allgemeiner als “Armut” bezeichnet.

“Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, Ein wenig Händefalten, um so dazuliegen” – Und die Armut wird zu dir kommen wie ein Wegelagerer Und die Not wie ein bewaffneter Mann (6:10-11; vgl. 10:4; 20:13).

Allerdings hat der Faule noch andere Probleme außer Hunger und Armut. Sein Leben ist von Problemen gezeichnet:

Der Weg des Faulen ist wie eine Dornenhecke, Aber der Pfad des Gerechten ist ein breiter Weg (15:19).

Wie auch an anderer Stelle in diesem Weisheitsbuch gesagt wird, ist “der Weg des Gesetzesübertreters holprig“ (13:15).

Eine weitere Folge der Faulheit ist ständiger Druck. Der Faule wird, wenn es irgend geht, die Arbeit meiden. Während der Fleißige gedeiht und vorankommt, versagt der Faule überall außer in einer durch und durch strukturierten Umgebung.

Die Hand des Fleißigen wird herrschen, Aber die lässige Hand wird zur Zwangsarbeit verpflichtet werden (12:24).

Als College-Student arbeitete ich während der Weihnachtsferien für die Post. Normalerweise fuhr ich ein Postauto, aber als ich mich einmal im Postgebäude aufhielt, fielen mir überall, selbst in den Waschräumen, halbdurchlässige Spiegel auf. Was das bedeutete, war offensichtlich: „Du musst jederzeit damit rechnen, beobachtet zu werden.“ Die Faulen werden immer unter Druck sein, weil sie nur auf diese Weise etwas schaffen.

Die Wurzel des Problems der Faulen

Im Leben eines Menschen kommen mehrere Faktoren zusammen, um die Wurzel für charakterliche Mängel zu bilden. Wir werden jetzt einen Blick auf die Wurzel des Problems der Faulen werfen, wie sie das Buch der Sprüche darstellt.

1. DER FAULE IST SELBSTSÜCHTIG. Der Faule sieht immer auf die Nummer Eins – sich selbst. Er nimmt keine Rücksicht auf irgendeinen Anderen.

Sein Verlangen bringt den Faulen zum Tode, Denn seine Hände weigern sich zu arbeiten; Den ganzen Tag lang verlangt er begierig, Während der Gerechte gibt und nicht zurückhält (21:25-26).

Die Gerechten nehmen Rücksicht auf die Bedürfnisse Anderer. Wie die letzte Zeile von Vers 26 ausdrückt, sind sie gekennzeichnet durch großzügiges Entgegenkommen, wenn es darum geht, diese Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. auch 22:9; 29:7; 31:20). Den Faulen charakterisiert dagegen die Sorge um seine eigene Bequemlichkeit. Wer schon keine Opfer für sein eigenes Wohl bringen will, wird sicher auch kein Opfer für Andere bringen.

2. DER FAULE IST VERGNÜGUNGSSÜCHTIG. Wir haben in Sprüche 21:25-26 gerade gelesen, dass der Faule durch seine eigenen Begierden vernichtet werden wird. Darüber hinaus wird er von diesen Begierden ständig beherrscht.28

Die Seele des Faulen giert und bekommt Nichts, Aber die Seele des Fleißigen wird fett gemacht werden (13:4).

Wer das Vergnügen liebt, wird arm werden; Und wer Wein und Öl liebt, wird nicht reich werden (21:17).

Der Faule wünscht sich ein bequemes Leben, voller Luxus und Köstlichkeiten der Reichen. Da seine körperlichen Bedürfnissen die Kontrolle über ihn haben, wird der Faule Alles, was er hat, sofort verzehren. Seine Unfähigkeit, auf unmittelbare Befriedigung zu verzichten, führt ihn in die Armut.

3. DER FAULE IST KURZSICHTIG. Der Faule denkt nur ans Jetzt. Er spricht zwar ständig über Morgen – als dem Zeitpunkt, an dem er die Arbeit aufnehmen wird – aber er denkt nie voraus. Er versäumt es, die Zukunft zu planen, und er bereitet sich nie darauf vor.

Geh zur Ameise, du Fauler, Sieh ihre Wege und werde weise; Wie sie, ohne Befehlshaber, Beamte oder Herrscher, Ihre Nahrung im Sommer bereitet und in der Ernte ihre Nahrungsvorräte einsammelt (6:6-8).

Der im Sommer einsammelt, ist ein Sohn, der weise handelt, Aber wer in der Ernte schläft, ist ein schändlich handelnder Sohn (10:5).

Der Faule steht den Erfordernissen der Zukunft gleichgültig gegenüber. Während der Erntezeit ist mehr als genug Nahrung verfügbar, aber der kalte Winter steht bevor. Ohne fleißige Arbeit für die Ernte und die Rückstellung von Nahrung für den Winter wird der Faule Hunger leiden. Ihm fehlt einfach jegliches Gefühl der Dringlichkeit bezüglich der Zukunft.

4. DEM FAULEN MANGELT ES AN SELBSTDISZIPLIN. Wenn es etwas gibt, das dem Faulen fehlt, so ist es Selbstbeherrschung. Wenn es irgendetwas zu essen gibt, wird er es aufessen, ohne die Folgen zu bedenken. Wenn er die Wahl hat, zu arbeiten oder zu spielen, wird er sich immer für das Spielen entscheiden. Was immer leicht und vergnüglich ist, für das wird er sich entscheiden.

Ein weiser Mensch weiß, dass kurzfristige Opfer für das zukünftige Wohlergehen notwendig sind. Ein weises Kind entscheidet sich dafür, ohne Süßigkeiten und Eiscreme auszukommen, damit es das Geld für ein Fahrrad sparen kann. Der disziplinierte Sportler weiß, dass er nicht zu viel von bestimmten Nahrungsmitteln essen und nicht zu spät zu Bett gehen darf, wenn er einen Wettkampf gewinnen will. Der Faule aber ist nicht bereit, irgendwelche Opfer zu bringen oder auf irgendein Vergnügen zu verzichten, das vor seinen Augen liegt.

Die Lösung des Problems des Faulen

Der Faule mag bisweilen amüsant sein – aber nicht lange. Er ist eine Belastung für Andere; er nimmt, aber er gibt nicht. Er gehört zu den Lasten der Gesellschaft. Das Buch der Sprüche weist den Weg, wie der Faule zur Gesellschaft beitragen kann, statt nur von ihr zu zehren.

1. DIE AUFMERKSAMKEIT DES FAULEN KANN MAN DURCH SCHMERZEN, DRUCK UND SCHWIERIGKEITEN GEWINNEN. Wir haben gesehen, dass Schwierigkeiten und Druck die Konsequenzen aus dem Lebensstil des Faulen sind, aber sie können auch zu seiner Heilung beitragen. Denken Sie daran, dass der Faule von Natur aus Alles vermeidet, was schmerzhaft oder unangenehm ist. Dem entsprechend nimmt er auch den Hunger und die Armut Ernst, die aus seinem faulen Leben resultieren.

Der Gerechte hat genug, um seine Seele zu sättigen, Aber der Bauch des Bösen ist leer (13:25).

Die Seele des Arbeiters arbeitet für ihn, Denn sein Hunger treibt ihn voran (16:26).

Es ist wichtig für uns, die Art der Armut und Bedürftigkeit eines Menschen genau zu kennen. Einige Menschen haben keinen Einfluss auf ihre Armut, und denjenigen, deren Bedürftigkeit nicht Resultat ihrer Sünde ist, müssen wir entgegenkommen und ihnen helfen. Aber der Faule sollte nicht gefüttert werden, damit seine sündige Lebensart auf Kosten Anderer nicht noch verstärkt werde. Was die Sprüche andeuten, wird an anderer Stelle in der Schrift deutlich gesagt:

Denn auch, als wir bei euch waren, gaben wir euch gewöhnlich diese Weisung: Wenn jemand nicht arbeiten will, soll er auch nicht essen (2.Th 3:10).

Der so genannte “verlorene Sohn” in Lukas 15 kam erst zur Vernunft, nachdem er all seine Habe vergeudet hatte und am Schweinetrog angekommen war. Wenn wir ernstlich wünschen, dem zu helfen, der Anderen Weh tut, müssen wir daran denken, dass wir dem Faulen nur helfen können, wenn wir ihn die Konsequenzen seiner Sünden lange genug spüren lassen, dass er die Torheit seines Weges einsieht und ihn zugunsten des Weges der Weisheit aufgibt. Hüten wir uns aber auch vor der falschen Schlussfolgerung, dass Alle, die arm und bedürftig sind, Faule seien.

Der Faule muss lernen, dass der “Weg des geringsten Widerstandes” kein Weg des Wohllebens und Gedeihens ist. Gemäß dem Buch der Sprüche ist er wie eine Dornenhecke (15:19). Richten wir unsere Mühe nicht darauf, den Weg des Sünders leicht zu machen, sondern darauf zu tun, was in unserer Macht steht, um Männer und Frauen auf den Weg der Weisheit zu bringen. Die Schmerzen auf dem Weg der Torheit sind nur ein kleiner Vorgeschmack auf das Leiden und die Vernichtung, die all denen bevorstehen, die sich für diesen Weg entschieden haben.

2. DER FAULE MUSS SEINEN BLICKWINKEL UND SEINE PRIORITÄTEN ÄNDERN. Unser Herr fasste das Gesetz des Alten Testamentes in nur zwei Geboten zusammen:

Und Er sagte zu ihm: „‚DU SOLLST GOTT, DEINEN HERRN, LIEBEN MIT GANZEM HERZEN, MIT GANZER SEELE UND MIT ALL DEINEM SINN.’ Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: ‚DU SOLLST DEINEN NÄCHSTEN LIEBEN WIE DICH SELBST.’ An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ (Mat 22:37-40).

Das Problem des Faulen ist es, das er diese beiden Gebote willentlich missachtet. Er liebt Gott nicht noch fürchtet er Ihn. Alles weist darauf hin, dass der Faule schlecht ist. Er wird in einen Gegensatz zum Gerechten gestellt (15:19; 21:25-26) und mit den Bösen gleichgesetzt (13:25). Ebenso wie der Faule Gott missachtet, zeigt er auch keine Liebe zu seinen Mitmenschen. Er strebt nur danach, Schmerzen zu meiden und sein eigenes Vergnügen zu verfolgen. Die Sprüche implizieren, was andere Schriften ausdrücklich lehren, dass wir nämlich Gott an die erste Stelle in unserem Leben setzen und danach streben müssen, Anderen zu dienen, statt nur unsere eigenen selbstsüchtigen Bedürfnisse zu befriedigen.

Dass ihr Nichts aus Selbstsucht oder leerer Einbildung tut, sondern Einer den Anderen mit Demut des Geistes als wichtiger erachte als sich selbst; dass ihr nicht bloß auf eure eigenen Interessen seht, sondern auch auf die Interessen der Anderen. Bewahrt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war, der, obwohl Er in Gottesgestalt existierte, nicht danach griff, Gott gleich zu sein, sondern Er entäußerte Sich selbst, indem Er Sklavengestalt annahm und dem Menschen gleich wurde. Und in der Beschaffenheit als ein Mensch gefunden, erniedrigte Er Sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja sogar bis zum Tod an einem Kreuz (Php 2:3-8).

Kurz gesagt, der Faule muss zuerst zur Erlösung gelangen durch Glauben an die Person und das Werk Jesu Christi, der für seine Sünden gestorben ist und ihm neues Leben anbietet – kein leichtes Leben, aber ein erfülltes Leben, das durch den Dienst an Gott und den Menschen gezeichnet ist.

Nur wenige Textstellen beschreiben die Veränderung, die durch das Evangelium im Leben eines Menschen geschieht, besser als Epheser 4:

Wer stiehlt, stehle nicht mehr, sondern er arbeite vielmehr hart und vollbringe mit seinen eigenen Händen, was gut ist, damit er etwas habe, um es mit dem Bedürftigen zu teilen (Eph 4:28).

Das Evangelium Jesu Christi verwandelt den verlorenen Menschen vom Parasiten zum Produktiven, von Einem, der nur von Anderen nimmt, in Einen, der unter Opfern gibt, um die Bedürfnisse des Hilflosen zu befriedigen. Das Evangelium wendet die Aufmerksamkeit eines Menschen von sich selbst weg auf Andere. Der richtige Weg, einen Faulen zu heilen, besteht darin, einen Heiligen aus ihm zu machen.

Der Faule muss also damit aufhören, nur für das Jetzt zu leben, und sein Leben statt dessen im Licht der Ewigkeit führen. Der Faule lebt, als gebe es kein Morgen, und deshalb muss er hinter allem Vergnügen herjagen, das er nur finden kann, und es genießen, sobald es sich ihm bietet. Ein Christ lebt dagegen im Licht von Gottes Verheißung eines Lebens voller Segnungen für alle, die an Ihn glauben und sich Vergnügungen daher versagen, die dem geistlichen Dienst und Wachstum abträglich sind. Das ist die Botschaft des elften Kapitels des Hebräer-Briefes:

Durch Glauben wollte Moses, als er erwachsen geworden war, nicht mehr der Sohn der Tochter Pharaos genannt werden; sondern er wollte lieber mit dem Volk Gottes schlecht behandelt werden als die vergänglichen Annehmlichkeiten der Sünde zu genießen; und achtete die Schmach Christi als größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens, denn er richtete den Blick auf die Belohnung hin (Heb 11:24-26).

Der Faule muss sein Wertesystem vollständig umkehren. Das vornehmste Ziel im Leben ist nicht, glücklich zu sein, sondern heilig (Christ-ähnlich) zu sein. Als Christ sollte man danach streben, wahrhaft fromm zu sein statt nur gedeihlich (30:7-9). Das bedeutet, dass jeder Christ bereit sein muss, Leiden und Bedrängnis in diesem Leben zu ertragen (2.Tim 3:12; 1.Pe 1:3-7; Jak 1:2-4). Auch die Freiheiten, die wir besitzen, müssen möglicherweise zurückstehen vor dem höheren Gut, Gott zu dienen oder zum Wohlergehen Anderer beizutragen (1.Ko 8ff).

Ich verstehe die Bibel so, dass die biblischen Prophezeiungen dazu da sind, Christen immer wieder daran zu erinnern, dass Gottes Absichten gewiss sind und dass wir unser gegenwärtiges Leben gottgemäß führen sollen, in dem Wissen, dass dieses Leben und auch diese ganze Welt vorübergehen.

Da alle diese Dinge solcherart zerstört werden sollen, was für Menschen solltet ihr da sein in heiligem Wandel und Gottgefälligkeit, dass ihr der Ankunft des Tages Gottes drängend harret, durch den die Himmel in Flammen aufgehen und die Elemente in Gluthitze zerschmelzen werden! Aber nach Seiner Verheißung erwarten wir neue Himmel und eine neue Erde, auf der Gerechtigkeit wohnen wird (2.Pe 3:11-13).

Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, aber es ist noch nicht offenbart worden, was wir sein werden. Wir wissen, dass, wenn Er offenbart werden wird, wir Ihm gleich sein werden, denn wir werden Ihn sehen, so, wie Er ist. Und jeder, der solche Hoffnung auf Ihn gesetzt hat, läutert sich selbst, so wie Er lauter ist. (1.Joh 3:2-3).

3. DER FAULE MUSS ARBEITEN. Die Quintessenz für den Faulen ist, dass er aufhören muss herumzulungern und zur Arbeit gehen muss. Ob er nun durch Schmerz und äußeren Druck oder (besser) durch die Aussicht auf ein neues Leben dazu gebracht wird: er muss seine Lethargie überwinden und tun, was getan werden muss.

Wer sein Land bebaut, wird mit Brot gesättigt werden, Aber wer eitlen Dingen nachjagt, dem fehlt es an Verstand (12:11).

Durch jederlei Arbeit ergibt sich ein Vorteil, Aber bloßes Reden führt nur zu Armut (14:23).

Wer sein Land bebaut, wird Nahrung zur Genüge haben, Aber wer eitlen Dingen nachgeht, wird Armut zur Genüge haben (28:19).

Im Hinblick auf die Entscheidung, welche Arbeit als Erste getan werden sollte, sagen uns die Sprüche, dass es diejenige Arbeit sein sollte, die uns am Besten auf die vor uns liegenden Schwierigkeiten vorbereitet. Nicht unsere Bequemlichkeit, sondern unsere dringendsten Nöte müssen Priorität haben.

Bereite deine Arbeit draußen Und mache sie dir auf dem Feld zurecht; Danach dann baue an deinem Haus (24:27).

Schlussfolgerung

Die Lehren der Sprüche über den Faulen haben weit reichende Folgen für Jeden von uns. Ich hoffe sehr, wir alle können zugeben, dass wir zu viel von einem Faulen in uns haben, wenn es an Aufgaben geht, die wir als unangenehm empfinden. Sei es bei der Arbeit oder zu Hause: Wir müssen lernen, das zu tun, was wichtig ist, bevor wir das tun, was uns den meisten Genuss bereitet.

Aber über diesen ganz offensichtlichen Anwendungsbereich hinaus gibt es einen Weiteren, der noch dringender zu berücksichtigen ist: Nirgendwo kommen die Symptome der Faulheit deutlicher zum Vorschein als als auf dem Gebiet meiner geistlichen Pflichten und Verantwortlichkeiten. Mögen vielleicht auch noch andere Ursachen in Betracht zu ziehen sein – der Hauptgrund für meine Versäumnisse beim Gebet, beim empfohlenen Bibelstudium, bei der Anbetung und bei der Bezeugung meines Glaubens an Christus liegt darin, dass ich spirituell faul bin. Ich gebe zwar zu, dass diese Dinge wichtig, ja entscheidend sind, aber ich komme einfach nie dazu, sie so intensiv oder so gut zu betreiben, wie ich müsste.

Sehen wir der Tatsache ins Auge, dass unser geistliches Leben keineswegs leicht zu nehmen ist. Wir sind aufgerufen, Jünger unseres Herrn zu sein, und als Solche müssen wir Entbehrungen und Verfolgung ertragen. Mit den Worten eines Gospels: „Es ist kein leichter Weg...“ Der Faule in mir bringt mich immer wieder dazu, die Dinge leicht zu nehmen, den leichten Weg einzuschlagen und mir einzureden, dass Morgen ja auch noch ein Tag ist. Augenblick für Augenblick, Tag für Tag, ein winziges Bisschen nach dem Anderen geht der spirituelle Kampf verloren, größtenteils durch Passivität.

Mir wird immer klarer, warum der Faule eine so bedeutende Rolle im Buch der Sprüche spielt. In den ersten neun Kapiteln wird wiederholt nicht nur der Wert der Weisheit betont, sondern auch der Preis, der für sie zu zahlen ist:

Mein Sohn, wenn du meine Reden annehmen Und meine Gebote in dir bewahren wirst, Leihe der Weisheit dein Ohr Und neige dein Herz der Erkenntnis zu; Denn wenn du nach Unterscheidungsvermögen rufst Und deine Stimme für die Erkenntnis erhebst, Wenn du dich um sie bemühst wie um Silber Und nach ihr suchst wie nach verborgenen Schätzen, Dann wirst du die Furcht des Herrn verstehen Und die Erkenntnis Gottes finden (2:1-5; vgl. 3:1-18; 4:1-9).

Die korinthische Gemeinde des Neuen Testaments war fleischlich (vgl. 1.Ko 3:1-3). Als Paulus schließlich ihren Schwierigkeiten auf den Grund ging, stellte sich als eines der Hauptprobleme heraus, dass diesen Heiligen die Selbstdisziplin und Ausdauer fehlte, um sich Vergnügungen zu versagen, die ihrem Zeugnis, ihrer eigenen geistlichen Entwicklung oder dem Wohlergehen eines Mitchristen abträglich waren. In den letzten Versen von Korinther 9 und der ersten Hälfte von Kapitel 10 bezieht sich Paulus auf die Notwendigkeit zur Disziplin im christlichen Leben. Im Prinzip sagte Paulus dort den Korinthern, dass sie spirituell faul waren.

Beim Lesen des Neuen Testaments finde ich, dass die Charakterschwächen des Faulen aus den Sprüchen dort wiederholt behandelt werden. Beispielsweise in Matthäus 24, wo unser Herr über die Zeit der Großen Bedrängnis und über die letzten Tage sprach. Wiederholt drängte Er Seine Jünger zu wachen und bereit zu sein, damit sie nicht von seiner Rückkehr überrascht würden, wenn sie sich weniger wichtigen Dingen hingäben als dem Reich Gottes (vgl. Vers 42-43,50). In Kapitel 25 des Matthäus-Evangeliums fährt der Herr fort die Heiligen vor den Gefahren geistlicher Faulheit zu warnen. Im Gleichnis von den Talenten (Vers 14-30) ist es der Sklave, der nur ein Talent („ein wenig“, vgl. Spr 6:10) hat, der es versäumt, dieses für seinen Herrn zu verwenden. Der Sklave hat eine Ausrede (seinen „Löwen auf dem Weg“), indem er sagt, dass er die Strenge seines Herrn kenne und sich vor ihr gefürchtet habe. Aber der Herr akzeptiert seine Entschuldigung nicht, sondern antwortet ihm: “Du böser, fauler Sklave“ (25:26). Ungeachtet seiner Ausreden war dieser Sklave ein Fauler.

Wie unser Herr, so hatten auch seine Apostel wenig Mitleid mit einem Faulen. Paulus wies die thessalonische Gemeinde an, Keinem zu Essen zu geben, der nicht arbeiten wollte (2.Th 3:10). Fleiß und Selbstdisziplin wurden von allen Heiligen gefordert. Beachten Sie beispielsweise die Ermahnung des Paulus:

Eure Liebe sei ohne Heuchelei. Verabscheut das Böse, haltet am Guten fest. Seid einander in brüderlicher Liebe zugetan, kommt einander in Ehrerbietung zuvor; seid nicht saumselig in euren Geschäften, seid glühend im Geist und dient dem Herrn; freut euch in der Hoffnung, harrt aus in der Bedrängnis, widmet euch dem Gebet, sorgt für die Bedürfnisse der Heiligen, zeigt Gastfreundschaft. Segnet die, die euch verfolgen, segnet, und verflucht nicht. Freut euch mit denen, die sich freuen, und weint mit denen, die weinen. Seid einander gleichgesinnt, seid nicht hochmütig im Geist, sondern den Niedrigen zugetan. Dünkt euch nicht weise (Rö 12:9-16).

Wenn er die Christen mahnt, wach zu werden im Licht der nahenden Rückkehr des Herrn, gebraucht Paulus eine sprachliche Wendung, die der über den Faulen ähnelt:

Und tut dies, weil ihr die Zeit erkennt, dass die Stunde für euch schon gekommen ist zu erwachen aus dem Schlaf; denn jetzt ist unsere Erlösung näher als zu der Zeit als wir gläubig wurden (Rö 13:11).

Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, dass der Tag euch überfalle wie ein Dieb; denn ihr seid alle Söhne des Lichts und Söhne des Tages. Wir gehören nicht zur Nacht, noch zur Finsternis; so lasst uns auch nicht schlafen, wie es die Anderen tun, sondern lasst uns wach und besonnen bleiben (1.Th 5:4-6).

Die Eigenschaften des Faulen werden im Neuen Testament beschrieben als die Eigenschaften der alten Natur des Menschen, die ein Christ ablegen muss:

Und habt nicht mehr Teil an den unfruchtbaren Werken der Finsternis, sondern deckt sie vielmehr auf; denn von den Dingen, die sie im Verborgenen tun, auch nur zu sprechen ist schändlich. Aber alle Dinge werden sichtbar, wenn sie durch das Licht offenbart werden, und Alles, was sichtbar ist, ist licht. Aus diesem Grunde heißt es: „ERWACHE, DU SCHLÄFER, UND STEH AUF VON DEN TOTEN, UND CHRISTUS WIRD AUF DICH SCHEINEN.“ So achtet gewissenhaft auf euren Wandel, nicht als Unweise, sondern als weise Menschen; nutzt eure Zeit aus, denn die Tage sind schlecht (Eph 5:11-16).

Ertötet daher die Glieder eures irdischen Leibes in Bezug auf Unmoral, Unreinheit, Leidenschaft, böses Begehren und Gier, die zum Götzendienst führen. Denn es geschieht durch diese Dinge, dass der Zorn Gottes kommen wird; und auch ihr seid in ihnen einst gewandelt, als ihr in ihnen lebtet. Nun aber, legt auch ihr sie alle beiseite: Ärger, Zorn, Bosheit, Verleumdung und unzüchtige Rede aus eurem Munde. Belügt einander nicht, denn ihr habt euer altes Selbst mit seinen schlechten Gebräuchen beiseite gelegt und habt das neue Selbst angezogen, das zu wahrer Erkenntnis erneuert wird gemäß dem Bilde des Einen, der es geschaffen hat (Kol 3:5-10).

Das Neue Testament mahnt den Christen dringend, die Haltungen und Taten des alten Menschen abzulegen und dafür Christus anzulegen. Frühere Begierden müssen abgelegt werden, und wir sollen in Übereinstimmung mit dem Gesetz der Liebe leben. Christen sind durch die Erkenntnis zu motivieren, dass die Zeit kurz und die Wiederkunft unseres Herrn nahe ist, so dass wir unsere Möglichkeiten jetzt nutzen müssen (vgl. Kol 4:5-6).

Wann immer ich auch predige, ist mir bewusst, dass es irgend jemanden geben wird, der versucht, meine Worte zu einer Entschuldigung für seine eigenen sündigen Taten zu verdrehen. Als ich diese Botschaft vorbereitete, fragte ich mich deshalb, wer wohl dieses Mal aufstehen und stolz auf seine sündige Lebensführung sein würde. Ein bestimmter Typus fiel mir ein: der Workaholic. Wie gut würde sich ein Workaholic fühlen – schließlich ist er kein Fauler. Er ist das genaue Gegenteil.

Ich würde an dieser Stelle gerne eine Hypothese aufstellen, die Beunruhigendes impliziert: Ich glaube, dass der Workaholic ein Fauler ist. Vergewissern wir uns, dass wir alle das Gleiche mit dem Ausdruck „Workaholic“ meinen. Der Ausdruck „Workaholic“ bezieht sich nicht auf Männer oder Frauen, die ihre Aufgaben mit Sorgfalt erfüllen. Wir müssen sorgfältig sein in Allem, was wir tun (Rö 12:11), und mit vollem Einsatz im Beruf wie für den Herrn arbeiten (Kol 3:23). Ein Workaholic ist dagegen ein Mensch, der von seiner Arbeit so eingenommen ist, dass er darüber anderen, wichtigeren Verpflichtungen aus dem Weg geht.

In unserer Gesellschaft gibt es diejenigen, die einfach und geradezu faul sind und sich weigern zu arbeiten. Während aber von diesen vielleicht eine Handvoll in unseren Kirchen sitzt, gibt es eine Menge Anderer, die sich dafür entschieden haben, auf eine gesellschaftlich akzeptierte Weise spirituell faul zu sein – indem sie Workaholics geworden sind. Ein Workaholic versäumt es, seine Verantwortung als Ehemann (oder –frau), Elternteil oder Mitglied der christlichen Gemeinschaft wahrzunehmen, weil er so sehr mit seiner Arbeit beschäftigt ist. Arbeit ist für den Workaholic der „Löwe auf dem Weg“. Es ist leichter für einen Workaholic, sich seinen Pflichten als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer hinzugeben als seinen anderen, geistlichen Verpflichtungen. Unter Druck von Anderen, dem Ehepartner oder dem eigenen Gewissen redet er sich heraus mit einer momentan schwierigen Situation, einem Bericht, der fertig gestellt werden muss, einer in Kürze ablaufenden Frist, den schweren Zeiten für das Geschäft. Natürlich gibt es dringende Situationen, in denen wir mehr Zeit als sonst für die Arbeit aufbringen müssen, aber für den Faulen scheinen diese niemals aufzuhören. Als Fauler lebt man von einer „Krise“ zur Nächsten. Am Ende aber müssen wir erkennen, dass wir deshalb zu viel Zeit und Energie in die Arbeit investieren, weil wir es so wollen, weil das einfacher ist als wenn wir uns mit unseren Verantwortlichkeiten zu Hause oder in der Kirche auseinandersetzen.

Der Workaholic hat also herausgefunden, dass seine Arbeit ihm eine Ausflucht bietet, wenn er die Erfüllung von Pflichten hinauszögert, die schwierig oder unangenehm sind. Er kann für sein sündhaftes Verhalten sogar eine Begründung konstruieren, indem er darauf besteht, dass er doch „seinem Zeugnis zuwider handeln“ würde, wenn er nicht gut arbeitete. Der spirituell Faule kann so sich selbst und seiner Familie die biblische Wahrheit vorenthalten und für seinen eigenen Untergang wie auch den Anderer verantwortlich werden. Jemand, der beruflich ein christliches Amt inne hat, ist sogar besonders anfällig dafür, ein Workaholic zu werden, weil er davon überzeugt ist, „das Werk des Herrn“ zu tun. Während wir die geistlichen Bedürfnisse anderer befriedigen, werden wir vielleicht nachlässig bei unseren Studien und in unserer Hingabe, oder dabei, unsere Familie zu führen. Ich weiß, dass das für mein Leben zutrifft. Seien wir also ehrlich mit uns selbst: Wenn das, wofür wir am härtesten arbeiten, uns davon abhält, die Gebote unseres Herrn zu beachten, können wir durchaus Workaholics und Faule sein.

Schließlich ist es aber auch möglich, dass du deine geistliche Verantwortung noch aus einem anderen Grund nicht wahrnimmst. Als Christ vernachlässigt man seine Verantwortlichkeiten möglicherweise aus Gleichgültigkeit oder Faulheit; es muss aber auch gesagt werden, dass Manchen das Interesse an den geistlichen Angelegenheiten deswegen fehlt, weil sie gar kein spirituelles Leben haben. Solche Menschen sind nicht faul, sie sind ohne Leben, spirituell tot. Möglicherweise lebst du deshalb nicht im Gehorsam gegenüber den Geboten der Schrift, weil du noch nicht zum ewigen Leben durch den Glauben an die Person Christi gekommen bist. Als Er von seinen Landsleuten gefragt wurde, was sie tun sollten, antwortete Jesus: „Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an Den glaubt, den Er ausgesandt hat“ (Joh 6:29). Wenn du deinen Glauben noch nicht auf Jesus Christus gesetzt hast, der an deiner Stelle gestorben ist und so die Strafe für deine Sünden erlitten hat, dann bitte ich dich jetzt dringend, das zu tun.


26 Die Orientalen verzichteten auf Löffel und Gabel und tauchten ihre Hand in die Schüssel, um sich ihre Portion herauszunehmen. Frühere Kommentatoren übersetzten “Schoß, Schlitz in einem Kleidungsstück” entsprechend unserem Ausdruck “die Hände in den Taschen vergraben”, aber das trifft weniger wahrscheinlich zu. A. Cohen, Proverbs (“Die Sprüche”) (London: Soncino Press, 1967), S. 129.

27 Kidner sagt über den sich selbst gegenüber Blinden Faulen, wie er in Spr 26:13-16 beschrieben wird, dass dieser gar nicht auf die Idee kommt, er sei faul: Er ist kein Drückeberger, sondern ein “Realist” (13); nicht zu nachgiebig sich selbst gegenüber, sondern “frühmorgens noch nicht in Bestform” (14); seine Trägheit hilft ihm, “sich nicht hetzen zu lassen” (15), seine geistige Abstumpfung, „sich nicht beirren zu lassen“ (16). Derek Kidner, The Proverbs [Die Sprüche] (Chicago: Inter-Varsity Press, 1964), S. 163.

28 Kidner überschreibt diese beiden Verse “Die Tyrannei der Begierde” und sagt: “Der Faule lebt in einer Welt der Wünsche, die ihm Ersatz für die Arbeit ist. Das kann ihn materiell ruinieren (25) und spirituell gefangen halten (26), denn er kann sich weder selbst beherrschen noch sich selbst entkommen.” Ibid., S. 145.

7. Gott und Mensch in den Sprüchen

Einleitung

Zwei Fehler, hauptsächlich, machen Viele von uns bei dem Versuch, das Alte Testament zu interpretieren. Der erste Fehler ist, dass wir dazu neigen, zu viel zu sehen. Damit meine ich, dass Viele einfach die Botschaft des Neuen Testaments aus dem Alten lehren. Buchstäblich jede Wahrheit des Neuen Testaments wird dann schon im Alten vorgefunden. Damit tut man dem Text oft wirklich Gewalt an. Der andere Fehler liegt darin, dass wir nicht genug in den Textstellen des Alten Testaments sehen, die wir studieren und über die wir predigen. Ich bin Dispensationalist, aber ich finde bei Einigen, die meine Überzeugung teilen, die Neigung, das Alte Testament nur als ein Buch aus einem anderen Zeitalter anzusehen. Ich glaube aber, dass die Heiligen des Alten Testaments mehr wussten, als wir ihnen zuschreiben. So konnte Jesus beispielsweise sagen: „Abraham, euer Vater, freute sich sehr darauf, Meinen Tag zu sehen, und er sah ihn und war froh“ (Joh 8:56).

Wenige Christen würden wohl erwarten, das Evangelium im Buch der Sprüche dargestellt zu finden. Ich glaube aber tatsächlich, dass das Evangelium darin enthalten ist, ebenso wie in anderen Büchern des Alten Testaments. Was das Alte Testament in allgemeinen Begriffen lehrt, lehrt das Neue spezifischer. Ich bin überzeugt davon, dass die wesentlichen Sachverhalte des Evangeliums eindeutig in den Sprüchen ausgesagt werden.

Ich habe ein besonderes Interesse daran, das Buch der Sprüche bezüglich seiner Lehren über Gott und den Menschen zu durchforschen. Die Sprüche enthalten meiner Meinung nach eine detaillierte Beschreibung Gottes, und das aus gutem Grund. Schließlich sind die Sprüche der Ausbildung eines gottgefälligen Charakters gewidmet. Und wenn ein Mensch gottgemäß sein will, muss er zuerst wissen, wie Gott ist. Schon aus diesem Grund dürfen wir erwarten, dass die Sprüche eine Beschreibung von Gottes Wesen enthalten.

Es gibt aber auch noch einen anderen Grund, warum die Sprüche viel zu unserem Verständnis vom Wesen Gottes beitragen können. Das Buch der Sprüche ist ein ausgesprochen praktisches Buch. Es handelt nicht von ätherischer, philosophischer Wahrheit, sondern von praktischer Wahrheit, von Wahrheit, die unmittelbar in gottgemäße Haltungen und Taten umgesetzt werden kann. Wenn die Sprüche uns über Gott unterrichten, enthüllen sie uns jene göttlichen Eigenschaften, durch die unser Leben geformt werden sollte. Sehen wir uns also das Buch der Sprüche an, um mehr über Gott und über das Verhältnis des Menschen zu Ihm zu erfahren.

Die Beschreibung Gottes in den Sprüchen

Gottes Wesen wird in den Sprüchen anhand dessen am deutlichsten, was Ihn erfreut und was Er hasst.

1. GOTT LIEBT DIE GERECHTEN, ABER ER HASST DIE BÖSEN.

Denn wer krumme Wege geht, ist abscheulich für den Herrn; Aber mit dem Rechtschaffenen pflegt Er vertrauten Umgang. Der Fluch des Herrn liegt auf dem Hause des Bösen, Aber Er segnet den Wohnort des Gerechten (3:32-33).

Der Weg des Bösen ist dem Herrn ein Gräuel; Aber Er liebt den, der die Gerechtigkeit verfolgt (15:9).

2. GOTT LIEBT DEN GUTEN MENSCHEN; ABER ER HASST DIE PLÄNE UND ABSICHTEN DES BÖSEN.

Des Herrn Wohlgefallen wird einem guten Menschen zuteil; Aber den, der Böses plant, wird Er verurteilen (12:2; vgl. 6:18).

Üble Pläne sind dem Herrn ein Gräuel, Aber die angenehmen Reden sind rein (15:26).

3. GOTT LIEBT DIE REDLICHKEIT BEIM ABSCHLUSS EINES GESCHÄFTES, ABER ER VERACHTET DIE UNEHRLICHKEIT.

Eine falsche Wägung ist dem Herrn ein Gräuel, aber ein volles Gewicht ist Sein Wohlgefallen (11:1; vgl. 20:10,23).

4. GOTT LIEBT DIE INTEGEREN, ABER ER HASST DIE, DEREN HERZEN FALSCH SIND.

Falsche Herzen sind dem Herrn ein Gräuel, Aber die untadelig wandeln sind Sein Wohlgefallen (11:20; vgl. 3:32).

5. GOTT LIEBT DIE EHRLICHEN, ABER ER HASST DIE LÜGNER UND IHRE FALSCHHEIT.

Falsche Lippen sind dem Herrn ein Gräuel, Aber die in Treue handeln sind Sein Wohlgefallen (12:22; vgl. 6:17,19).

6. GOTT LIEBT DIE GEBETE DER RECHTSCHAFFENEN, ABER ER HASST DIE RELIGIÖSEN ZEREMONIEN DER BÖSEN.

Das Opfer des Bösen ist abscheulich für den Herrn, Aber an dem Gebet des Rechtschaffenen findet Er Wohlgefallen (15:8; vgl. 21:27).

Ich finde den Gedankengang verblüffend ähnlich zwischen dieser Beschreibung dessen, was Gott liebt und was Er hasst, und der Bergpredigt in Matthäus 5-7. Wenn man aber davon ausgeht, dass die Worte unseres Herrn Seine eigene Auslegung – im Gegensatz zu der der jüdischen religiösen Führer Seiner Zeit – des alttestamentarischen Gesetzes darstellen, ist es eigentlich wenig verwunderlich, dass Er dort die Lehren der Sprüche wieder aufnimmt.

Was wir gerade den Sprüchen darüber entnommen haben, was Gott liebt und was Er hasst, hat mindestens zwei ganz praktische Implikationen: erstens (womit wir uns noch später im Detail befassen werden), dass uns Einblick gewährt wird in das Ziel der göttlichen Führung, in den Willen Gottes. Gottes Wille ist, allgemein ausgedrückt, dass wir das tun, was Ihm wohlgefällt, und das lassen, was Er verachtet. Zweitens, dass man viel über den Charakter einer Person selbst aus dem erfahren kann, was diese Person liebt und was sie hasst. Aus den obigen Betrachtungen sollte damit offenbar werden, dass Gott selbst aufrichtig, gut, heilig, ehrlich und gerecht ist. Er liebt die Gerechtigkeit und Er hasst das Böse.

Wir haben aus den Sprüchen also gelernt, dass Gott gut ist. Die Sprüche beschreiben aber auch einen Gott, der groß ist: Er ist groß an Wissen und groß an Macht.

Die Theologen sprechen von Gott als einem Allwissenden, was schlicht bedeutet, dass Er Alles weiß. Die Sprüche spezifizieren einige der Bereiche von Gottes Allwissenheit näher:

1. GOTT KENNT DIE TATEN DER MENSCHEN, DIE GUTEN WIE DIE SCHLECHTEN.

Denn die Wege des Menschen liegen vor den Augen des Herrn, Und Er betrachtet alle seine Bahnen (5:21).

Die Augen des Herrn sind an jedem Ort Und beobachten die Schlechten und die Guten (15:3).

2. GOTT KENNT DIE HERZEN DER MENSCHEN UND SPÜRT IHRE MOTIVE AUF.

Scheol und Abaddon liegen offen vor dem Herrn; Um wie viel mehr die Herzen der Menschen! (15:11).

Alle Wege eines Menschen sind lauter in seinen eigenen Augen, Aber der Herr wägt die Absichten (16:2; vgl. auch 17:3; 21:2).

Gott ist auch allmächtig. Er hat alle Macht. Nichts liegt außerhalb Seiner Kontrolle. Gott ist in der Lage, das durchzuführen, wozu Er Sich entschlossen hat. Niemand ist fähig, Seinen Plan zu durchkreuzen. Selbst Könige, die mächtigsten Gestalten der Alten Welt, unterstanden Seinem Willen:

Das Herz des Königs ist wie Wasserbäche in der Hand des Herrn; Er lenkt es, wohin immer es Ihm gefällt (21:1).

Selbst die Bösen, die sich entschieden haben, gegen Gott zu rebellieren, werden am Ende Seine Absichten erfüllen.

Ein Jedes hat der Herr für seinen eigenen Zweck gemacht, Selbst das Böse für den üblen Tag (16:4).

Durch Seinen Willen werden Schlachten gewonnen, und selbst das, was zufällig erscheint, steht unter Seiner Kontrolle.

Das Pferd wird für den Tag der Schlacht gerüstet, Aber der Sieg gehört dem Herrn (21:31).

Das Los wird in den Schoß geworfen, Aber jede seiner Entscheidungen kommt vom Herrn (16:33).

Gottes Souveränität reicht sogar in die Rede und die Schritte eines Menschen hinein.

Die Pläne des Herzens gehören zum Menschen, Aber die Antwort der Zunge ist vom Herrn (16:1).

Das Herz des Menschen erdenkt sich seinen Weg, Aber der Herr lenkt seine Schritte (16:9).

Gott sorgt für Seine Schöpfung und Er wird niemals die Kontrolle darüber aus der Hand geben. Der Mensch muss sich wohl entscheiden, seiner Torheit abzusagen und sich für den Weg der Weisheit zu entscheiden. Kein irdisches oder himmlisches Wesen aber hat die Macht, dem Willen Gottes zu widerstehen.

Es gibt weder Weisheit noch Erkenntnis Noch irgendeinen Rat gegen den Herrn (21:30).

Gottes unendliche Güte und Größe stellt Ihn weit außerhalb der Reichweite des Menschen. Der Mensch wäre niemals in der Lage, Gott zu erfahren oder zu verstehen, wenn nicht Gott selbst zuerst die Menschen suchte, um Sich ihnen zu offenbaren und eine Beziehung mit ihnen aufzubauen.

Gewiss bin ich unverständiger als irgendein Mensch, Und ich habe nicht den Verstand eines Menschen. Und ich habe die Weisheit nicht gelernt, Aber ich habe die Kenntnis des Einen Heiligen. Wer ist zum Himmel aufgestiegen und herabgestiegen? Wer hat den Wind in Seiner hohlen Hand gesammelt? Wer hat die Wasser in Seinen Überwurf gewickelt? Wer hat alle Enden der Erde festgesetzt? Wie ist Sein Name und wie der Name Seines Sohnes? Du weißt es sicher! (30:2-4).

Tatsächlich kann ein Mensch sich noch nicht einmal selbst verstehen, geschweige denn dazu kommen, Gott zu verstehen.

Die Schritte des Menschen sind vom Herrn bestimmt; Wie kann der Mensch dann seinen Weg verstehen? (20:24).

Gott hat sich entschlossen, sich aufs Engste in die Geschäfte der Menschen verwickeln zu lassen. Er steht nicht ferne oder abseits. Wie es die Theologen ausdrücken würden: Gott ist immanent. Gottes Sorge für Seine Schöpfung reicht bis hin zum Gebrauch reeller Gewichte.

Eine gerechte Waage und Waagschalen gehören dem Herrn; Alle Gewichte des Beutels sind Sein Werk (16:11).

Er kennt die Bedürfnisse der Gerechten und geht auf sie ein.

Der Herr wird den Gerechten nicht hungern lassen, Aber Er wird die Gier des Bösen wegstoßen (10:3).

Er wird nicht zulassen, dass Schlechtes und Ungerechtigkeit ungestraft davon kommen, noch dass Freundlichkeit unbelohnt bleibt.

Wer den Armen verspottet, schmäht den, der ihn gemacht hat; Wer sich über Schaden freut, wird nicht ungestraft bleiben (17:5).

Wer dem Armen Großzügigkeit erweist, leiht dem Herrn, Und Er wird ihm seine gute Tat vergelten (19:17).

Eines der Dinge, die über Gottes Wesen konkret und intensiv dargestellt werden, ist die Tatsache, dass Er der Richter über die Erde und insbesondere über die Menschheit ist. Wir können sicher sein, dass es einen Tag der Abrechnung geben wird, an dem Gott über die Menschen richten und sie nach ihren Taten belohnen wird.

Reichtümer bringen keinen Nutzen am Tag des Zornes, Aber Gerechtigkeit wird vom Tode befreien (11:4).

Wenn du auch sagst: „Siehe, wir haben dies nicht gewusst“ – Wird nicht Er es bemerken, der die Herzen wägt? Und wird nicht Er es wissen, der deine Seele erhält? Und wird Er nicht dem Menschen nach seinem Tun erstatten? (24:12)

Wir finden in den Sprüchen häufig den Ausdruck „er wird nicht ungestraft bleiben” als Hinweis darauf, dass der oder die Schreiber einen Tag des Gerichtes kommen sahen, an dem Gott sicher die Menschen nach ihren Taten beurteilen würde (vgl. 11:21; 17:5; 19:5; 28:20).

Es wird zwar gesagt, dass selbst die Bösen einen göttlichen Zweck erfüllen (16:4), dennoch wird das Urteil über schlechte Menschen genau so sein, wie sie es verdienen. Sie „ernten nur, was sie gesät haben“ (vgl. Gal 6:7).

Wer fest in der Gerechtigkeit steht, wird das Leben erhalten; Und wer Böses betreibt, bringt seinen eigenen Tod herbei (11:19).

Ein Mensch wird mit Gutem gesättigt werden durch die Frucht seiner Worte, Und die Taten seiner Hände werden zu dem Menschen zurückkehren (12:14).

Wer die Aufrechten auf den Weg des Bösen verführt, Wird in seine eigene Grube fallen, Aber die Untadeligen werden das Gute ererben (28:10; vgl. 14:14,32).

Dies ist die biblische Doktrin der Vergeltung – man bekommt, was man verdient. Beachten Sie aber hier etwas, das durchaus von Bedeutung ist: Von den Bösen wird ausdrücklich gesagt, dass sie bekommen, was sie verdient haben – aber über die Segnungen für die Gerechten wird in einer anderen Formulierung gesprochen. Der das Böse tut, bringt seinen eigenen Tod herbei, aber vom Gerechten wird nicht gesagt, dass er das Leben verdient, sondern dass er es erhalten wird (11:19). Der Heilige des Alten Testamentes sah das vielleicht noch nicht so klar, wie wir es heute tun sollten, aber ich glaube, dass auch er wusste, dass das Leben ein Geschenk und keine Belohnung ist. Die Gerechten erhalten das Leben, aber sie erhalten es durch Gottes Gnade und nicht durch ihre eigenen Verdienste.

Die Sprüche stellen Gott dar als einen Sucher nach den Menschen. Ein Sünder wird zwar erst am Ende vor Gott als seinem Richter stehen – aber zu denen, die Ihn lieben, ist es Sein Wunsch, ein inniges Verhältnis zu unterhalten.

Denn wer krumme Wege geht, ist abscheulich für den Herrn; Aber mit dem Rechtschaffenen pflegt Er vertrauten Umgang (3:32).

Wörtlich heißt es hier im Text: “Sein vertrauter Rat” (Randnotiz, NASB) ist mit dem Gerechten. Weil Gott die Gemeinschaft mit den Menschen wünscht, wird Er als Dame Weisheit personifiziert, die die Menschen einlädt, mit ihr zu speisen:

„Kommt, nährt euch von meinem Brot Und trinkt von dem Wein, den ich gemischt habe. Verlasst die Torheit und lebt Und geht voran auf dem Weg des Verständnisses“ (9:5-6).

Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dieser Einladung und der Vertrautheit, die unser Herr zu Seinen Kindern in Offenbarung 3:20 sucht.

Gott hat es den Menschen ermöglicht, Ihn zu erfahren, weil Er Sich ihnen offenbart hat. Das Werk Seiner Hände kann in der Schöpfung betrachtet werden (3:19-20; 8:22-31). Man kann Ihn durch die Lehren der Weisen kennen lernen (2:1-11). Aber vor Allem hat Er Sich durch Sein heiliges Wort offenbart.

Jedes Wort von Gott ist geläutert; Er ist ein Schild denen, die zu Ihm Zuflucht nehmen. Füge Nichts zu Seinen Worten hinzu, Damit Er dich nicht zurechtweise und du als ein Lügner überführt werdest (30:5-6).

Das Dilemma des Menschen

Gemäß der Sprüche befindet sich der Mensch in einem ernsthaften Dilemma, und das aus zwei Gründen. Erstens wird jeder Mensch vor eine Entscheidung gestellt. Er kann sie aktiv treffen oder durch Geschehenlassen – aber sie muss getroffen werden. Es ist die Entscheidung, Gott zu fürchten oder sich Ihm zu widersetzen, der Weisheit zu folgen oder dem Pfad der Torheit.

Der weise Vater drängt seinen Sohn, die richtige Wahl zu treffen:

Mein Sohn, vergiss meine Lehren nicht, Sondern lass dein Herz meine Gebote halten, Und die Länge der Tage und Jahre des Lebens Und der Friede werden dir zukommen. Güte und Wahrhaftigkeit mögen dich nicht verlassen; Binde sie um deinen Hals, Schreibe sie auf die Tafel deines Herzens. So wirst du Gunst und einen guten Ruf Bei Gott und den Menschen finden. Vertraue auf den Herrn mit deinem ganzen Herzen, Und stütze dich nicht auf deinen eigenen Verstand. Denke an Ihn auf all deinen Wegen, Und Er wird deine Wege gerade machen. Dünke dich nicht weise, Sondern fürchte den Herrn und kehre dich ab vom Bösen (3:1-7).

Ebenso drängt Dame Weisheit die Menschen, ihr zu folgen:

„Wie lange wollt ihr Unerfahrenen die Unerfahrenheit lieben? Und ihr Spötter euch am Spott erfreuen, Und ihr Unvernünftigen die Erkenntnis hassen? Kehrt um zu meiner Zurechtweisung, Dann will Ich meinen Geist über euch ausgießen; Ich will euch meine Worte bekannt geben“ (1:22-23).

Die Entscheidung, die jeder Mensch treffen muss, ist eine Entscheidung zwischen zwei Wegen, aus denen zwei Schicksale resultieren. Der Weg der Weisheit ist der Weg von Leben, Köstlichkeit und Frieden (3:16-18), der Weg der Sicherheit, ohne Furcht vor der Strafe für das Böse (1:33; 3:25-26). Den Gerechten wurde versprochen, dass sie „im Lande wohnen bleiben” sollten (2:21).

Schlechte Menschen, die den Pfad der Torheit gewählt haben, gehen genau auf das zu, was sie fürchten: Sie werden ernten, was sie gesät haben (1:31). Sie werden den Tod erleiden (2:18) und „aus dem Land ausgerottet werden” (2:21). Sie können nur den Zorn und die Verdammnis Gottes erwarten (3:32; 12:2).

Das Dilemma des Menschen wird durch einen zweiten Faktor noch verstärkt: Während er die Entscheidung zu treffen hat, Gott zu fürchten oder auf sich selbst zu vertrauen, ist er zur Torheit, zum Weg des Bösen prädisponiert. Schon in der Kindheit neigen wir dazu, unsere eigenen Wege zu gehen.

Torheit ist an das Herz eines Kindes geknüpft; Aber die Rute der Zucht wird sie von ihm entfernen (22:15).

Die Rute und die Zurechtweisung bringen Weisheit, Aber ein Kind, dem freier Lauf gelassen wird [wörtlich: das sich selbst überlassen wird] bereitet seiner Mutter Schande (29:15).

Wenn wir älter werden, neigen wir zur Selbsttäuschung und glauben, dass der Weg, den wir gewählt haben, der Richtige sei – auch wenn er das nicht ist.

Es gibt einen Weg, der vor dem Menschen recht erscheint, Aber am Ende ist es der Weg des Todes (14:12; auch 16:25).

Der Weg des Toren ist recht in seinen Augen, Aber wer auf einen Rat hört, ist weise (12:15).

Alle Wege eines Menschen sind lauter in seinen eigenen Augen, Aber der Herr wägt die Absichten (16:2).

Schlechte Menschen sind nicht in der Lage, Wahrheit und Weisheit zu erkennen, und demzufolge wenden sie sich denen zu, die für die Torheit eintreten.

Wer verkehrten Sinnes ist, findet nichts Gutes, und wer verkehrter Zunge ist, wird ins Unglück fallen (17:20).

Ein Übeltäter hört auf böse Lippen, Ein Lügner schenkt zerstörerischer Zunge Gehör (17:4).

Das Dilemma des Menschen ist also dieses: Er neigt von Natur aus der Sünde zu und nicht zu Gott (die Theologen nennen das Verderbtheit), und diese Veranlagung veranlasst ihn dazu, sich gerade denjenigen Worten zu verweigern, die ihm den Weg zur Erlösung verheißen. Statt dessen hört der schlechte Mensch auf die, die ihm erzählen, was er hören will – Torheit. Die Wurzel des menschlichen Dilemmas ist die Sünde:

Die Toren spotten der Schuld, Aber unter den Aufrichtigen ist guter Wille [oder: Gefallen an Gott; Randnotiz NASB] (14:9).

Gerechtigkeit erhöht eine Nation, Aber die Sünde ist eine Schande für jedes Volk (14:34).

Wer kann sagen: „Ich habe mein Herz gereinigt, ich bin frei geworden von meiner Sünde“? (20:9).

Gottes Vorkehrungen

Die Sprüche legen uns nicht nur das Problem dar, sondern sie enthüllen auch Gottes Vorkehrungen zu seiner Lösung. Als ein praktisches Buch teilen die Sprüche den Menschen mit, was alles für eine Gemeinschaft mit Gott notwendig ist. Ich möchte nicht gerade sagen, dass dies die Schritte zur Bekehrung sind, sie sind eher auf einem anderen Maßstab Schritte zu einer Umkehr, vom Weg der Torheit zur Nachfolge der Weisheit. Gehen Sie sie gemeinsam mit mir durch.

1. DER MENSCH MUSS DEMÜTIG WERDEN UND SEINE SÜNDE BEKENNEN.

Die Furcht des Herrn ist Anleitung zur Weisheit, Und der Herrlichkeit geht Demut voraus (15:33).

Wer seine Übertretungen zudeckt, wird kein Gelingen haben, Doch wer sie bekennt und von ihnen lässt, wird Barmherzigkeit finden (28:13).

2. DER MENSCH MUSS GOTTES WORT GLAUBEN.

Neige dein Ohr und höre auf die Worte des Weisen Und richte deinen Sinn auf meine Erkenntnis; Denn lieblich ist es, wenn du sie bei dir behältst, Damit sie auf deinen Lippen bereit sind. Damit deine Zuversicht im Herrn gegründet werde, habe ich dich, gerade dich heute unterwiesen. Habe ich dir nicht hervorragende Dinge Als Ratschlag und Erkenntnis aufgeschrieben, Um dir die Gewissheit der Worte der Wahrheit zu zeigen, Damit du dem recht antworten könnest, der dich gesandt hat? (22:17-21).

Jedes Wort von Gott ist geläutert; Er ist ein Schild denen, die zu Ihm Zuflucht nehmen (30:5).

Wer das Wort verachtet, wird in seiner Schuld sein, Aber der das Gebot fürchtet, wird belohnt (13:13).

Einige mögen vielleicht meine Interpretation dieser Verse, insbesondere 22:17-21, anzweifeln. Aber der Gott, der errettet, ist es selbst, der gesprochen hat. Der Schreiber der ersten Textstelle scheint zu spüren, dass seine Worte von Gott kommen, und deshalb drängt er den Leser, ihnen für seine eigene Erlösung Beachtung zu schenken. Schließlich ist unsere Erlösung nur so sicher wie die Offenbarung, die sie uns in Aussicht stellt. Um an Gott zu glauben, müssen wir zuerst an Sein Wort glauben.

3. DER MENSCH MUSS AUFHÖREN, AUF SICH SELBST ZU BAUEN, UND NUR GOTT FÜR SEINE ERLÖSUNG VERTRAUEN.

Vertraue auf den Herrn mit deinem ganzen Herzen, Und stütze dich nicht auf deinen eigenen Verstand. Denke an Ihn auf all deinen Wegen, Und Er wird deine Wege gerade machen. Dünke dich nicht weise, Sondern fürchte den Herrn und kehre dich ab vom Bösen (3:5-7).

Der Name des Herrn ist ein starker Turm; Der Gerechte läuft hinein und ist in Sicherheit (18:10).

Die Furcht vor den Menschen legt dich in eine Schlinge, Aber wer auf den Herrn vertraut, wird erhöht werden (29:25).

4. DER MENSCH MUSS SEINER TORHEIT ENTSAGEN UND SICH DEM WEG DER WEISHEIT ZUWENDEN.

Wenn du dich um sie [die Weisheit] bemühst wie um Silber Und nach ihr suchst wie nach verborgenen Schätzen, Dann wirst du die Furcht des Herrn verstehen Und die Erkenntnis Gottes finden. Denn der Herr gibt Weisheit; Von Seinem Mund kommt Wissen und Einsicht. Für die Rechtschaffenen bewahrt er dauerhafte Weisheit auf; Er ist ein Schild denen, die in Lauterkeit wandeln, Er behütet die Pfade der Gerechtigkeit Und erhält den Weg Seiner Frommen (2:4-8).

Verlasst die Torheit und lebt Und geht voran auf dem Weg des Verständnisses“ (9:6).

Die Sprüche fassen die Art, wie der Mensch ein Verhältnis zu Gott eingehen soll, gerne in dem Ausdruck “die Furcht des Herrn” zusammen.

1. DIE FURCHT DES HERRN IST DER ERSTE SCHRITT, UM WEISHEIT ZU ERLANGEN UND GOTT ZU ERKENNEN.

Dann wirst du die Furcht des Herrn verstehen Und die Erkenntnis Gottes finden (2:5).

Die Furcht des Herrn ist der Beginn der Weisheit, Und die Erkenntnis des Einen Heiligen ist Verständnis (9:10; vgl. 1:7; 15:33).

2. DIE FURCHT DES HERRN BRINGT UNS VOM TOD ZUM LEBEN, VON GOTTES ZORN ZUM LEBEN DURCH IHN.

Die Furcht des Herrn verlängert das Leben, Aber die Jahre der Bösen werden verkürzt werden (10:27).

Die Furcht des Herrn ist ein Quell des Lebens, Um sich abzuwenden von den Schlingen des Todes (14:27).

Die Furcht des Herrn gereicht zum Leben, Sodass man gesättigt schläft und vom Bösen nicht berührt wird (19:23).

Der Lohn der Demut und der Furcht des Herrn Sind Reichtum, Herrlichkeit und Leben (22:4).

3. DIE FURCHT DES HERRN LÄSST UNS DAS BÖSE MEIDEN UND GERECHTIGKEIT AUSÜBEN.

„Die Furcht des Herrn bedeutet, das Böse zu hassen; Stolz und Überheblichkeit, den schlechten Weg Und den verkehrten Mund hasse ich“ (8:13).

Wer in Rechtschaffenheit wandelt, fürchtet den Herrn, Aber wer verkehrt ist auf seinen Wegen, verachtet Ihn (14:2).

Durch liebende Güte und Wahrhaftigkeit wird Missetat gesühnt, Und in der Furcht des Herrn hält man sich vom Bösen fern (16:6).

Lass dein Herz nicht neidisch sein auf Sünder, Sondern lebe allezeit in der Furcht des Herrn (23:17).

4. DEN HERRN ZU FÜRCHTEN BEDEUTET, IHN ZU RESPEKTIEREN, ABER AUCH, IHM ZU VERTRAUEN.

Dünke dich nicht weise, Sondern fürchte den Herrn und kehre dich ab vom Bösen (3:7).

In der Furcht des Herrn liegt ein tiefes Vertrauen, Und für seine Kinder wird es eine Zuflucht geben (14:26).

Um vor dem göttlichen Gericht bewahrt zu werden und in eine enge Gemeinschaft mit Gott einzutreten, muss der Mensch als Erstes demütig werden und seine Sündhaftigkeit bekennen. Er muss aufhören, auf sich selbst zu bauen und sein Vertrauen in Gott setzen. Und nachdem er dem Weg der Sünde entsagt hat, muss er das Böse meiden und der Gerechtigkeit anhängen.

Schlussfolgerung

Lassen Sie mich zum Schluss – im Hinblick auf das, was wir aus den Sprüchen über Gott und den Menschen gelernt haben – noch einmal zwei Verpflichtungen herausstellen, die wir nicht vernachlässigen dürfen.

1. DER MENSCH IST DAZU VERPFLICHTET, SICH ZU ENTSCHEIDEN, OB ER DEM WEG DER WEISHEIT FOLGEN WILL, INDEM ER SEINE SÜNDHAFTIGKEIT BEKENNT, SICH VOM BÖSEN ABKEHRT UND AUF GOTT VERTRAUT.

Die Sprüche konfrontieren uns immer wieder mit der Dringlichkeit unserer Entscheidung für oder gegen die Furcht des Herrn. Es gibt nur zwei Wege, den Weg der Weisheit und den Weg der Torheit. Diejenigen, die ihrer natürlichen Neigung folgen, werden auf dem Weg zur Vernichtung bleiben. Denjenigen, die ihre Sünde bekennen und auf Gott vertrauen, werden Leben, Frieden und Gemeinschaft mit Gott zuteil werden. Sei es durch aktive Entscheidung oder durch passives Geschehenlassen – jeder Mann, jede Frau und jedes Kind trifft seine Wahl. Schieben Sie die Entscheidung für den Weg der Weisheit, den Weg des Lebens nicht länger auf!

2. WER SICH FÜR DEN WEG DER WEISHEIT ENTSCHIEDEN HAT, IST VERPFLICHTET, DENEN DIESEN WEG ZU ZEIGEN, DIE IHN NOCH NICHT BETRETEN HABEN.

Ich glaube,dass das Buch der Sprüche uns zu Evangelisten erziehen möchte. Wir sollen es machen wie Gott (und Dame Weisheit) und den Menschen nachgehen, sie vor den Gefahren ihres Weges warnen und sie ermahnen, sich von der Torheit hin zur Weisheit zu bekehren. Es gibt mehrere Sprüche, die zeigen, dass der Weise verpflichtet ist, andere auf den Weg zu drängen, der die Menschen vom Tod zum Leben führt.

Die Frucht des Gerechten ist ein Baum des Lebens, Und wer weise ist, gewinnt Seelen (11:30).

Der Rechtschaffene ist seinen Nächsten ein Vorbild, Aber der Weg der Bösen führt sie in die Irre (12:26).

Die Lehren der Weisen sind ein Quell des Lebens, Um sich abzuwenden von den Schlingen des Todes (13:14).

Befreie die, die zum Tode weggeführt werden; Und die zur Schlachtung hinstolpern, O halte sie zurück! Wenn du auch sagst: „Siehe, wir haben dies nicht gewusst“ – Wird nicht Er es bemerken, der die Herzen wägt? Und wird nicht Er es wissen, der deine Seele erhält? Und wird Er nicht dem Menschen nach seinem Tun erstatten? (24:11-12)

Derjenige, der seine eigene Sündhaftigkeit erkannt hat und die Gefahren, die auf dem Weg der Torheit entstehen, der kennt auch zur Genüge die Gefahren, die auf Andere zukommen, und er fühlt sich gedrängt, die Anderen zu warnen, und möchte die Worte der Weisheit mit ihnen teilen, die er als wahr erkannt hat.

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8. Weisheit und Wohlstand (Teil I)

Die Einstellung der Bibel zum Reichtum

Einleitung

Unsere bisherigen Studien im Buch der Sprüche konzentrierten sich auf das, was ein Weiser nicht ist – einfältig, töricht, faul. Jetzt wollen wir unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was den, der weise ist, in den Sprüchen kennzeichnet. Wir beginnen damit, dass wir das Verhältnis von Weisheit und Reichtum näher untersuchen. Eine der Möglichkeiten, einen weisen Menschen zu erkennen, ist die Art, wie er mit Geld umgeht. Weisheit kann man nicht daran erkennen, wie viel Geld jemand besitzt, sondern daran, was er für eine Einstellung dazu hat, wie er es erworben hat und wie er Gebrauch davon macht. Diese Botschaft wird die Einstellung des Weisen zum Reichtum untersuchen; die Nächste wird sich dann mit der Art auseinandersetzen, wie Geld erworben und wie es gebraucht werden sollte.

Wenn ich die Betrachtungen zum Charakter des Weisen mit einer Abhandlung über Geld beginne, soll das nicht so verstanden werden, dass ich Geld für das wichtigste Thema halte, das es zu untersuchen gilt – das ist es keinesfalls. In Lukas 16:10 bezeichnet Jesus Geld als ein “Geringstes”. Allerdings gibt es mehrere Gründe, warum ein so Geringes wie Geld für uns von Wichtigkeit sein kann. In erster Linie stellt es – mag es auch ein Geringes sein – ein großes Problem für viele amerikanische Familien dar, für christliche wie für nicht-christliche. Wie unsere Regierung, so haben auch wir uns daran gewöhnt, einen defizitären Haushalt zu verwalten und mehr auf Kredit als mit Barzahlung zu leben. Die Folge davon ist, dass einer oder sogar beide Ehepartner mehr arbeiten müssen als vernünftig ist. Auch die christliche Freigebigkeit nimmt offensichtlich ab. Wenn etwas, das nur „ein Geringes“ ist, so „groß“ in unserem Leben wird, stimmt etwas mit unseren Prioritäten nicht. Jesus lehrte zudem, dass wenn wir in diesem „Geringsten“ des Geldes nicht treu sind, wir in Angelegenheiten von größerer Wichtigkeit auch nicht treu handeln werden (vgl. Lukas 16:10). Wollen wir also danach streben, weise im Umgang mit Geld zu werden. Lassen Sie uns die Weisheit Gottes zu diesem Thema suchen, wenn wir jetzt ein weiteres Mal das Buch der Sprüche aufschlagen.

Was ist besser als Reichtum?

Mancher scheint zu denken, dass es nichts Besseres gibt als Reichtum, aber gemäß der Sprüche gibt es viele Dinge, die wichtiger sind als Geld. Lassen Sie uns kurz einige dieser besseren Dinge betrachten.

1. AURRICHTIGKEIT UND FREUNDLICHKEIT SIND BESSER ALS WOHLSTAND. In den Sprüchen wird uns gesagt, dass es wichtiger ist ehrlich zu sein als reich.

Das Begehrenswerte an einem Menschen ist seine Güte, Und es ist besser arm zu sein als ein Lügner (Spr 19:22).

Reiche Menschen finden es nicht unbedingt wichtig, freundlich zu Anderen zu sprechen. Der Reiche in Sprüche 18:23 “antwortet heftig”. Die Ebenezer Scrooges im Leben gehen nicht freundlich mit Anderen um, doch die Sprüche bedeuten uns, dass Güte wichtiger ist als Reichtum. Ganz konkret wird uns in Vers 19:22 gesagt, dass es besser ist, ein ehrlicher Mensch zu sein als ein Reicher – wenn man zwischen Beidem zu wählen hat.

2. EIN GUTER RUF IST BESSER ALS REICHTUM.

Ein guter Name ist begehrenswerter als große Reichtümer; Gunst ist besser als Silber und Gold (22:1).

3. EIN GOTTGEFÄLLIGER CHARAKTER IST WICHTIGER ALS GELD. Es ist wichtiger gerecht zu sein als reich. Die Lauterkeit eines Menschen ist wichtiger als materieller Überfluss.

Ein armer Mann, der in Lauterkeit wandelt, ist besser Als einer, der Verkehrtes spricht und ein Tor ist (19:1).

Besser ist ein Wenig mit Gerechtigkeit Als eine Fülle von Ertrag ohne Recht (16:8).

4. EIN FRIEDVOLLES ZUHAUSE VOLLER LIEBE IST BESSER ALS EIN BANKKONTO VOLLER GELD. Zahllose Menschen opfern ihr Heim in dem Bemühen, Geld zu verdienen – oft unter dem Vorwand, für die Familie zu sorgen. Die Sprüche lehren uns, dass es wichtiger ist, ein Zuhause voller Liebe und Harmonie zu haben als eines, das nur Geld hat.

Besser ist ein Gemüsegericht, wo Liebe ist, Als ein gemästeter Ochse mit Hass dabei (15:17).

Besser ist ein trockener Kanten Brot und Ruhe dabei Als ein Haus voller Feste mit Zank (17:1).

Negativ ausgedrückt: Einer der Reichtum auf ungerechte Weise zu erlangen sucht, bringt Zerstörung über sein Heim.

Wer unrechtmäßigen Gewinn macht, bringt sein eigenes Haus in Schwierigkeiten; Aber wer die Bestechung hasst, wird leben (15:27).

5. WEISHEIT IST BESSER ALS WOHLHABENHEIT. Kein Thema wahrscheinlich wird so oft in den ersten Kapiteln der Sprüche wiederholt.

„Nehmt meine Zurechtweisung und nicht Silber, Und Erkenntnis lieber als das erlesenste Gold. Denn Weisheit ist besser als Geschmeide, Und auch alle anderen Dinge, an denen man Lust hat, kommen ihr nicht gleich“ (8:10-11).

Um wieviel besser ist es, Weisheit zu erwerben als Gold; Und Verständnis zu erlangen ist dem Silber vorzuziehen! (16:16).

Wenn es so viele bessere Dinge gibt als Reichtum, müssen wir wohl zugeben, dass Geld nicht annähernd so wichtig sein kann, wie manche annehmen. Ein weitergehendes Studium der Sprüche bestätigt das: Lassen Sie uns als Nächstes betrachten, was Geld nicht leisten kann.

Was Geld uns nicht geben kann

„Geld ist nicht Alles,“ soll jemand gesagt haben, „aber es liegt weit vor Allem, was an zweiter Stelle folgen könnte.“ Die Sprüche dagegen klären uns darüber auf, dass Geld nicht nur nicht an erster Stelle steht, sondern noch nicht einmal um die zweite Stelle konkurrieren kann. Ein Grund dafür ist, dass wir mit Geld diejenigen Dinge einfach gar nicht kaufen können, die im Leben am Wichtigsten sind.

1. GELD KANN UNS KEINE SICHERHEIT VERSCHAFFEN.

Hauptsächlich aus zwei Gründen kann Geld einem Menschen keine Sicherheit geben. Der Erste ist der, dass man mit Geld keine Sicherheit erwerben kann, weil sich Sicherheit eben nicht kaufen lässt. Es gibt Menschen, die sich selbst darüber hinweg täuschen und denken, dass ihr Reichtum ihnen Sicherheit bietet, aber das ist nur Einbildung.

Der Wohlstand eines Reichen ist wie eine befestigte Stadt Und wie eine hohe Mauer in seiner eigenen Vorstellung (18:11).

Der zweite Grund, warum Geld uns keine Sicherheit bieten kann, ist der, dass Reichtum oft vergänglich ist. Nicht nur kann unser Reichtum uns nicht sicher machen, sondern er selbst ist unsicher.

Mühe dich nicht ab, um Reichtum zu gewinnen, Hör auf darüber nachzudenken. Wenn du deine Augen darauf richtest, ist er schon fort. Denn Reichtum macht sich gewiss Flügel, Wie die eines Adlers, der dem Himmel zu fliegt (23:4-5).

Ich erinnere mich an die Geschichte von einem Mann, der hunderte Millionen Dollar bei einer einzigen Transaktion gewann. Nur ein paar Monate später berichteten die Zeitungen über einen Verlust, der den vorher gemachten Gewinn sogar noch überstieg. Jemand kommentierte: „Sein letztes Hemd hat er wohl nicht verloren, aber die Krawatte sitzt doch schon recht locker.“ Sicherheit kann nie durch Geld erworben werden.

2. MIT GELD KANN MAN KEINE WEISHEIT KAUFEN.

Warum ist das Geld, um Weisheit zu kaufen, in der Hand eines Toren, Wenn er doch keinen Verstand hat? (17:16).29

3. GELD KANN UNS DAS KOSTBARSTE GESCHENK DES LEBENS NICHT VERSCHAFFEN.

Wir wissen, dass man mit Geld keine wahren Freunde kaufen kann, denn gekaufte „Freunde” werden uns im Stich lassen, wenn wir einmal bedürftig sind.

All die Brüder eines Armen hassen ihn; Um wieviel mehr halten sich seine Freunde von ihm fern! Er jagt ihnen nach mit Worten, doch sie sind fort (19:7).

Der Verlorene Sohn (Lukas 15) ist ein neutestamentliches Beispiel für diese Tatsache.

Eine gute Ehefrau ist ein Geschenk des Herrn (vgl. Spr 18:22). Eine gottgefällige Frau kann man nicht kaufen; sie ist eine Gabe von Gottes Gnade.

Haus und Vermögen sind von den Vätern ererbt, Aber eine kluge Frau ist vom Herrn (19:14).

4. DIE ERLÖSUNG KANN MIT GELD NICHT GEKAUFT WERDEN.

Gottes Gnade wird nie durch irgendwelche Leistungen des Menschen erworben. Geld kann uns deshalb nicht erretten – im Gegenteil: Stolz und Selbstvertrauen, die es oft hervorruft, verstärken unsere Eigenwilligkeit und Sündhaftigkeit nur noch.

Reichtümer bringen keinen Nutzen am Tag des Zornes, Aber Gerechtigkeit wird vom Tode befreien (11:4).

Die Gerechtigkeit der Aufrechten wird sie befreien, Aber die Treulosen werden in ihrer eigenen Gier gefangen werden (11:6).

Wer auf seine Reichtümer vertraut, wird fallen, Aber der Gerechte wird gedeihen wie das grüne Laub (11:28).

Es trifft vielleicht nicht ganz zu, dass „die besten Dinge im Leben kostenlos” sind, aber es ist doch offenbar so, dass man die besten Dinge im Leben nicht mit Geld bezahlen kann.

Was Geld uns geben kann

Jeder, der aus der Armut heraus zu Wohlstand gelangt ist, wird bestätigen, dass Geld Auswirkungen hat. Leider sind viele davon nicht unbedingt vorteilhaft. Lassen Sie uns einige der Auswirkungen betrachten, die Geld auf unser Leben haben kann – als einen weiteren Hinweis darauf, dass Geld nicht das ist, was man von ihm behauptet.

1. SIE KÖNNEN SICHER SEIN, DASS GELD “FREUNDE” ANZIEHT.

Die Sprüche lehren uns, dass Geld die Zahl der Freunde erhöht, Armut sie dagegen verringert.

Reichtum bringt viele Freunde hinzu, Aber der Arme wird von seinem Freund geschieden (19:4).

Viele werden um die Gunst eines großzügigen Mannes flehen; Und jeder Mensch ist ein Freund dessen, der Geschenke gibt (19:6).

Als ich heranwuchs, zogen meine Eltern in ein recht rustikales, aber wunderbares Haus an einem See. Dort verbrachte ich die meisten meiner Jahre als Jugendlicher. Nach einigen Jahren der Beobachtung stellte ich fest, dass wir zwar viele nette Freunde hatten, ein bestimmter Typ von „Freunden“ uns aber nur im Sommer besuchen kam, wenn man gut angeln konnte oder das Wetter sehr heiß – also genau richtig zum Schwimmen – war. Reichtum verschafft einem viele derartiger „Freunde“, aber in schwierigen Zeiten werden solche Leute immer anderswo ihre Freundschaften suchen.

2. GELD GIBT DEN REICHEN LEICHT EIN TRÜGERISCHES GEFÜHL DER SICHERHEIT.

Eine derTextstellen, die wir gerade gelesen haben, sagt uns, dass Reiche dazu neigen, ihr Wohlbefinden fälschlicherweise auf ihren Reichtum zu beziehen.

Der Wohlstand eines Reichen ist wie eine befestigte Stadt Und wie eine hohe Mauer in seiner eigenen Vorstellung (18:11).

3. GELD KANN STOLZ MACHEN UND GLEICHGÜLTIG GEGENÜBER DEN GEISTLICHEN DINGEN.

Es ist eine Tatsache im Leben, dass der arme Mensch, der sich fragt, woher er seine nächste Mahlzeit nehmen soll, eher auf geistliche Dinge eingestellt ist als der Reiche, der sich darüber doch anscheinend gar keine Sorgen machen muss.

Der reiche Mann dünkt sich weise, Aber der Arme, der Verständnis hat, durchschaut ihn (28:11).

Agur, der fromme Mann in Kapitel 30, wollte Gott nicht um Reichtum bitten, weil er fürchtete, dass sich sein Herz dadurch vom Herrn abwenden könnte. Er wagte nicht zu bitten, dass er reich würde, damit – in seinen eigenen Worten – „ich nicht satt werde und Dich verleugne und sage ‚Wer ist der Herr?’“ (30:9).

Schlussfolgerungen

Es gibt eine Reihe von Grundsätzen im Buch der Sprüche, die unsere Einstellung zum Geld prägen sollten. Einige davon werden im Folgenden aufgeführt:

1. WEDER DER BESITZ NOCH DAS FEHLEN VON GELD SAGT ETWAS ÜBER JEMANDES GEISTLICHE VERFASSUNG AUS.

In Jesu Zeit neigte das Judentum zu der irrigen Ansicht, dass Wohlstand ein Beweis für Frömmigkeit sei. Die Reichen, so nahm man an, waren wohlhabend, weil sie wertvoller waren. Die geistliche Einstellung eines Mannes konnte damit rasch festgestellt werden, indem man sich sein Bankkonto ansah, die Art, in der er sich kleidete, oder sonstige äußerliche Zeichen des Überflusses. Der Asketizismus anderer religiöser Gruppierungen beinhaltete dagegen genau das Gegenteil: Sie glaubten, dass der Fromme allen materiellen Besitz vermeiden müsse, so dass für sie Armut ein Beweis von Frömmigkeit war.

Beide Sichtweisen sind aus verschiedenen Gründen falsch. Erstens kann jemand aus unrechten Gründen reich sein: Kriminalität kann beispielsweise seinen Wohlstand befördert haben. Außerdem kann man auch aus anderen Gründen arm sein als durch Sündhaftigkeit oder Trägheit. Mancher ist durch Ungerechtigkeit arm geworden, nicht durch fehlende Initiative (13:23). Wenn es besser ist, arm zu sein als ein Lügner (19:22), mag jemand die Armut vielleicht auch bewusst gewählt haben, um ehrlich und rein im Herzen zu bleiben. Der wichtigste Gesichtspunkt, den die Bibel uns lehrt, ist aber der, Andere niemals anhand ihrer äußeren Erscheinung zu beurteilen.

Aber der Herr sprach zu Samuel: „Schau nicht auf sein Aussehen oder auf die Höhe seines Wuchses, denn Ich habe ihn verworfen. Denn Gott sieht nicht so, wie der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf die äußere Erscheinung, der Herr aber sieht auf das Herz” (1.Sam 16:7).

In der Bergpredigt warnte unser Herr vor den Gefahren der Oberflächlichkeit, der Ausübung von nach außen hin sichtbaren Handlungen, die Einer tut, um gerecht zu erscheinen, ohne dass er aber Gott wirklich von Herzen dient (vgl. Mat 6:1-18). Wir dürfen nicht wagen, die Frömmigkeit Anderer an Kriterien zu messen, die nur die äußerliche Erscheinung und nicht die Einstellung des Herzens berücksichtigen.

Der folgende Spruch fasst das vielleicht so gut zusammen, wie man es nur sagen kann:

Da ist Einer, der sich als reich ausgibt, aber er hat Nichts; Ein Anderer gibt sich als arm aus und hat doch große Reichtümer (13:7).

Wahre Reichtümer lassen sich nicht in Geld bemessen.

2. GOTT HAT NICHT VERSPROCHEN, DASS ER JEDEN FROMMEM CHRISTEN REICH MACHT.

Die Frage, die als Erstes gestellt werden muss, ist: „Hat Gott den Israeliten, an die und für die die Sprüche ja geschrieben worden sind, versprochen, sie finanziell zu fördern?“ Offen gesagt denke ich, dass die Antwort darauf „Ja“ ist. Gott hatte versprochen, Abraham zu segnen (Gen 12:1-3) und diese Verpflichtung auch gegenüber seinen Nachkommen Isaak (26:24) und Jakob (35:9-12) und Jakobs Söhnen gegenüber (vgl. 49:3-27) wiederholt. Im Buch Deuteronomium werden Wohlstand und Sicherheit allen Menschen versprochen, die nach dem Gesetz leben, das Gott im mosaischen Vertrag niedergelegt hat. Die Segnungen im Falle des Gehorsams und die Folgen des Ungehorsams werden in Kapitel 28 dargestellt. Sollte das Volk Israel das Gesetz Gottes missachten, so werden sie gewarnt, würden sie aus dem Land vertrieben und in die Gefangenschaft fortgeführt werden (Vers 64-68). Beachten Sie die folgende Stelle aus den Sprüchen unter dem Aspekt von Gottes Versprechens an Israel:

Denn die Rechtschaffenen werden im Lande wohnen bleiben, Und die Untadeligen werden in ihm übrig bleiben; Aber die Bösen werden aus dem Land ausgerottet werden, Und die Treulosen werden aus ihm herausgerissen (2:21-22).

Die Segnungen der Gerechten, von denen das Buch der Sprüche spricht, sind genau die, die Israel von Gott versprochen wurden, sofern es Seine Gesetze halten würde. Meiner Auffassung nach war Wohlstand der Standard und das Ideal, das es anzusteuern galt, und das Ziel Israels war es, keine Armen im Volke Gottes zu haben. Genau das ist, denke ich, der Punkt von Deuteronomium 15:4-5:

Es sollte jedoch unter dir keine Armen geben, denn der Herr wird dich sicher segnen in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir als ein Erbe gibt, um es in Besitz zu nehmen, wenn du nur gehorsam auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, hörst und gewissenhaft all die Gebote einhältst, die Ich dir heute gebiete.

Wohlstand war zwar das Ideal; er wurde aber nie als Etwas gesehen, das wirklich eintreten würde. In den folgenden Versen desselben Kapitels in Deuteronomium nämlich weist Gott die Israeliten auf ihre Verpflichtung hin, für die Armen in ihrer Mitte zu sorgen:

Wenn unter dir ein armer Mann ist, einer deiner Brüder, in einer deiner Städte in deinem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt, so sollst du dein Herz nicht verhärten noch deine Hand gegenüber deinem armen Bruder verschlossen halten; sondern freigebig sollst du deine Hand für ihn öffnen und ihm großzügig leihen, so viel, wie er von dem benötigt, an dem er Mangel hat (Deu 15:7-8).

Die auffallendste Äußerung – eine, die auch unser Herr wiederholt (vgl. Mat 26:11) – ist die in Deuteronomium 15:11: „Denn an Armen wird es niemals fehlen in deinem Land.“ Selbst in Israel nahm man nie an, dass jeder einmal reich sein würde.

Ein Beitrag des Dispensationalismus zum Studium der Schrift ist die Unterscheidung zwischen den Versprechen an die Juden und denjenigen an die Heiligen des Neuen Testaments. Wenn wir davon ausgehen, dass aufgrund des Versprechens der Sprüche Jeder, der gottgefällig lebt, reich wird, müssen wir auch so konsequent sein und sagen, dass wir dann im Land Israel leben werden (Spr 2:21). Ich finde im Neuen Testament kein einziges Versprechen, dass Frömmigkeit mit großem Reichtum belohnt werden wird. Selbst unser Herr legte Seinen Reichtum beiseite und wurde um unseretwillen arm (2.Kor 8:9).

3. DIE SPRÜCHE HALTEN UNS NICHT AN, NACH WOHLSTAND ZU STREBEN, SONDERN DAZU, JEDES OPFER FÜR DIE WEISHEIT AUF UNS ZU NEHMEN.

Die Sprüche raten uns nicht zum Materialismus, sondern sie verbieten ihn.

Mühe dich nicht ab, um Reichtum zu gewinnen, Hör auf darüber nachzudenken. Wenn du deine Augen darauf richtest, ist er schon fort. Denn Reichtum macht sich gewiss Flügel, Wie die eines Adlers, der dem Himmel zu fliegt (23:4-5).

Ein Mensch mit neidischen Augen hastet dem Reichtum nach Und weiß nicht, dass Mangel über ihn kommen wird (28:22).

Der größte Schatz im Leben ist die Weisheit, die mit der Furcht des Herrn beginnt und eine lebenslange Suche nach der göttlichen Einsicht in das Leben ist. Wie wir angewiesen werden, nicht nach Glück zu streben sondern nach Heiligkeit, so werden wir auch angespornt, nach Weisheit zu suchen und nicht nach Wohlstand. Wenn sich Reichtum einstellt, sollte er ein glücklicher Umstand und ein Nebeneffekt sein, aber nicht das Ziel an sich. Das war auch der Wunsch von Agur, der erkannte, dass sowohl die Armut als auch der Wohlstand ihre Gefahren haben. Die aufrichtige Bitte, die Agur äußerte, war deshalb die, dass er gerecht werde, nicht reich. Sein Gebet soll auch für uns ein Beispiel sein:

Zwei Dinge erbat ich von Dir; enthalte sie mir nicht vor, ehe ich sterbe: Halte Täuschung und Lüge weit von mir, Gib mir weder Armut noch Reichtümer; Ernähre mich mit Speise, soviel mir beschieden ist, Damit ich nicht satt werde und Dich verleugne und sage ‚Wer ist der Herr?’ Und damit ich nicht in Mangel gerate und stehle Und den Namen meines Gottes entweihe (30:7-9).

Oh, dass du und ich doch mehr nach Weisheit als nach Wohlstand hungerten und dass wir bereit wären, unser Leben dafür zu zügeln! Lasst uns nicht den Wohlstand zum obersten Inhalt unseres Lebens machen, aber lasst uns den Reichtum auch nicht verdammen, als wäre er eine Sünde. Der ausschlaggebende Punkt ist unsere Einstellung zum Geld. Viele, die arm sind, sind stärkere Materialisten als die Reichen, weil sie dem Reichtum zu viel Wert einräumen. Wie wir den Reichtum betrachten und wie wir Gebrauch von ihm machen – das ist es, was vor Gott wichtig ist. In der folgenden Lektion werden wir deshalb den Erwerb und den Gebrauch des Geldes betrachten.

Ein abschließendes Wort ist hier noch angebracht: Vielleicht hast du Jesus Christus noch nicht als deinen persönlichen Erlöser kennen gelernt. Du bist ein Schuldner vor Gott, und kein noch so großer Geldbetrag wird deine Schuld zurückzahlen können. Deine Schuld ist die Sündhaftigkeit. Die Bibel lehrt uns, dass der Sünde Lohn der Tod ist (Rö 6:23). Es gibt keine Möglichkeit, dass du selbst je deine Schuld zurückzahlen könntest. In Seiner Gnade hat Gott Seinen Sohn Jesus Christus gesandt, dass Er am Kreuz von Golgatha sterbe. Er trug die Strafe für unsere Sünden. Er allein kann dir die Vergebung deiner Sünden anbieten und die Sicherheit, dass du in Ewigkeit mit Ihm im Himmel sein darfst. Der Preis war ohne Maßen – das Blut von Gottes schuldlosem Sohn. Du kannst von deiner Schuld befreit und ein Erbe von Gottes Reichtum werden, aber nur durch ein persönliches Verhältnis zu Jesus Christus. Ich bitte dich dringend, deine Sünden zu bekennen und auf Ihn zu vertrauen für dein ewiges Leben.


29 Ich sehe keinen Widerspruch zwischen Spr 17:16 und 23:23, wo gesagt wird: “Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht.” Vers 17:16 bezieht sich auf den Toren: er kann Weisheit um keinen Preis erlangen. In Vers 23:23 wird der Weise ermahnt, die Wahrheit zu suchen. Wahrheit kann zwar nicht mit Geld gekauft werden, aber diese Redewendung lehrt uns, dass ebenso wie die kostbare Perle (Mat 13:46) auch die Wahrheit großer Opfer wert ist, um sie zu erlangen.

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11. Die Worte des Weisen

Einleitung

In seinem Buch”Killing Giants, Pulling Thorns” [“Wie man Riesen tötet und Dornen ausreißt”], erinnert uns Chuck Swindoll an diesen Spruch, eine verblasste Gravur auf einem grauen Schieferstein, auf einem Friedhof auf einem windumtosten Hügel im ländlichen England:

Unter diesem Stein,
ein Klumpen Lehm,
Liegt Arabella Young,
Die seit dem vierundzwanzigsten Mai
Ihren Mund hält.

Wenn es einen Fehler gibt, den alle Menschen gemeinsam haben, so ist es der Missbrauch der Sprache. Es verwundert daher wenig, dass eines der häufigsten Themen im Buch der Sprüche das angemessene Sprechen ist. So verbreitet das Problem mit dem Sprechen ist, so heikel ist es auch. Denn erstens kann man durch das, was man sagt, sowohl große Wohltaten wie auch große Übeltaten bewirken. Zum Anderen können einmal gesprochene Worte nicht zurück genommen werden, und es ist unmöglich, einen Schaden, den die Zunge angerichtet hat, wieder gut zu machen.

Der Anfang eines Streites ist wie wenn Wasser losgelassen wird, Daher ziehe dich zurück, ehe der Zank ausbricht (17:14).

Wenn du deinem Bruder Unrecht getan hast, ist er schwerer einzunehmen als eine befestigte Stadt, Und Streitigkeiten sind wie die Riegel eines Wohnturms (18:19).

Jakobus schließlich meint in seinem Brief, dass der Schlüssel zur Selbstbeherrschung in der Kontrolle über unseren Mund liegt:

Denn wir alle straucheln vielerart. Wenn Irgendeiner nicht in dem strauchelt, was er sagt, so ist er ein vollkommener Mensch und in der Lage, auch sonst seinen ganzen Leib zu zäumen. Wenn wir nun den Pferden das Zaumzeug ins Maul legen, damit sie uns gehorchen, so lenken wir auch ihren ganzen Körper (Jak 3:2-3).

In dieser Lektion werden wir so vorgehen, dass wir Worte genau so betrachten wie zuvor das Geld: als Etwas, das wir weise zum Wohle Anderer wie auch zu unserem eigenen Wohl investieren oder aber töricht zum Schaden Aller vergeuden können. Wir wollen zu Beginn die Macht der Worte zum Guten wie zum Bösen betrachten. Dann wollen wir versuchen, aus dem Buch der Sprüche zu lernen, welche Worte töricht verschwendet und welche weise investiert sind. Am Ende dann wollen wir nach Möglichkeiten suchen, wie wir unsere Worte gut gebrauchen können.

Das Potenzial der Worte

Im Gegensatz zum Geld sind Worte immer leicht verfügbar. Niemand von uns hat wohl je unter Wortknappheit zu leiden. Daher könnten wir geneigt sein, die Auswirkungen zu unterschätzen, die Worte auf uns selbst und auf Andere haben können. Die Sprüche mahnen uns, an das Potenzial der Worte zum Guten wie zum Bösen zu denken.

Tod und Leben liegen in der Macht der Zunge, Und wer sie liebt, wird von ihren Früchten essen (18:21).

Eine alte Redensart, die wir uns als Kinder immer wieder vorgesagt haben, lautet etwa: “Stock und Stein bricht mein Bein, Worte aber können mich nicht verletzen.”

Diese Redensart ist meiner Meinung nach eigentlich nicht sehr zutreffend. Tatsache ist doch, dass die Verletzungen, die Stock und Stein zufügen, wieder heilen – aber die Wunden, die grausame oder gedankenlose Worte zufügen, können tief gehen und ein Leben lang bestehen bleiben. Weise gesprochene Worte andererseits können Quell des Lebens, des Trostes und der Heilung sein.

Der Mund des Gerechten ist ein Quell des Lebens, Aber der Mund des Bösen birgt Gewalttat (10:11).

Durch seinen Mund zerstört der gottlose Mensch seinen Nächsten, Aber durch Erkenntnis werden die Gerechten befreit (11:9).

Durch den Segen der Rechtschaffenen wird eine Stadt erhöht, Aber durch den Mund der Bösen wird sie niedergerissen (11:11).

Da ist Einer, der überstürzt redet wie mit Schwerthieben, Aber die Zunge der Weisen bringt Heilung (12:18).

Ängstlichkeit im Herzen eines Menschen wird es niederdrücken, Aber ein gutes Wort macht es froh (12:25).

Ein ehrlicher Zeuge rettet Leben, Aber der Lügen spricht, ist trügerisch (14:25).

Wenn die Zunge beschwichtigt, ist sie ist ein Baum des Lebens, Aber wenn sie verdreht ist, zerschmettert sie den Geist (15:4).

Ein Mensch hat Freude an einer angemessenen Antwort, Und wie erfreulich ist ein Wort zur rechten Zeit! (15:23)

Angenehme Worte sind eine Honigwabe, Süß für die Seele und Heilung für das Gebein (16:24).

Ein nichtsnutziger Mensch gräbt Schlechtes aus, Und seine Worte sind wie ein versengendes Feuer. Ein hinterhältiger Mensch verbreitet Streit, Und ein Verleumder bringt enge Freunde auseinander (16:27-28).

Diese Sprüche halten uns die Macht des gesprochenen Wortes vor Augen, das Anderen Gutes oder Böses zufügen kann. Andere Sprüche lehren uns, dass jedes Wort, das wir sprechen, große Wirkung für den Sprechenden wie für den Hörenden zeitigen kann. Weise gesprochene Worte bringen dem Sprechenden Segen, aber töricht gesprochene Worte bringen Schwierigkeiten und Unglück.

Ein böser Mensch verstrickt sich durch die Übertretung seiner Lippen, Aber der Gerechte wird aus der Bedrängnis entkommen. Ein Mensch wird mit Gutem gesättigt werden durch die Frucht seiner Worte, Und die Taten seiner Hände werden zu dem Menschen zurückkehren (12:13-14).

Wahrhafte Lippen werden für immer andauern, Aber eine lügende Zunge währt nur einen Augenblick (12:19).

Von der Frucht seines Mundes wird ein Mensch Gutes genießen, Aber das Begehren des Treulosen ist Gewalttätigkeit. Der seinen Mund behütet, bewahrt sein Leben; Der seinen Mund weit aufmacht, kommt zum Verderben (13:2-3).

In des Toren Mund ist die Rute für seinen Hochmut, Aber die Weisen bewahrt ihr Mund (14:3).

Wer verkehrten Sinnes ist, findet nichts Gutes, und wer verkehrter Zunge ist, wird ins Unglück fallen (17:20).

Der Mund des Toren ist sein Verderben, Und seine Lippen sind eine Schlinge für seine Seele (18:7).

Von der Frucht seines Mundes wird der Magen eines Menschen gesättigt; Er wird gesättigt mit dem Ertrag seiner Lippen (18:20).

Wir ernten, was wir mit unseren Lippen säen. Wenn unsere Worte weise gesprochen sind, profitieren Andere genauso davon wie wir selbst auch. Wenn wir unsere Worte töricht oder boshaft gebrauchen, verletzen sie Andere wie uns selbst.

Töricht investierte Worte:
Wo Worte keine Macht haben

Genauso wie es Dinge gibt, die man mit Geld nicht kaufen kann, so gibt es auch Dinge, die man mit Worten nicht erreichen kann. In den Sprüchen werden einige Schwachstellen der Worte aufgeführt.

1. WORTE SIND UNWIRKSAM, WENN SIE VON EINEM TOREN GESPROCHEN WERDEN.

Wie die Beine des Lahmen, die herabhängen, So ist ein Spruch im Munde der Toren (26:7).

Wie die Dornen, die in die Hand eines Trunkenboldes fallen, So ist ein Spruch im Munde der Toren (26:9).

1. WORTE SIND UNWIRKSAM, WENN SIE ZU EINEM TOREN GESPROCHEN WERDEN.

Das Herz des Klugen sucht nach Erkenntnis, Aber der Mund des Toren ernährt sich von Torheit (15:14).

Ein Übeltäter hört auf böse Lippen, Ein Lügner schenkt zerstörerischer Zunge Gehör (17:4).

Ein Tadel dringt tiefer ein in einen Verständigen Als einhundert Schläge in einen Toren (17:10).

Sprich nicht vor den Ohren eines Toren, Denn er wird die Weisheit deiner Worten verachten (23:9).

3. WORTE SIND UNWIRKSAM, WENN SIE NICHT VON ENTSPRECHENDEN TATEN BEGLEITET WERDEN.

Durch jederlei Arbeit ergibt sich ein Vorteil, Aber bloßes Reden führt nur zu Armut (14:23).

Ein Knecht wird nicht durch Worte allein angeleitet; Denn wenn er sie auch versteht, wird er sich nicht daran halten (29:19).

4. WORTE SIND UNWIRKSAM, WENN SIE NICHT MIT DER WAHRHEIT IN EINKLANG STEHEN.

Wie ein Spatz vorbeischießt und eine Schwalbe fliegt, So setzt ein Fluch nichts in Brand ohne Ursache (26:2).

Wenn du auch sagst: „Siehe, wir haben dies nicht gewusst“ – Wird nicht Er es bemerken, der die Herzen wägt? Und wird nicht Er es wissen, der deine Seele erhält? Und wird Er nicht dem Menschen nach seinem Tun erstatten? (24:12)

Wenn er liebenswürdig spricht, glaube ihm nicht, Denn sieben Abscheulichkeiten sind in seinem Herzen. Wenngleich sein Hass sich durch Hinterlist bedeckt, So wird doch seine Bosheit vor der Versammlung offengelegt werden (26:25-26).

5. WORTE SIND UNWIRKSAM, WENN SIE NICHT ZUR RECHTEN ZEIT UND IN DER RECHTEN ART GESRPOCHEN WERDEN.

Wer seinen Freund mit lauter Stimme früh am Morgen segnet, Dem wird es als ein Fluch angerechnet werden (27:14).

Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit:
Wann man Worte lieber sparen als sagen sollte

Einer der grundlegenden Unterschiede zwischen einem weisen Menschen und einem Toren besteht darin, dass der Weise seinen Verbrauch an Worten beschränkt, während der Tor bei jeder Gelegenheit losschwätzt.

Wo viele Worte sind, fehlt die Übertretung nicht, Aber wer seine Lippen im Zaum hält, ist weise (10:19).

Ein kluger Mann verbirgt sein Wissen, Aber das Herz des Törichten ruft Torheit aus (12:23).

Das Herz des Gerechten denkt nach, wie es antworten soll, Aber der Mund des Bösen sprudelt Übles heraus (15:28).

Wer seine Worte zurückhält, besitzt Erkenntnis, Und der kühlen Geistes ist, ist ein Mensch von Verstand (17:27).

Ein Törichter findet keinen Gefallen am Verstehen, Sondern nur an der Enthüllung seiner eigenen Gedanken (18:2).

Wer seinen Mund und seine Zunge verwahrt, bewahrt seine Seele vor Schwierigkeiten (21:23).

Siehst du einen Menschen, der hastig ist mit seinen Worten? Für einen Toren gibt es mehr Hoffnung als für ihn (29:20).

Es gibt mehrere Gründe für einen Weisen, zurückzuhaltend mit Worten zu sein:

1. ZURÜCKHALTUNG IST NOTWENDIG, UM ZU HÖREN, WAS DER ANDERE SAGEN WILL.

Wer antwortet, bevor er gehört hat, Dem ist dies Torheit und Schande (18:13).

Das Herz des Klugen erwirbt Erkenntnis, Und das Ohr des Weisen sucht nach Erkenntnis (18:15).

Der Erste, der seine Sache vertritt, erscheint gerecht, Bis ein Anderer kommt und ihn befragt (18:17).

2. ZURÜCKHALTUNG IST NOTWENDIG, UM ÄRGER UND STARKE EMOTIONEN VORBEIGEHEN ZU LASSEN.

Ein Tor macht seine Verärgerung sofort bekannt, Aber ein kluger Mann verbirgt die Schande (12:16).

Eine milde Antwort wendet Zorn ab, Aber ein unfreundliches Wort rührt Ärger auf. Die Zunge des Weisen macht die Erkenntnis annehmbar, Aber der Mund des Toren speit Torheit (15:1-2).

Wer seine Worte zurückhält, besitzt Erkenntnis, Und der kühlen Geistes ist, ist ein Mensch von Verstand (17:27).

Ein Tor verliert die Beherrschung, Aber ein weiser Mann bewahrt sie (29:11).

3. ZURÜCKHALTUNG GIBT DEM WEISEN ZEIT ZU BEDENKEN, WAS UND WIE ER SPRECHEN SOLL.

Das Herz des Gerechten denkt nach, wie es antworten soll, Aber der Mund des Bösen sprudelt Übles heraus (15:28).

Wenn Schweigen Gold ist:
Verbotenes Sprechen

Vielerlei Arten zu sprechen verbieten die Sprüche eindeutig. Wir wollen diese kurz betrachten:

1. VERTRAUENSBRUCH.

Wer als Verleumder umhergeht, enthüllt Geheimnisse, Aber wer vertrauenswürdig ist, deckt eine Sache zu (11:13).

Trage deine Sache mit deinem Nächsten aus Und offenbare nicht die Geheimnisse eines Anderen, Damit der es hört dir keinen Vorwurf macht Und dann das böse Gerede über dich nicht aufhört (25:9-10).

2. ÜBEREILTE VERSPRECHEN.

Mein Sohn, wenn du Bürge geworden bist für deinen Nächsten, Gar ein Versprechen gegeben hast für einen Fremden; Wenn du verstrickt worden bist durch die Rede deines Mundes, Gefangen worden bist durch die Reden deines Mundes, Dann tue dies, mein Sohn, und befreie dich; Da du in die Hand deines Nächsten geraten bist, Geh und demütige dich selbst und bestürme deinen Nächsten eindringlich. Gib deinen Augen keinen Schlaf, Noch deinen Lidern Schlummer; Befreie dich wie eine Gazelle aus der Hand des Jägers Und wie ein Vogel aus der Hand des Vogelfängers (6:1-5).

Eine Schlinge ist es für einen Menschen, wenn er übereilt sagt “Es ist heilig!” Und nach dem Gelübde Nachforschungen anstellt (20:25).

3. AUSEINANDERSETZUNG UND STREIT.

Ehrenvoll ist es für einen Menschen, sich vom Streit fernzuhalten, Aber jeder Tor wird Streit vom Zaun brechen (20:3).

4. DER VERSUCH, EINEN TOREN ZURECHTZUWEISEN ODER ANZULEITEN.

Sprich nicht vor den Ohren eines Toren, Denn er wird die Weisheit deiner Worten verachten (23:9).

Wenn ein weiser Mann mit einem Toren ins Gericht geht, Rast der Tor oder er lacht, und es gibt keine Ruhe (29:9).

5. SEINE ELTERN ZU BESCHIMPFEN.

Wer Übles auf seinen Vater oder seine Mutter herabruft, Dessen Lampe wird bei der Dunkelheit verlöschen (20:20; vgl. 30:11).

6. FALSCHES ZEUGNIS.

Ein falscher Zeuge wird nicht ungestraft davonkommen, Und wer lügt, wird nicht entrinnen (19:5).

Ein betrügerischer Zeuge spottet des Rechts, Und der Mund der Bösen verbreitet Schädliches (19:28).

7. SCHMEICHELEI.

Eine falsche Zunge hasst die, die sie zermalmt, Und ein schmeichelnder Mund bewirkt Verderben (26:28).

Wer einen Menschen zurechtweist, wird hernach mehr Gunst finden, Als wer mit seiner Zunge schmeichelt (28:23).

Ein Mann, der seinem Nächsten schmeichelt, Breitet ein Netz aus für seine Schritte (29:5).

8. KLATSCH UND VERLEUMDUNG.

Geflüsterte Worte sind wie Leckerbissen, Und sie gehen hinab in das Innerste des Leibes (18:8).

Wer als Verleumder umhergeht, enthüllt Geheimnisse, Lass dich daher nicht mit einem Schwatzhaften ein (20:19).

Der Nordwind bringt Regen mit sich Und heimliches Gerede eine ärgerliche Miene (25:23).

9. LÜGE UND TÄUSCHUNG.

Entferne von dir falsche Reden, Und tu hinterhältige Lippen weit fort von dir (4:24).

Ein nichtsnutziger Mensch, ein böser Mann Ist der, der mit falscher Rede umhergeht, Der mit seinen Augen zwinkert, der mit seinen Füßen Zeichen gibt, Der mit seinen Fingern Andeutungen macht (6:12-13).

10. EIGENLOB.

Wie Wolken und Wind ohne Regen Ist ein Mann, der sich zu Unrecht seiner Gaben rühmt (25:14).

Möge ein Anderer dich rühmen und nicht dein eigener Mund; ein Fremder und nicht deine eigenen Lippen (27:2).

Weise investierte Worte:
Wenn Reden Gold ist

Es gibt viele Gelegenheiten, wo Worte angebracht sind und Schweigen alles andere als Gold sein würde. Wir wollen einige dieser Gelegenheiten betrachten, bei denen der Fromme zu sprechen verpflichtet ist:

1.UNSERE REDE IST WIE GOLD, WENN SIE DURCH GOTTES HOHEIT GELEITET WIRD.

Die Pläne des Herzens gehören zum Menschen, Aber die Antwort der Zunge ist vom Herrn (16:1).

Ich möchte den Leser hier aber vor der Schlussfolgerung warnen, dass Gott für jedes Wort verantwortlich sei, das von den Lippen der Menschen kommt. Ich verstehe die Aussage dieses Spruches vielmehr so, dass wir zwar einen bestimmten Plan im Kopf haben mögen, dass aber, wenn wir unter göttlicher Leitung stehen, was wir sagen von Gott kommt. Dies trifft insbesondere zu, wenn wir Zeugnis für unseren Glauben ablegen oder ihn verteidigen.

„Wenn sie euch aber abführen, um euch auszuliefern, macht euch nicht im Voraus Sorgen über das, was ihr sagen sollt, sondern sagt, was immer euch in jener Stunde gegeben wird; denn nicht ihr seid es, die sprechen, sondern der Heilige Geist” (Mk 13:11).

2. UNSERE REDE IST WIE GOLD, WENN SIE WEISHEIT UND ERKENNTNIS VERBREITET.

Die Lippen des Weisen breiten Erkenntnis aus, Aber die Herzen der Toren sind nicht so (15:7).

Sie tut ihren Mund mit Weisheit auf, Und die Lehre der Güte ist auf ihrer Zunge (31:26; vgl. 31:1).

3. UNSERE REDE IST WIE GOLD, WENN WIR UNSEREN GLAUBEN MITTEILEN.

Die Lehren der Weisen sind ein Quell des Lebens, Um sich abzuwenden von den Schlingen des Todes (13:14).

Ein ehrlicher Zeuge rettet Leben, Aber der Lügen spricht, ist trügerisch (14:25).

Befreie die, die zum Tode weggeführt werden; Und die zur Schlachtung hinstolpern, O halte sie zurück! (24:11)

4. UNSERE REDE IST WIE GOLD, WENN WIR DIE WEISEN BERICHTIGEN.

Wie ein goldener Ohrring und ein Schmuck aus feinem Gold Ist dem hörenden Ohr eine weise Zurechtweisung (25:12).

Besser ist offene Zurechtweisung Als verhüllte Liebe. Treu sind die Wunden durch einen Freund, Aber trügerisch sind die Küsse eines Feindes (27:5-6).

Wer einen Menschen zurechtweist, wird hernach mehr Gunst finden, Als wer mit seiner Zunge schmeichelt (28:23).

5. UNSERE REDE IST WIE GOLD, WENN WIR FÜR DIE RECHTE DER BEDRÄNGTEN DEN MUND AUFMACHEN.

Öffne deinen Mund für die Stummen, Für die Rechte aller Unglücklichen. Öffne deinen Mund, richte gerecht Und verteidige die Rechte der Bedrängten und der Bedürftigen (31:8-9).

6. UNSERE REDE IST WIE GOLD, WENN UNSERE WORTE DEN BEDÜRFNISSEN ANDERER ENTSPRECHEN.

Da ist Einer, der überstürzt redet wie mit Schwerthieben, Aber die Zunge der Weisen bringt Heilung (12:18).

Ängstlichkeit im Herzen eines Menschen wird es niederdrücken, Aber ein gutes Wort macht es froh (12:25).

Wenn die Zunge beschwichtigt, ist sie ist ein Baum des Lebens, Aber wenn sie verdreht ist, zerschmettert sie den Geist (15:4).

Angenehme Worte sind eine Honigwabe, Süß für die Seele und Heilung für das Gebein (16:24).

Weise Wortwahl:
Wie man das Richtige richtig sagt

Als Student im Priesterseminar stand ich dem Kurs Homiletik – die Kunst (und Wissenschaft) eine Predigt zu gestalten – sehr kritisch gegenüber. Was für einen Unterschied sollte es schon machen, wie man etwas sagte, solange das Gesagte wahrhaft Gottes Wort entsprach? Nachdem ich aber einige Predigten meiner Komilitonen angehört hatte, stellte ich meinen Irrtum fest. Wie uns auch die Sprüche lehren, kann etwas inhaltlich Richtiges folgenlos oder sogar nachteilig für den Zuhörer sein, wenn es auf die falsche Art oder zur falschen Zeit gesagt wird.

1. EIN RECHTES WORT KOMMT ZUM RECHTEN ZEITPUNKT.

Ein Mensch hat Freude an einer angemessenen Antwort, Und wie erfreulich ist ein Wort zur rechten Zeit! (15:23)

Wie goldene Äpfel, in Silber gefasst, Ist ein Wort, das den Umständen angemessen gesprochen wird (25:11).

2. EIN RECHTES WORT WIRD RICHTIG ANGEWANDT UND FREUNDLICH GESPROCHEN.

Eine milde Antwort wendet Zorn ab, Aber ein unfreundliches Wort rührt Ärger auf. Die Zunge des Weisen macht die Erkenntnis annehmbar, Aber der Mund des Toren speit Torheit (15:1-2).

Wer weisen Herzens ist, wird verständig genannt werden, Und eine süße Sprache hat mehr Überzeugungskraft (16:21).

Das Herz des Weisen lehrt seine Zunge Und fügt seinen Lippen Überzeugungskraft hinzu (16:23).

Wer die Reinheit des Herzens liebt Und wessen Rede freundlich ist, dem wird der König Freund sein (22:11).

Durch Geduld kann ein Herrscher überredet werden, Und eine milde Zunge kann einen Knochen brechen (25:15).

Schlussfolgerung

Ich möchte noch einmal zusammenfassend betrachten, was wir aus den Sprüchen über den Gebrauch der Worte gelernt haben, und Sie dabei auf einige Stellen im Neuen Testament hinweisen, die dieselben Grundsätze lehren.

„Eure Rede sei ‘ja, ja’ oder ‘nein, nein’; und Alles, was darüber hinaus geht, ist von Übel” (Mat 5:37).

Unser Herr verurteilte hier weniger das Schwören, sondern betonte vielmehr die Notwendigkeit zur unbedingten Wahrhaftigkeit unserer Rede. Andere Menschen fordern einen Eid von uns, wenn sie die Erfahrung gemacht haben, dass sie unsere Worte nicht ohne Weiteres für bare Münze nehmen können. Jesus lehrte, dass unser Reden so sehr von Wahrhaftigkeit geprägt sein sollte, dass niemand darüber hinaus gehende Festlegungen von uns fordern muss. Wie die Sprüche lehrt auch Jesus, dass im Leben der Frommen und Weisen kein Raum für Unaufrichtigkeit und Täuschung ist.

„Ihr Natternbrut, wie könnt ihr Gutes reden, wenn ihr böse seid? Denn aus der Fülle des Herzens spricht der Mund. Der gute Mensch bringt aus seinem guten Schatz Gutes hervor; und der böse Mensch bringt aus seinem bösen Schatz Böses hervor. Und ich sage euch, dass für jedes gedankenlose Wort, das die Menschen je sprechen, sie am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen müssen. Denn aufgrund eurer Worte werdet ihr gerechtgesprochen werden und aufgrund eurer Worte werdet ihr verurteilt werden” (Mat 12:34-37).

Wie die Sprüche lehrt auch Jesus, dass sich der Charakter eines Menschen in seinen Worten zeigt. Die Pharisäer hatten gesagt, dass die Macht unseres Herrn auf Beelzebub, den Herrscher der Dämonen, zurückzuführen wäre (Mat 12:24). Jesus mahnte Seine Kritiker, ihre Worte vorsichtiger zu gebrauchen, da sie aufgrund ihrer Worte gerichtet werden würden.

Nur zu oft sind wir, wie die Pharisäer, schnell dabei zu sprechen, ohne nachzudenken. Wir werden für jedes nutzlose oder sorglos gesprochene Wort zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn wir aufgrund unserer Worte gerichtet werden, dürfen wir sie nicht gedankenlos gebrauchen. Worte haben große Macht, zum Guten wie zum Bösen, für den Hörer wie für den Sprecher.

Ihr wisst dies, meine geliebten Brüder. Jeder Mensch soll schnell sein zum Hören, langsam zum Reden und langsam zum Zorn; denn des Menschen Zorn bewirkt nicht Gottes Gerechtigkeit. Legt daher alle Unsauberkeit ab und Alles, was an Schlechtigkeit noch übrig ist, und empfangt in Demut das Wort, das euch eingepflanzt wird und das eure Seelen zu retten vermag. Erweist euch aber als Täter des Wortes und nicht bloß als Hörer, die sich selbst betrügen (Jak 1:19-22).

In den Sprüchen haben wir gelernt, dass Derjenige weise ist, der mit Worten haushält: Ein weiser Mensch macht nicht sofort den Mund auf, er nimmt Rücksicht auf den Charakter dessen, zu dem er spricht. Er platzt nicht mit seinem Ärger heraus und seine Worte kommen zur rechten Zeit und sind sorgfältig gewählt. Jakobus führt uns eben diese Grundsätze vor Augen. Wenn er sagt „Ihr wisst dies” (Vers 19), spielt Jakobus vielleicht sogar auf die Lehre der Sprüche an. Jakobus warnt aber nicht nur vor einer übereilten, ärgerlichen Erwiderung. Er erinnert seine Leser auch daran, dass sie zwar mit ihren Worten sorgfältig umgehen, für das Wort Gottes aber schnell bereit sein müssen. Wenn wir dem Wort nicht dienen, nützen uns die Worte nichts.

„Nicht jeder, der zu Mir sagt ‘Herr, Herr’, wird in das Reich des Himmels eingehen, sondern wer den Willen Meines Vaters tut, der im Himmel ist“ (Mat 7:21).

Welchen Nutzen hat es, meine Brüder, wenn ein Mensch sagt, er habe Glauben, und hat doch keine Werke? Kann dieser Glaube ihn retten? (Jak 2:14).

Unser Herr wie auch Jakobus lehrten beide, dass bloße Worte niemals Jemanden errettet haben. Ein Bekenntnis allein, ohne jede praktische Umsetzung, zeigt, dass der Glaube tot ist, nicht lebendig und zur Rettung führend. Vielleicht hast auch du einmal ein Glaubensbekenntnis abgelegt, mein Freund, aber es ist nur das geblieben – ein Bekenntnis. Bekenntnisse erretten dich nicht, sondern nur ein kraftvoller und lebendiger Glaube – ein Glaube, der Veränderungen in deinem Lebensstil bewirkt. Täusche dich nicht und denke, dass bloße Worte dich erretten werden. Diejenigen, die in Matthäus 7 sagten, dass sie ein Bekenntnis für den Herrn abgelegt und sogar große Taten in Seinem Namen vollbracht hätten, sind dieselben, von denen unser Herr sagte, dass Er sie nie gekannt hätte (Mat 7:22-23). Möge dein Glaube mehr werden als nur ein Bekenntnis, wenn du dein Vertrauen in Jesus Christus setzt, den schuldlosen Sohn Gottes, der an deiner Stelle am Kreuz gestorben ist, damit du ewig lebest.

Wandelt in Weisheit gegenüber den Außenstehenden, indem ihr eure Gelegenheiten nutzt. Lasst eure Rede stets gefällig sein, wie mit Salz gewürzt, damit ihr wisst, wie ihr Jedem zu antworten habt (Kol 4:5-6).

Sondern heiligt Christus als den Herrn in euren Herzen und seid stets bereit zu einer Verteidigung vor Jedem, der von euch einen Grund für die Hoffnung fordert, die in euch ist; doch tut dies mit Freundlichkeit und Respekt (1.Pe 3:15).

Unsere Worte können von Gott dafür genutzt werden, den Glauben an Ihn zu bezeugen. Wir sollten bereit sein zu sprechen, wenn sich eine Gelegenheit bietet. Unsere Worte sollten gefällig, aber doch anregend sein für Andere, sich auf ein Gespräch über geistliche Dinge einzulassen.

Es gibt wohl keine bessere Zusammenfassung über den Gebrauch der Worte als Paulus’ Lehre in Epheser 4:29:

Kein krankes Wort gehe aus eurem Mund hervor, sondern nur ein Wort, das zur Erbauung gut ist, so wie es der Augenblick erfordert; damit es denen Segen bringe, die es hören (Eph 4:29).

Möge uns Gott die Fähigkeit verleihen, unsere Lippen als ein Werkzeug Seines Segens einzusetzen.

12. Die Eigenschaften eines gottgefälligen Ehepartners

Einleitung

Einer meiner Lehrer im College erzählte einmal von der ehrlichsten Beisetzungsansprache, die er je gehört hatte. Der Verstorbene war ein Trinker gewesen, er hatte als Vater versagt und war ein miserabler Ehemann gewesen. Jeder hörte gespannt auf die Worte des Predigers und fragte sich, was der überhaupt Gutes über diesen Trunkenbold sagen könnte. Zur Überraschung Aller lehnte sich der Prediger aus der Kanzel und sprach direkt zu der Witwe. Seine Botschaft an sie war klar und einfach: „Mach denselben Fehler nicht noch einmal!“

Viele Ehen in der Bibel sind alles Andere als ideal. Sarah, Abrahams Frau, fand ich immer auffallend übelgelaunt und herrisch. Hiobs Frau bot ihm wenig Trost in all seinen Prüfungen. Tatsächlich hätte man es vielleicht sogar als einen Segen für sie ansehen können, wenn sie bei einem jener Schicksalsschläge, die Hiobs Kinder und Herden vernichteten, mit dahingegangen wäre.

Eine ausgesprochen dramatische Ehen im Alten Testament ist die zwischen Abigail und ihrem Ehemann Nabal, die in 1.Samuel 25 beschrieben wird. Sie war weise und schön, während er unfreundlich und böse war (1.Sa 25:3). Wie schon sein Name andeutete, war er ein Tor (25:25). Ich bezweifle, dass Abigail bei der Wahl ihres Ehemannes viel hatte mitreden dürfen. Die Tragödie dieser Ehe wird jedoch nach dem in 1.Samuel 25 aufgezeichneten Bericht am Ende in ihr Gegenteil verkehrt, denn der Herr nimmt Nabals Leben und Abigail wird Davids Frau.

Dem, der so unglücklich ist, einen Toren geheiratet zu haben, stellen die Sprüche kein leichtes Leben und auch keine schnelle Heilung in Aussicht. In dem gesamten Buch wird vielmehr davon ausgegangen, dass ein Mensch mit den Fehlern leben muss, die er oder sie bei der Eheschließung begangen hat. Nirgendwo wird als Lösung für das Problem einer törichten Partnerwahl die Möglichkeit einer Scheidung erwähnt. Das Bild einer solchen Ehe wird bewusst in düsteren Farben gezeichnet.

Man könnte denken, dass die Verfasser der Sprüche der Ehe recht zynisch gegenüberstanden, denn sie wissen viel mehr über deren Gefahren als Freuden zu sagen. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass dieses Buch in erster Linie für junge, noch unverheiratete Männer geschrieben wurde („mein Sohn“, vgl. 1:8, 2:1, 3:1). Und eine Absicht der Sprüche ist es, diese jungen Männer dazu anzuhalten, sehr bedacht bei der Wahl ihrer Lebensgefährtin vorzugehen, da die Folgen einer schlechten Wahl so schmerzhaft wie unwiderruflich sind.

Für die Verfasser der Sprüche ist die Ehe die Norm. Nirgendwo wird das Alleinleben als Alternative erwähnt (so wie bei Paulus in 1.Korinther 7). Die Ehe wird als göttliche Institution angesehen, und es ist Gottes Gabe, wenn ein Mann eine tugendhafte Frau findet.

Haus und Vermögen sind von den Vätern ererbt, Aber eine kluge Frau ist vom Herrn (19:14).

Die Wahl der Lebensgefährtin kann eines Mannes Wohl oder Wehe bestimmen; sie kann seine Freude oder sein Verderben werden.

Wer eine [gute] Ehefrau findet, findet etwas Gutes, Und er erlangt die Gunst des Herrn (18:22).

Besser ist es, in einem öden Land zu leben Als mit einer streitsüchtigen Ehefrau, die eine Last ist (21:19).

Ein ständig träufelndes Dach an einem regnerischen Tag und eine streitsüchtige Frau gleichen sich; wer sie zu bändigen sucht, hält den Wind zurück und fasst in seiner Rechten Öl (27:15-16).

Das Potenzial, das eine Ehefrau zum Guten wie zum Schlechten hat, wird mit den Worten des folgenden Spruches zusammengefasst:

Eine tüchtige Frau ist eine Krone für ihren Ehemann, Aber die ihm Schande bereitet ist wie Fäulnis in seinen Knochen (12:4).

Eine Auseinandersetzung mit den Risiken der Ehe hat unter Anderem zum Ziel, diejenigen zu warnen, die sich vielleicht aufs Geratewohl in eine Ehe begeben, ohne eingehend über die Folgen dieser Entscheidung nachzudenken. Wenn man eine Ehe eingeht, legt man damit ein Gelübde ab, ein Versprechen, das man zu halten verpflichtet ist.

Eine Schlinge ist es für einen Menschen, wenn er übereilt sagt “Es ist heilig!” Und nach dem Gelübde Nachforschungen anstellt (20:25).30

Die meisten von uns sind die Verpflichtungen einer Ehe wohl schon eingegangen. Ich würde meine Frau jederzeit wieder heiraten, wenn ich es noch einmal zu tun hätte, aber in einer so glücklichen Lage sind Viele wohl nicht. Was haben die Sprüche den Verheirateten unter uns zu sagen, die wir unsere Wahl bereits getroffen haben? Wir können diesen Schritt nicht rückgängig machen, aber wir können auf jeden Fall danach streben, ein Ehepartner gemäß dem biblischen Ideal zu werden, das uns die Sprüche vor Augen halten.

Als Frau mag man anfangs irritiert darüber sein, dass die Sprüche zwar für den jungen Mann die Notwendigkeit herausstellen, die Wahl seiner Ehefrau sorgfältig zu bedenken, der Frau aber keinen Rat bezüglich ihrer Wahl eines gottgefälligen Ehemannes geben. Das aber ist nicht anders zu erwarten von einem König, der seine Söhne über die Entscheidungen belehrt, die sie in den kommenden Jahren zu treffen haben werden. Wir werden darüber hinaus sehen, dass die Sprüche doch auch jungen Frauen viel darüber zu sagen haben, was für einen Mann sie heiraten sollten. Da das Buch der Sprüche geschrieben wurde, um junge Männer zu belehren, wie sie zu gottgemäßen Führern werden, lehrt es als Nebeneffekt schließlich auch junge Frauen, was für einen Mann sie heiraten sollten – einen Mann, der ihr Haus gottgemäß führen wird.

Dieser Studienbrief will Diejenigen, die noch nicht verheiratet sind, dazu anhalten, ihre Wahl sorgfältig und auf der Grundlage von charakterlichen Eigenschaften zu treffen. Diejenigen, die schon verheiratet sind, sollten ihre Aufmerksamkeit nicht darauf konzentrieren, welchen Erwartungen ihr Ehepartner nicht entspricht, sondern sich vielmehr bemühen, das zu verstehen und für sich selber umzusetzen, was uns die Sprüche über den gottgefälligen Ehemann oder die gottgefällige Ehefrau sagen.

Wir werden an das Thema so herangehen, dass wir die verschiedenen Arten von Hinweisen betrachten, die sich am Ende zu einem Charakterbild des gottgemäßen Ehepartners zusammensetzen lassen. Es gibt Verse, die sich direkt mit Ehemann und Ehefrau befassen. Einige davon stellen die positiven Charakterzüge vor, Andere deren Gegenteil (z.B. die „streitsüchtige Ehefrau”). Darüber hinaus müssen wir aber auch indirekte Hinweise berücksichtigen. So haben die Sprüche beispielsweise viel über die Merkmale eines guten Freundes zu sagen; andererseits beschreiben sie auch Menschen, mit denen wir besser keinen Umgang pflegen sollten. Ich möchte alle diese Hinweise betrachten, damit wir die Eigenschaften besser kennen lernen, die wir bei einem Partner (wenn wir noch nicht verheiratet sind) oder als Partner (wenn wir bereits verheiratet sind) anstreben sollten. Bei der Betrachtung der Charaktereigenschaften eines gottgemäßen Ehepartners müssen wir auf jeden Fall daran denken, dass Gottgefälligkeit nur bei einem im Glauben gereiften Menschen zu finden ist. Wenn auch ein Ungläubiger oder ein unreifer Christ vielleicht einzelne dieser Eigenschaften aufweisen mag, so kann er doch unter dem Strich kein wirklich gottgemäßer Charakter sein und sollte als Lebenspartner für einen Alleinstehenden daher nicht infrage kommen. Möge Gott uns führen bei dieser entscheidenden Betrachtung.

Die Bedeutung der Charaktereigenschaften

Es gibt im Buch Genesis einen interessanten Gegensatz zwischen der Wahl von Rebekka als Isaaks Frau (Kapitel 24) und Jakobs Wahl von Rahel statt von Lea (Kapitel 29). Abraham sandte seinen ältesten und vertrauenswürdigsten Knecht aus, um – innerhalb der Kriterien, die er festgelegt hatte – eine Frau für Isaak auszuwählen (24:2-4). Die Probe, die sich der Knecht dafür klug zurechtlegte (24:13-14), war geeignet den Charakter der jungen Frau offenzulegen: sie würde von Herzen dienen und bereit sein, einem Fremden und seinen Kamelen Wasser zu geben.

Jakob dagegen wählte eine Frau für sich selbst. Er sträubte sich dagegen, Lea, die ältere Tochter, zu heiraten, obwohl das zu jener Zeit so Sitte war (29:26). Jakob zog Rahel Lea vor, nicht ihres Charakters wegen, sondern wegen ihres Aussehens und ihrer Persönlichkeit (29:17). Die spätere Entwicklung der Dinge scheint zu bestätigen, dass Rahel Jakobs, Lea aber Gottes erste Wahl war. Lea überlebte beispielsweise ihre jüngere Schwester. Lea und ihre Magd gebaren doppelt so viele Kinder wie Rahel und ihre Magd. Lea gebar Juda, aus dem später der Messias kommen würde, und Levi, den Führer der Priesterkaste. Und es war Lea, die in der Höhle von Machpela begraben wurde, neben Abraham und Sara und Isaak und Rebekka (49:31), während Rahel am Weg nach Bethlehem begraben wurde (35:19).

Was das Buch Genesis uns anhand eines praktischen Beispiels vor Augen führt, lehren die Sprüche im Grundsätzlichen: Ein Mann, der eine gute Ehe eingehen will, muss seine Lebensgefährtin aufgrund ihres Charakters und nicht aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Persönlichkeit auswählen.

Anmut ist Trug und Schönheit ist nichtig, Aber eine Frau, die den Herrn fürchtet, soll gepriesen sein (31:30).

Wir wollen nun versuchen, die Charaktereigenschaften eines gottgemäßen Ehepartners festzustellen.

Die Charaktereigenschaften einer gottgefälligen Ehefrau

Am Deutlichsten werden die Sprüche bei der Darstellung der Eigenschaften einer gottgemäßen Ehefrau. Diese werden noch zusätzlich betont durch die Gegenüberstellung mit den moralischen Verfehlungen einer Frau, die alles Andere als tugendhaft ist.

1. EINE GOTTGEMÄSSE EHEFRAU IST FROMM. Eine angemessene Beziehung zu Gott ist der Anfang der Gottgefälligkeit. Eine gottgemäße Ehefrau ist zuallererst und vor Allem eine gottesfürchtige Frau.

Anmut ist Trug und Schönheit ist nichtig, Aber eine Frau, die den Herrn fürchtet, soll gepriesen sein (31:30).

Im Gegensatz dazu ist eine Frau zu meiden, die Gott nicht kennt oder nicht fürchtet. Sie wird manchmal als eine “fremde Frau” bezeichnet, d.h. als eine Ausländerin, die den Gott Israels nicht kennt (vgl. 2:25; 5:3,20; 7:5). Sie praktiziert das Böse und hat keine Kenntnis vom Weg des Herrn.

Den Pfad des Lebens betrachtet sie nicht; Ihre Wege sind unstet, sie weiß es nicht (5:6).

Um dich von der schlechten Frau fernzuhalten, Von der glatten Zunge der Ehebrecherin (6:24).

Der Begriff „Gottesfurcht” wird selbst vielleicht nicht gebraucht; aber wenn die fromme Ehefrau als tugendhaft oder tüchtig bezeichnet wird (12:4, 31:10), so beschreibt das doch offenbar ihre herausragende Moral, die in ihrer Frömmigkeit wurzelt.

2. EINE GOTTGEMÄSSE EHEFRAU IST WEISE. Sie erinnern sich sicher, dass die Weisheit im Buch der Sprüche als eine Frau personifiziert wird (vgl. 1:20-33; 8:1-36; 9:1-6). Ebenso wird die ideale Ehefrau als eine Frau von Weisheit beschrieben.

Die weise Frau baut ihr Haus auf, Aber die Törichte reißt es mit ihren eigenen Händen nieder (14:1).

Sie tut ihren Mund mit Weisheit auf, Und die Lehre der Güte ist auf ihrer Zunge (31:26).

Das Gegenteil der frommen Frau ist die törichte Frau.

Die törichte Frau ungestüm, Sie ist einfältig und weiß Nichts (9:13).

Wie ein goldener Ring im Rüssel eines Schweines, So ist eine schöne Frau, der es an Zurückhaltung mangelt (11:22).

3. EINE GOTTGEMÄSSE EHEFRAU IST EINE EHRE FÜR IHREN MANN. Wenn ein Mann eine fromme Frau geheiratet hat, so hat er eine Frau, die ihm Ehre macht. Sie ist ihrem Ehemann eine wirkliche Hilfe.

Eine tüchtige Frau ist eine Krone für ihren Ehemann, Aber die ihm Schande bereitet ist wie Fäulnis in seinen Knochen (12:4).

Auf sie vertraut das Herz ihres Ehemannes, Und es wird ihm nicht an Gewinn fehlen. Sie tut ihm Gutes und nicht Böses Alle Tage ihres Lebens (31:11-12).

Eine gottlose Frau dagegen beschämt und schikaniert ihren Ehemann. Sie ist keine Hilfe, sondern steht ihrem Gefährten im Weg. Sie ist „wie Fäulnis in seinen Knochen“ (12:4), und er fühlt sich erbärmlich durch ihre Tiraden:

Ein törichter Sohn zerstört seinen Vater, Und die Streitereien einer Ehefrau sind wie ein ständig träufelndes Dach (19:13).

4. EINE GOTTGEMÄSSE EHEFRAU IST LIEBENSWÜRDIG. Die fromme Frau ist für ihre Liebenswürdigkeit bekannt. Das ist einer der Gründe für die Achtung, die sie von Anderen erfährt.

Eine liebenswürdige Frau erlangt Ehre, Und gewalttätige Männer erlangen Reichtümer (11:16).

Die gottlose Frau wird in sehr unschicklichen Ausdrücken beschrieben. Sie ist eine Plage durch ihre zänkische Natur.

Besser ist es, in einer Ecke unter dem Dach zu leben Als in einem Haus, das man mit einer streitsüchtigen Ehefrau teilt (21:9; vgl. 25:24).

Besser ist es, in einem öden Land zu leben Als mit einer streitsüchtigen Ehefrau, die eine Last ist (21:19).

5. EINE GOTTGEMÄSSE EHEFRAU IST IHREM MANN TREU. Dies wird am deutlichsten gezeigt durch den Kontrast mit der törichten Frau, die eine Ehebrecherin ist.

Um dich von der fremdländischen Frau zu befreien, Von der Ehebrecherin, deren Worte schmeicheln, Die den Gefährten ihrer Jugend verlässt Und den Bund ihres Gottes vergisst (2:16-17).

Um dich von der schlechten Frau fernzuhalten, Von der glatten Zunge der Ehebrecherin (6:24).

„Komm, wir wollen uns an Liebe satt trinken bis zum Morgen; Lass uns einander mit Liebkosungen erfreuen, Denn der Mann ist nicht zu Hause...“ (7:18-19).

Es wird nicht ausdrücklich gesagt, aber doch implizit davon ausgegangen, dass eine fromme Ehefrau züchtig ist. Sie ist eine Frau von Tugend und Tüchtigkeit (31:10) und ihr Ehemann vertraut ihr vollständig (31:11). Sie tut ihrem Mann nur Gutes und nichts Böses (31:12). Sie lehrt ihren Sohn die Vorzüge der Keuschheit. So ist sie gewiss eine züchtige Frau.

Die Charaktereigenschaften eines guten Freundes

Mancher mag nicht gleich einsehen, dass der Charakter des Ehepartners auch etwas mit den Eigenschaften eines guten Freundes zu tun haben sollte. Aber wenn man ein Wenig darüber nachdenkt, wird klar, warum das so ist. Der Bruch des Eheversprechens ist eine Versündigung gegen einen Gefährten, gegen einen engen und intimen Freund.

Die den Gefährten ihrer Jugend verlässt Und den Bund ihres Gottes vergisst (2:17).

Der Ausdruck, der hier mit „Gefährte“ wiedergegeben wird, wird an anderen Stellen für die allerengsten Freunde verwendet.31 Wenn mein Ehepartner kein Freund ist, was ist er oder sie dann? Und doch entscheiden sich manche Menschen törichterweise für eine Ehe mit Jemandem, der noch nicht einmal als Freund in Frage kommt. Wir werden jetzt die Eigenschaften eines guten Freundes kurz zusammenfassen und dabei auch die Eigenschaften Derjenigen betrachten, mit denen wir einen Umgang besser vermeiden sollten.

1. EIN GUTER FREUND IST TREU. Gut-Wetter-Freunde gibt es Viele, und sie werden in den Sprüchen auch erwähnt (vgl. 14:20; 19:4,6,7). Aber nur ein Mensch, der auch dann noch da ist, wenn uns der Wind ins Gesicht bläst, ist ein wirklicher Freund.

Ein Freund liebt allezeit Und ein Bruder ist für Widrigkeiten geboren (17:17).

Ein Mann, der viele Freunde hat, kommt ins Verderben, Aber es gibt auch einen Freund, der fester zu dir hält als ein Bruder (18:24).

Deinen eigenen Freund oder den Freund deines Vaters verlasse nicht, Und gehe nicht in das Haus deines Bruders am Tag deines Unheils. Besser ist ein Nachbar in der Nähe als ein Bruder in der Ferne (27:10).

2. EIN GUTER FREUND WEIST UNS NÖTIGENFALLS ZURECHT. Manches, was wir einem Freund sagen müssen, fällt uns vielleicht nicht leicht zu sagen. Ich bin immer wieder enttäuscht über die Sentimentalität, die unsere Freundschaften beherrscht, so dass wir Freunden oft schmeicheln, wenn wir sie eigentlich offen zurechtweisen müssten. Ein wahrer Freund ist so aufrichtig uns zu sagen, was wir hören müssen, anstatt uns zu schmeicheln.

Ein Mann, der seinem Nächsten schmeichelt, Breitet ein Netz aus für seine Schritte (29:5).

Besser ist offene Zurechtweisung Als verhüllte Liebe. Treu sind die Wunden durch einen Freund, Aber trügerisch sind die Küsse eines Feindes (27:5-6).

Wie kommt es also, dass wir anscheinend immer der Meinung sind, eine Frau sollte ihren Ehemann niemals kritisieren? Ist es nicht besser, wenn wir von unserer besten Freundin berichtigt werden, als von Jemandem, der uns feindlich gesinnt ist? Manchmal ist das Netteste, was eine Frau für ihren Ehemann tun kann, ihm mitzuteilen, dass seine Idee absolut lächerlich ist – natürlich auf liebenswürdigere Weise.

3. EIN GUTER FREUND IST RÜCKSICHTSVOLL UND TAKTVOLL. Ein guter Freund spürt unsere Bedürfnisse und spricht so zu uns, dass wir ermutigt und bereichert werden. Seine Sensibilität zeigt sich auch darin, dass er weiß, dass Frohsinn und Goodwill nicht in jeder Lage angemessen und erwünscht sind. „Es kommt nicht nur darauf an, ‘was’ wir sagen, sondern auch darauf, ‘wie’, ‘wann’ und ‘warum’ wir es sagen.”32

Wie Einer, der ein Gewand an einem kalten Tag ablegt, Oder wie Essig auf Lauge Ist Jemand, der vor einem betrübten Herzen Lieder singt (25:20).

Wer seinen Freund mit lauter Stimme früh am Morgen segnet, Dem wird es als ein Fluch angerechnet werden (27:14).

4. EIN GUTER FREUND FORDERT UNS. Wir brauchen nicht nur Kritik, wenn sie einmal angebracht ist, sondern manchmal müssen wir auch in unserem Denken gefordert oder auf die Probe gestellt werden. Ein guter Freund erlaubt uns nicht, geistig auf der Stelle zu treten, sondern er gibt uns auch einmal einen Stoß, damit wir weiter und größer denken.

Eisen schärft Eisen; So schärft ein Mann den Anderen (27:17).

Ein Plan im Herzen eines Menschen ist wie tiefes Wasser, Aber ein Mensch von Verständnis wird ihn herausziehen (20:5).

Gilt das nicht für unser Leben? Suchen Sie nicht die Freundschaft derer, die Ihr Denken herausfordern und Sie auch einmal mit ganz neuen Aspekten konfrontieren? Warum sollte einer dieser Freunde nicht Ihr Ehepartner sein?

5. EIN GUTER FREUND GIBT UNS GUTEN RAT. Die wir zu unseren Freunden wählen, sollten sich durch Weisheit auszeichnen und uns dementsprechend gottgemäßen Rat erteilen können.

Öl und Düfte erfreuen das Herz; So ist auch der Rat eines Mannes lieblich für seinen Freund (27:9).

Denken Sie einen Augenblick zurück an den Bericht über David, Nabal und Abigail in 1.Samuel 25. David war verärgert durch die groben Worte, die Nabal zu seinen Männern gesagt hatte, und er war entschlossen, jedes männliche Glied des Hauses Nabals auszulöschen (25:13,34). Abigail entwickelte daraufhin rasch einen Plan, um Davids Zorn zu besänftigen, und sprach mit weisem Ratschlag zu ihm, indem sie ihm klarmachte, wie nachteilig sich seine Handlungen auf seine weitere Regentschaft als König auswirken würden (25:28-31). Davids Erwiderung zeigt, dass er die Weisheit ihrer Worte anerkannte:

Daraufhin sprach David zu Abigail: „Gesegnet sei der Herr, der Gott Israels, der dich mir an diesem Tag entgegen gesandt hat, und gesegnet sei deine Verständigkeit, und gesegnet seist du, die du mich an diesem Tag davon zurückgehalten hast, Blut zu vergießen und mich mit meiner eigenen Hand zu rächen” (1.Sam 25:32-33).

Ich möchte nur einmal darauf hinweisen, dass David in der Tat weise war, als er eine Frau heiratete, die solch weisen Rat erteilen konnte. Und auch wir würden gut daran tun, Jemanden zu heiraten, der oder die weisen Rat geben kann. Warum also scheinen Männer immer zu denken, dass die biblische Anweisung zur Unterordnung der Frau unter ihren Ehemann verbietet, dass sie ihm weisen Rat gibt, selbst wenn sie das taktvoll und mit demütigem Geist tut? Lassen Sie uns doch von David und Abigail lernen!

Wir sollten uns also bemühen, dass Menschen mit den oben aufgeführten Eigenschaften unsere Freunde werden. Und wir müssen andererseits Diejenigen meiden, deren Charaktereigenschaften unserem Wandel in der Weisheit im Wege stehen würden. Wenn wir aber keinen Umgang mit den im Folgenden beschriebenen Menschen pflegen sollen, sollten wir sie sicherlich schon gar nicht heiraten. Hier sind also einige Charaktereigenschaften, die Jemanden als Ehepartner ungeeignet erscheinen lassen:

1. WIR SOLLTEN KEINEN UMGANG MIT EINEM TOREN PFLEGEN.

Wer mit Weisen wandelt, wird weise werden, Aber wer mit Toren Gemeinschaft pflegt, wird Kummer leiden (13:20).

Geh weg von dem Toren, denn sonst wirst du die Worte der Erkenntnis nicht hören (14:7).

2. WIR SOLLTEN KEINEN UMGANG MIT JEMANDEM PFLEGEN, DER SICH NICHT BEHERRSCHEN KANN.

Verkehre nicht mit einem Mann, der voller Wut ist, Noch mit einem jähzornigen Mann, Damit du nicht seine Art lernst Und dir selber eine Schlinge legst (22:24-25).

3. WIR SOLLTEN KEINEN UMGANG MIT SCHLECHTEN MENSCHEN PFLEGEN.

Sei nicht neidisch auf schlechte Menschen Und verlange nicht, mit ihnen zu sein, Denn ihr Herz plant Gewalttat Und ihre Lippen reden von Unheil (24:1-2).

Wer mit einem Dieb gemeinsame Sache macht, hasst sein eigenes Leben; Er hört den Eid, aber er sagt es nicht (29:24).

4. WIR SOLLTEN KEINEN UMGANG MIT REVOLUTIONÄREN PFLEGEN.

Mein Sohn, fürchte den Herrn und den König; Lass dich nicht mit denen ein, die für Veränderungen sind; Denn ihr Unheil wird sich plötzlich erheben, Und ihr Untergang von diesen beiden her (24:21-22).

Es gibt Leute, die immer darauf aus sind, irgendetwas zu ändern – die Gesellschaft, die Regierung, andere Menschen. Es ist sicher nicht falsch, wenn man versucht, Etwas zu verbessern, aber ein Revolutionär neigt eher zum Abschaffen als zum Verbessern. Der Revolutionär möchte die Dinge um des Änderns Willen ändern, nicht um einer Verbesserung Willen. Nebenbei gesagt, einige Menschen suchen auch nach einem Ehepartner, der geändert werden muss – in einer Art lebenslanger Unternehmung. Die Sprüche empfehlen so etwas nicht.

5. WIR SOLLTEN KEINEN UMGANG MIT JEMANDEM PFLEGEN, DER SEINE GELÜSTE NICHT KONTROLLIEREN KANN.

Der verständige Sohn achtet das Gesetz, Aber wer mit Schlemmern Gemeinschaft pflegt, beschämt seinen Vater (28:7).

Die Charaktereigenschaften eines frommen Kindes

Vor einiger Zeit blieb ich einmal an den Worten des Hauptmanns im Evangelium nach Matthäus hängen:

„Denn auch ich bin ein Mensch, der unter Befehlsgewalt steht, und habe Soldaten unter mir; und sage ich zu Diesem „Geh”, so geht er, und zu einem Anderen „Komm”, so kommt er, und zu meinem Knecht „Tu dies”, so tut er’s.“ (Mat 8:9, Hervorhebung durch mich).

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich es immer so verstanden, dass der Hauptmann sagte, er sei ein Mann von Befehlsgewalt, nicht unter ihr. Vielleicht handelt es sich um eine Art Euphemismus. Aber andererseits halte ich es für einen biblischen Grundsatz (und einen, der auch im Leben deutlich wird), dass kein Mensch zur Befehlsgewalt geeignet ist, der ihr nicht auch einmal unterworfen war. Schließlich hat selbst unser Herr gelernt, gehorsam zu sein (Heb 5:8).

Meiner Meinung nach lehren uns die Sprüche, dass wir aus dem Verhältnis eines Menschen zu seinen Eltern viel über seinen Charakter erfahren können. Beachten Sie die folgenden Textstellen:

Ein weiser Sohn nimmt die Zucht seines Vaters an, Aber ein Spötter hört nicht auf Zurechtweisung (13:1).

Ein Tor missachtet die Zucht seines Vaters; Wer aber der die Zurechtweisung beachtet, ist klug (15:5).

Ein weiser Sohn erfreut seinen Vater, Aber ein törichter Mensch verachtet seine Mutter (15:20).

Ein törichter Sohn verursacht seinem Vater Kummer Und Bitterkeit der, die ihn geboren hat (17:25).

Wer seinen Vater angreift und seine Mutter davontreibt, Ist ein schändlicher und undankbarer Sohn (19:26).

Höre auf deinen Vater, der dich gezeugt hat, Und verachte nicht deine Mutter, wenn sie alt geworden ist (23:22).

Der Vater eines Gerechten wird große Freude haben, Und der einen weisen Sohn zeugt, wird sich an ihm freuen. Lass deinen Vater und deine Mutter froh werden, Und lass die frohlocken, die dich geboren hat (23:24-25).

Es gibt eine Art, die ihrem Vater flucht Und ihre Mutter nicht segnet (30:11).

Alle diese Textstellen weisen darauf hin, dass ein guter Sohn ein frommer Mann ist; und ein frommer Mann gibt auch einen guten Ehemann ab. Jeder Mann aber, der kein guter Sohn ist, wird auch kein guter Ehemann werden.

Noch einen weiteren Spruch gibt es, der mit dem Thema ‚Eltern’ zu tun hat. Ehrlich gesagt, finde ich ihn etwas schwierig, aber er sagt uns, dass wir versuchen müssen, etwas über die Familienverhältnisse unseres zukünftigen Ehepartners zu erfahren, bevor wir ihn oder sie heiraten:

Unter drei Dingen erbebt die Erde, Und unter vieren kann sie es nicht aushalten:
Unter einem Sklaven, wenn er König wird, Und einem Toren, wenn er Nahrung zur Genüge hat,
Unter einer ungeliebten Frau, wenn sie geheiratet wird, Und einer Dienerin, wenn sie ihre Herrin aussticht (Spr 30:21-23).

Der rote Faden, der diese vier unerträglichen Situationen miteinander verbindet, ist der Folgende: Jemand bekommt Etwas, an das er oder sie nicht gewohnt ist und mit dem er nur schwer fertig wird, wenn er es hat. Ein Sklave, der bisher nur unter fremder Autorität gelebt hat, bekommt, wenn er König wird, selbst absolute Befehlsgewalt. Er wird versucht sein, seine neu errungene Autorität zu missbrauchen. Ein Tor wird normalerweise eher Armut und Entbehrung kennen. Mit einem vollen Magen weiß er dann gar nicht, wie er sich verhalten soll. Seine Motivation zum Handeln wird größtenteils dahin sein. Eine Dienerin, die über ihre Herrin hinauswächst, wird geneigt sein, Vergeltung zu üben, indem sie ihrer früheren Herrin das Leben schwer macht. Wenn sie sich zuvor ausgenutzt und unterdrückt vorkam, wird sie ihre Herrin ebenfalls Unterdrückung spüren lassen. Und entsprechend ist es auch mit einer ungeliebten Frau. Da sie niemals echte Liebe kennen gelernt hat, kann es leicht dazu kommen, dass sie sie bis zum Letzten auskostet und ausnützt und ihr Ehemann bald den Tag bereut, an dem er schwor, ihr in Liebe treu zu bleiben.

Ich bin mir dessen bewusst, dass Einige von Ihnen aus Familien kommen, in denen Sie wenig oder gar keine Liebe erfahren haben. Sie mögen sich dann fragen, ob dieser Spruch bedeutet, dass Sie zu einem Leben in Einsamkeit verdammt sind. Ich denke, nicht. Sicherlich umfasst Gottes Gnade Jedermanns Bedürfnisse. Aber der Spruch soll uns davor warnen, dass Diejenigen, die in Kinderjahren keine Liebe erfahren haben, dazu neigen können, die Liebe in einer Ehe auszunutzen. Ein Mensch, der von seinen Eltern nicht geliebt worden ist, sollte nicht seinen Ehepartner dafür büßen lassen. Und ein Mensch, der einen zuvor ungeliebten Ehepartner bekommt, sollte sich der Probleme bewusst sein, die eine solche Kindheit mit sich bringen kann. Die Sünden der Väter (und der Mütter) gehen auf die nachfolgenden Generationen über (Ex 20:5).

Überall im Buch der Sprüche lesen wir die Lehren von Vater und Mutter, die das Kind mahnen und anleiten. Leider ist das aber nicht in jeder Familie so. Sicherlich sind die meisten von uns oft nicht ganz zufrieden mit der Art und Weise, wie Kinder aufgezogen werden. Wir können daher Vieles über unseren Ehepartner lernen, wenn wir die häusliche Umgebung berücksichtigen, in der er oder sie aufgewachsen ist. Die Sprüche gehen davon aus, dass die Familie großen Einfluss auf den Erfolg des Kindes im Leben und als Ehepartner hat. Das ist ein Faktor, den wir uns nicht leisten können außer Acht zu lassen.

Die Eigenschaften eines gottgefälligen Ehemannes

Anfangs kam es uns so vor, als hätten die Sprüche Frauen, die nach Erkenntnis über die Eigenschaften eines gottgemäßen Ehemannes suchen, nur Wenig zu sagen. Ich habe aber inzwischen eingesehen, dass das so eigentlich gar nicht zutrifft. Generell kann man sagen, dass die Frau einen Mann wählen sollte, der weise ist. Da wir die Eigenschaften des Weisen früher bereits untersucht haben, wollen wir sie hier nur noch einmal zusammenfassen. Insbesondere die Folgenden scheinen mir ausschlaggebend für eine Ehe zu sein:

1. Ein weiser Ehemann ist freundlich und mitfühlend (12:10).

2. Ein weiser Ehemann ist ehrenhaft (29:24).

3. Ein weiser Ehemann arbeitet hart (12:11; 27:23-27).

4. Ein weiser Ehemann ist aufrichtig (12:17,19).

5. Ein weiser Ehemann hat Selbstbeherrschung (12:15; 16:32).

6. Ein weiser Ehemann spricht milde (12:18; 15:1-2,4).

7. Ein weiser Ehemann ist großzügig (14:21; 28:27).

8. Ein weiser Ehemann ist bereit, sich korrigieren zu lassen (auch von seiner Frau), und hört auf einen Rat (12:15; 15:12,31-32; 28:13; 29:1).

9. Ein weiser Ehemann ist integer (19:1; 20:7).

10. Ein weiser Ehemann ist treu und zuverlässig (17:17; 29:3; für den Gegensatz: 25:19; 31:3).

11. Ein weiser Ehemann ist bereit zu vergeben (19:11).

12. Ein weiser Ehemann kann zugeben, wenn er sich geirrt hat (28:13).

13. Ein weiser Ehemann ist bescheiden (15:25,33; 16:18-19; 18:12; 29:23).

14. Ein weiser Ehemann ist nicht streitsüchtig, sondern stiftet Frieden (17:1; 18:1,19).

15. Ein weiser Ehemann ist nicht launisch (14:29; 16:32; 17:27; 29:11).

16. Ein weiser Ehemann vermeidet Exzesse (20:1; 23:20-21, 29-35; 31:3-9).

17. Ein weiser Ehemann denkt auch an Andere, besonders an die Armen und Unterdrückten (29:7).

18. Ein weiser Ehemann kann vertraulich Gesprochenes bei sich behalten (17:9; 26:20).

19. Ein weiser Ehemann fürchtet Gott und gehorcht Seinem Wort (13:13; 14:26; 16:20; 28:25; 31:30).

20. Ein weiser Ehemann ist nicht eifersüchtig (27:4).

21. Ein weiser Ehemann sieht das Leben positiv (15:15; 17:22; 18:14).

Wenn ich mir diese Eigenschaften des Weisen so betrachte, erinnern sie mich an die Voraussetzungen, die der Apostel Paulus für die Ältesten und Aufseher der Gemeinde in 1.Timotheus 3 fordert. Die Voraussetzungen für Führungspersönlichkeiten in der Kirche und die Charaktereigenschaften des Weisen in den Sprüchen scheinen mir sehr ähnlich zu sein. Aber überrascht uns das? Wurden die Sprüche nicht geschrieben, um junge Männer anzuleiten, die einmal zu Führungspersönlichkeiten werden sollten? So gesehen fasst 1.Timotheus 3 nur noch einmal zusammen, was die Sprüche im Detail lehrten.

Schlussfolgerung

Für Menschen, die vor einer Eheschließung stehen, sollte die Aussage dieses Studienbriefes klar sein: Die Wahl Ihres Lebenspartners sollte auf der Grundlage von Charaktereigenschaften getroffen werden, nicht aufgrund von Charme oder äußerlicher Schönheit. Allgemein ausgedrückt, sollte Ihr Partner die Eigenschaften eines Weisen aufweisen. Genauer gesagt, wird ein gottgemäßer Ehemann oder eine gottgemäße Ehefrau sicher nicht der Art von Menschen entsprechen, deren Umgang wir nach den Sprüchen meiden sollen, sondern wird die Eigenschaften eines guten Freundes zeigen. Jeder, der die Lehren der Sprüche über die Ehe außer Acht lässt, wird das im weiteren Verlauf seines Lebens bedauern.

Es fällt mir sehr schwer zu sagen, dass viel von der Kraft der Sprüche und ihrer Warnungen bezüglich der Ehe durch eine Gegebenheit des christlichen Lebens im 20. Jahrhundert verloren gegangen ist – dadurch, dass selbst unter Christen die Scheidung eine akzeptierte Alternative zur unglücklichen Ehe geworden ist. Selbst Christen wollen oft nicht auf die Warnungen bezüglich eines streitsüchtigen Ehepartners hören, weil sie davon ausgehen, dass sie sich, wenn ihre Ehe nicht gut läuft, einfach aus ihrer Verpflichtung lösen und es halt noch einmal probieren können. Für mich ist das eine sehr traurige Feststellung über das heutige Christentum.

Warum unterscheidet sich unsere Auffassung von Ehe, Scheidung und Wiederverheiratung so sehr von der unseres Herrn? Sie werden sich erinnern, dass die Pharisäer Jesus einmal fragten, ob es nach dem Gesetz irgendeine Möglichkeit gäbe, dass ein Mann sich scheiden ließe (Mat 19:3). In seiner Antwort betonte unser Herr die Regel, nicht die Ausnahme, und damit die Dauerhaftigkeit der ehelichen Gemeinschaft (Mat 19:4-9). Bedeutsam ist die Reaktion der Jünger unseres Herrn: „Wenn die Stellung eines Mannes zu seiner Frau so ist, dann ist es besser, nicht zu heiraten“ (19:10). Unser Herr korrigierte diese Auffassung nicht, sondern bestätigte sie (19:11-12) und machte dadurch deutlich, dass Er mit der Auffassung im Buch der Sprüche übereinstimmte. Wir sollten daher sorgfältig darauf achten, dass wir die Absicht Gottes bezüglich der Ehe erfüllen, anstatt die Ausnahmefälle in den Vordergrund zu stellen. Wenn wir von der Dauerhaftigkeit der Ehe ausgehen, werden wir wieder Männer und Frauen dazu anhalten können, ihre Ehepartner mit Sorgfalt zu wählen und dann mit ihnen so zu leben, dass sie zu ihrem Eheversprechen stehen.

Die Sprüche erteilen uns außerdem eine Lektion zum Thema Persönlichkeit. Ich glaube, viele Christen achten mehr auf ihre Persönlichkeit als auf ihren Charakter. Schlimmer noch, ich fürchte, dass Mancher sogar Gefahr läuft, Beides miteinander zu verwechseln oder einander gleichzusetzen. Manche Frauen neigen dazu, für den idealen Ehemann und geistlichen Führer Jemanden mit einer Verkäufernatur zu halten – Jemanden, der kontaktfreudig, energisch und aggressiv ist. Frauen, die mit einem Mann von weniger aggressiver Natur verheiratet sind, mögen dann gelegentlich versucht sein, auf ihren Mann herabzusehen, weil er nicht so dominierend ist. (Sie sollten sich einmal mit Frauen unterhalten, die sehr energische Ehemänner haben!) Manche Männer andererseits denken, dass die ideale “untertane” Ehefrau eine schüchterne und passive Frau sei. In beiden Fällen wurden Persönlichkeit und Charakter verwechselt. Gott aber legt nicht annähernd so viel Wert auf unsere Persönlichkeit wie auf unseren Charakter. Aggressive Männer sind nicht unbedingt bessere Führer und schon gar keine gottgemäßeren Führer, und genauso ordnen sich passive Frauen nicht unbedingt besser unter.

Lernen wir also daraus, dass unser Charakter weit wichtiger ist als äußere Schönheit oder unsere Persönlichkeit. Hat das nicht auch Petrus den Frauen gesagt, die ja oft sensibler für ihre äußere Erscheinung sind?

Und schmückt euch nicht nur äußerlich, indem ihr die Haare flechtet und Goldschmuck tragt und Kleider anzieht; sondern euer Schmuck sei die verborgene Person des Herzens, mit der unvergänglichen Eigenschaft eines sanften und stillen Geistes, wie es in den Augen Gottes wertvoll ist (1.Pe 3:3-4).

Die Sprüche sagen uns, dass Anmut (Persönlichkeit?) Trug ist und Schönheit nichtig (nach der NIV: „flüchtig”). Unsere Persönlichkeit kann trügerisch sein, denn man kann gleichzeitig charmant und geistlich schwach sein. Und Schönheit ist geht vorüber, während der Charakter unvergänglich ist. Streben wir also danach, gottgemäß zu werden.

Als Eltern müssen wir unsere Kinder so erziehen, dass sie für sich selbst wie auch bei denjenigen, mit denen sie befreundet sind, einen gottgemäßen Charakter anstreben. Wir müssen sie, durch Wort und Tat, die Dauerhaftigkeit eines Eheversprechens lehren, und die Freuden einer Ehe, die beide Partner zur Ehre Gottes führen. Man muss nicht weit suchen, um genügend Beispiele für gescheiterte Ehen und für die verheerenden Folgen zu finden, die daraus für alle Beteiligten entstehen.

Unter denen, die diese Botschaft lesen, sind sicher Einige, die aus dem einen oder anderen Grund niemals heiraten werden. Dafür gibt es die verschiedensten Gründe, und einige davon sind durchaus lobenswert (vgl. 1.Kor 7). Lassen Sie mich einfach sagen, dass die Eigenschaften eines guten Ehepartners auch die Eigenschaften eines frommen Mannes oder einer frommen Frau im Allgemeinen sind. Nicht Jedermann wird ein Vorsteher oder Ältester in der Gemeinde, und doch sollte jeder Christ danach streben, den Anforderungen für Diejenigen, die ein solches Amt erlangen, zu genügen (1.Tim 3). Und genauso geziemt sich ein gottgemäßer Charakter für jeden Christen. Lassen Sie uns also für uns selbst danach streben und auch andere Gläubige ermutigen, danach zu streben. Und machen wir den Verlorenen deutlich, dass Frömmigkeit und Weisheit jede Anstrengung wert und nur für Denjenigen erreichbar sind, der den Herrn fürchtet.


30 siehe auch Numeri 30:2; Psalm 15:4.

31 Derek Kidner, The Proverbs [Die Sprüche], Chicago: Inter-Varsity Press, 1964, S. 49-50.

32 Ibid., S. 166.

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